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# taz.de -- Zehn-Punkte-Plan der Grünen: Geschlossen in den Wahlkampf
> Die Grünen konzentrieren sich auf ihre Kernkompetenz. Sie setzen im
> Wahlkampf auf Klimaschutz, E-Mobilität und nachhaltige Landwirtschaft.
Bild: Katrin Göring-Eckardt und Cem Özdemir stellen den Zehn-Punkte-Plan für…
BERLIN taz | Zu zahm, zu unauffällig, ohne klare Positionen: So lauten die
Vorwürfe, mit denen sich die Grünen seit Wochen herumschlagen. Doch jetzt
will die Ökopartei in die Offensive kommen. Die Spitzenkandidaten Katrin
Göring-Eckardt und Cem Özdemir stellten am Mittwoch in Berlin einen
Zehn-Punkte-Plan für grünes Regieren vor.
„Das ist unser verbindliches Angebot an die Bürgerinnen und Bürger“, sagte
Göring-Eckardt. Wer mit den Grünen nach der Wahl im September koalieren
wolle, „muss bei diesen zehn Punkten entschieden mit uns vorangehen.“
Mit dem Papier senden die beiden Spitzenleute mehrere Botschaften. Die
Wichtigste: Die Partei zieht geschlossen in den Wahlkampf. Den Plan hat die
komplette Fraktions- und Parteispitze unterschrieben, Baden-Württembergs
Ministerpräsident Winfried Kretschmann und wichtige Landesminister wie der
Hesse Tarek Al-Wazir ebenso. Aber auch der einfache Abgeordnete Jürgen
Trittin, immer noch ein wichtiger Wortführer der Linksgrünen,
unterzeichnete. Wir alle, heißt das, wollen den Erfolg der Grünen.
Diese Geschlossenheit ist inzwischen überlebenswichtig für die Partei, die
bei sieben bis acht Prozent in den Umfragen dümpelt – und sich gerne wegen
Kleinigkeiten öffentlich streitet. Die zweite Botschaft des gestrigen
Auftritts ist: Die Grünen setzen im Wahlkampf auf Klimaschutz und die
Ökologisierung der Wirtschaft. Sie fokussieren sich also auf ihre
Kernkompetenz. Es ist kein Zufall, dass sich die ersten drei Punkte dem
Ökobereich widmen: Den Klimaschutz voranbringen, der E-Mobilität zum
Durchbruch verhelfen und die Landwirtschaft nachhaltig machen.
## Der Plan ersetzt nicht das Programm
SPD und Union fehle bei der Energiewende die Ernsthaftigkeit, sagte
Göring-Eckardt. „Die Energiewende sollte man Profis überlassen – also uns…
Allerdings ist der grüne Regierungsplan an entscheidenden Stellen weich
formuliert. So versprechen die Grünen etwa, die Ära des fossilen
Verbrennungsmotors „mit klaren ökologischen Leitplanken“ zu beenden.
Außerdem möchten sie aus der „klimafeindlichen Kohle“ aussteigen und die
zwanzig schmutzigsten Kohlekraftwerke sofort abschalten.
In ihrem Programmentwurf verbinden die Grünen solche Versprechen mit
Jahreszahlen. Dort treten sie dafür ein, ab 2030 nur noch emissionsfreie
Neuwagen zuzulassen. Ebenso legen sie sich darauf fest, den Kohleausstieg
innerhalb von zwanzig Jahren zu schaffen.
Dass der Plan all das weichzeichnet, wiesen Grüne weit von sich. Der
Zehn-Punkte-Plan sei eine Verdichtung, sagte Özdemir. Er ersetze nicht das
Programm. Doch ein taktischer Gedanke wird wohl auch dabei gewesen sein.
Wer in der Öffentlichkeit auf Festlegungen verzichtet, hat in
Koalitionsverhandlungen mehr Spielräume. Wahlprogramme liest bekanntlich
kein Mensch.
Göring-Eckardt und Özdemir gelten in der Partei nicht als ausgewiesene
Ökoexperten. Göring-Eckardt hat sich in der Vergangenheit viel mit Sozial-
und Flüchtlingspolitik beschäftigt, Özdemir profilierte sich eher in der
Außen- und Wirtschaftspolitik. Ist das ein Problem in einem ausgewiesenen
Ökowahlkampf? Die Ökologie sei mit allem verzahnt, er selbst beschäftige
sich seit Langem mit dem grünen Umbau der Wirtschaft, entgegnete Özdemir.
„Jeder Grüne, der für uns Politik macht, muss im Herzen Ökologe sein.“
## Zoom auf die Interessen der bürgerlichen Klientel
Die Ökopartei hält sich in dem Regierungsplan weiter Koalitionen in alle
Richtungen offen. „Ganz klar: Wir sind bereit, mit allen zu reden“, sagte
Göring-Eckardt. Özdemir betonte, die Grünen sähen sich nicht als Teil eines
Lagers. In Umfragen haben die Grünen im Moment nur eine einzige
Machtoption, nämlich ein Jamaika-Bündnis mit Union und FDP. In
Schleswig-Holstein verhandeln die Landes-Grünen gerade diese Option.
Während die Grünen das Ökologische hervorheben, dimmen sie die Steuer- und
Sozialpolitik herunter. Auf ihrem letzten Parteitag beschlossen sie zum
Beispiel eine Vermögensteuer – davon ist in dem Regierungsplan keine Rede.
Auch die Reform des Ehegattensplittings, die in der Partei leidenschaftlich
diskutiert wurde, fehlt. Ebenso Verbesserungen für Hartz IV-Empfänger.
Die Grünen zoomen also näher an die Interessen einer bürgerlichen Klientel
heran. Neu ist auch ein anderer Sound in der Sicherheitspolitik. Das Papier
verweist auf Frauen, die sich in der Öffentlichkeit nicht mehr sicher
fühlten, auf Ängste vor Einbrüchen und es verspricht eine gut ausgestattete
Polizei.
Die Grünen haben – zuletzt im NRW-Wahlkampf – gelernt, dass sie sich um das
heikle Thema Sicherheit nicht herumdrücken können. Der Regierungsplan soll
auf dem Parteitag Mitte Juni beschlossen werden.
31 May 2017
## AUTOREN
Ulrich Schulte
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