| # taz.de -- Ein Jahr Skandal um Steuerflucht: Malta ist das neue Panama | |
| > Geschwärzte Dokumente, verweigerte Aussagen: EU-Staaten behindern die | |
| > Aufklärung von Steuerflucht und Geldwäsche, klagt das EU-Parlament. | |
| Bild: Maltas Premierminister Joseph Muscat gibt nach seinem Wahlsieg den Papst | |
| Berlin taz | Die EU-Staaten behindern systematisch die Aufklärung des | |
| [1][Panama-Skandals] um Steuerflucht und Geldwäsche. Ausgerechnet Malta, | |
| das derzeit den Ratsvorsitz innehat, mauert dabei. Die EU-Kommission | |
| verspricht zwar Abhilfe – doch ihr Chef Jean-Claude Juncker ist auch nicht | |
| glaubwürdig. | |
| Zu diesem Schluss kommt der Untersuchungsausschuss, den das Europaparlament | |
| vor einem Jahr eingesetzt hatte, um legale und illegale | |
| Steuervermeidungsstrategien von Staaten, Banken und Unternehmen | |
| aufzuklären. Am Donnerstag zogen die Abgeordneten eine Zwischenbilanz; sie | |
| fiel vernichtend aus. | |
| „Der Rat hat geschwärzte Dokumente vorgelegt, einige Betroffene verweigern | |
| die Aussage, und wir haben keine Sanktionsmöglichkeit“, fasste der | |
| Ausschussvorsitzende Werner Langen (CDU) die Lage nach Ermittlungen in | |
| Europa und in den USA zusammen. | |
| Vor allem die im Rat vertretenen 28 EU-Staaten setzten auf „Obstruktion“, | |
| kritisierte der Grünen-Finanzexperte Sven Giegold. „Nach allen Skandalen | |
| ist es lächerlich, dass die Regierungen weiterhin Kriminelle schützen, um | |
| ihre eigenen nationalen Privilegien aufrechtzuerhalten.“ | |
| Besonders schlimm sei die Lage auf Malta, so Giegold. Dort hätten die | |
| Politiker ein regelrechtes Schweigekartell gebildet. Die Mittelmeerinsel | |
| bietet Unternehmen nicht nur extrem niedrige Steuersätze an, weshalb sie im | |
| Ruf steht, das „Panama Europas“ zu sein. Sie ist in den Skandal auch direkt | |
| verwickelt: Der Name der Frau des maltesischen Premierministers Joseph | |
| Muscat taucht in den Panama-Papieren auf. Auch einigen seiner Mitarbeiter | |
| wird vorgeworfen, dubiose Firmen in Panama zu unterhalten. Doch statt die | |
| Vorwürfe aufzuklären, setzte der Sozialdemokrat Neuwahlen an – und gewann! | |
| „Dass Muscat die Wahl gewonnen hat, müssen wir akzeptieren“, kommentierte | |
| Langen den in der EU-Geschichte wohl einmaligen Vorgang. Doch die | |
| Ermittlungen des Parlaments sollen weitergehen. Muscat soll dem Ausschuss | |
| sogar persönlich Rede und Antwort stehen. | |
| ## Auch Juncker mauert | |
| Bisher haben die Anhörungen in Brüssel allerdings nicht viel gebracht. | |
| Besonders enttäuschend war die Vorstellung von Kommissionschef Juncker. | |
| Giegold konfrontierte ihn mit dem Vorwurf, während seiner früheren | |
| Tätigkeit in Luxemburg die Steuerflucht erleichtert zu haben. Luxemburg | |
| habe schärfere EU-Gesetze blockiert und indirekt sogar von den | |
| Offshore-Konten in Panama profitiert. | |
| Doch Juncker stritt alles ab. Er habe in seiner Zeit als Finanzminister in | |
| Luxemburg „keine konkreten steuerlichen Vereinbarungen“ mit Unternehmen | |
| getroffen, sagte der konservative Politiker. Man solle die Verantwortung | |
| nicht bei der Politik, sondern bei der Steuerverwaltung suchen. Viele | |
| Europaabgeordnete hat das nicht überzeugt. | |
| Dennoch darf Juncker auf Nachsicht hoffen. Denn das Europaparlament setzt | |
| im Kampf gegen Steuerflucht und Geldwäsche auf die EU-Kommission. Da die | |
| EU-Staaten mauern, ist die Brüsseler Behörde die letzte Hoffnung der | |
| Abgeordneten. „Wir wollen öffentlichen Druck aufbauen, damit die Kommission | |
| neue Reformen anstößt“, so Langen. | |
| Einiges ist schon passiert. Seit den ersten Enthüllungen im so genannten | |
| Lux-Leaks-Skandal hat die Juncker-Behörde mehrere Entwürfe gegen | |
| Steuerflucht und Geldwäsche vorgelegt. Ende Juni soll die nächste Reform | |
| folgen, versprach Wirtschaftskommissar Pierre Moscovici. Doch das letzte | |
| Wort haben die Mitgliedstaaten – und die mauern munter weiter. | |
| 8 Jun 2017 | |
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| ## AUTOREN | |
| Eric Bonse | |
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