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# taz.de -- Überwachung von Flüchtlingen: Vielsagende Fotodaten
> Das Bamf darf künftig Handys von Flüchtlingen auswerten. Ein
> Hauptaugenmerk liegt dabei auf den dort gespeicherten Bildern.
Bild: Auf ihrem Weg nach Europa Handy-Fotos zu machen kann für Flüchtende jet…
Karlsruhe taz | Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf) kann
künftig anhand ausgelesener Handydaten auch den Reiseweg eines Flüchtlings
feststellen – obwohl die SPD dies im Gesetzgebungsverfahren ausdrücklich
verhindern wollte.
Laut Gesetz darf die Asylbehörde künftig „Datenträger“ eines
Asylantragsstellers auswerten, um Indizien für seine „Identität“ und seine
„Staatsangehörigkeit“ zu finden. Die entsprechende Änderung des
Asylgesetzes wurde am 18. Mai im Bundestag mit den Stimmen der Großen
Koalition beschlossen. Als „Datenträger“ gelten dabei vor allem
Smartphones, Tablets und Laptops.
In der Debatte hatte sich Innenstaatssekretär Ole Schröder (CDU) über die
SPD beklagt, dass sie das Auslesen von Geodaten verhindert habe. Mit diesen
Daten (in welche Funkzelle hat sich das Handy wann eingeloggt) hätte man
wichtige Hinweise zum Reiseweg erhalten können, so Schröder. Der Reiseweg
ist wichtig, um festzustellen, welcher Staat für das Asylverfahren
zuständig ist. Auch längere Aufenthalte in sicheren Drittstaaten könnten so
festgestellt werden. Die SPD wollte dagegen verhindern, dass detaillierte
Bewegungsbilder angefertigt werden können.
Nach Informationen der taz plant das Bamf nun nicht, den gesamten Inhalt
der Handys zu kopieren, zu speichern und auszuwerten. So soll Bedenken
begegnet werden, die unter anderem von der Datenschutzbeauftragten Andrea
Voßhoff und vom Deutschen Anwaltverein geäußert wurden. Konkret sollen drei
Methoden zur Anwendung kommen.
## Sag mir, wie du schreibst
Erstens soll die hauptsächlich benutzte Sprache festgestellt werden. Dabei
soll der Inhalt des Handys mit entsprechenden Algorithmen überprüft werden,
ohne den Inhalt auf Bamf-Computern zu speichern.
Zweitens sollen die Telefonnummern der Kommunikationspartner ausgelesen
und ausgewertet werden. Anhand der Landesvorwahlen soll festgestellt
werden, in welchen Ländern sich die meisten Kommunikationspartner
aufhalten.
Und schließlich sollen die auf dem Gerät gespeicherten Fotos ausgewertet
werden. Dabei werden aber nicht die Bilder als solche ausgelesen, sondern
nur ihre Metadaten, also wo und wann das Bild gemacht wurde. Am Ende wird
eine Karte ausgedruckt, die zeigt, wo das Handy mutmaßlich benutzt wurde.
Diese Karte soll zu den Akten genommen werden. Sie zeigt aber nicht nur, wo
das Handy ursprünglich herkommt, sondern auch den Reiseweg. Mit den
Foto-Metadaten werden also doch Geodaten ausgelesen. Dass sie laut Gesetz
nicht zur Bestimmung des Reisewegs genutzt werden dürfen, dürfte wohl nur
auf dem Papier stehen.
Beim Bamf weiß man, dass die neue Befugnis dennoch nur bedingt brauchbare
Informationen liefern kann. Antragssteller, die sich keinen Vorteil vom
Auslesen ihres Handys versprechen, werden es künftig zur Anhörung beim Bamf
schlicht nicht mitbringen.
## Missbrauch wird die Tür geöffnet
Es könnte sogar sein, dass findige Schleuser frisierte Handys mit vielen
Fotos aus Syrien verkaufen. Spätestens dann wird der Wunsch laut werden,
nun auch die Fotos näher zu betrachten, ob auf den Bildern aus Syrien auch
Personen zu sehen sind, die etwas mit dem Antragsteller zu tun haben.
Eine Änderung der Auswertungsmethoden ist dann ohne weitere
Gesetzesänderung möglich – solange es nur um Feststellung von Identität und
Staatsangehörigkeit geht.
29 May 2017
## AUTOREN
Christian Rath
## TAGS
Schwerpunkt Überwachung
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