# taz.de -- Studie zur Anerkennung von Flüchtlingen: Asyl-Lotterie und rechte … | |
> Die Chance auf Anerkennung eines Asylantrags ist in den Bundesländern | |
> unterschiedlich hoch. Das legt eine Studie der Uni Konstanz nahe. | |
Bild: Total individuelle Prüfung: das Bundesamt für Migration und Flüchtling… | |
KONSTANZ dpa | – Hängt die Entscheidung, ob der Asylantrag eines | |
Flüchtlings anerkannt wird oder nicht, möglicherweise auch vom Bundesland | |
ab? Davon geht zumindest eine kürzlich veröffentlichte Studie der | |
Universität Konstanz aus. | |
Es gebe in Deutschland zum Teil erhebliche Differenzen bei den | |
Anerkennungsquoten von Asylanträgen – obwohl mit dem Bundesamt für | |
Migration und Flüchtlinge (BAMF) eine Bundesbehörde darüber entscheide, | |
sagte der Politikwissenschaftler und Autor der Studie, Gerald Schneider. | |
Das BAMF wies die Kritik dagegen zurück: Jedes Asylverfahren werde | |
individuell und bundesweit auf gleicher Rechtsbasis geprüft und | |
entschieden. | |
Die Studie der Uni Konstanz beruft sich auf Zahlen des BAMF von 2010 bis | |
2015. Demnach sind das Saarland und Bremen mit Anerkennungsquoten von 69 | |
beziehungsweise 55,7 Prozent in diesem Zeitraum Spitzenreiter. Berlin und | |
Sachsen stünden dagegen mit Quoten von 24,6 und 26,9 Prozent am Ende der | |
bundesweiten Skala, sagte Schneider. | |
Eine BAMF-Sprecherin betonte dagegen, die Zahlen spiegelten nicht alle | |
Parameter wider – etwa den Anteil unbegleiteter minderjähriger Flüchtlinge | |
oder auch der Dublin-Fälle. Zudem seien die getroffenen Entscheidungen | |
immer Einzelfallprüfungen. Es gehe im Asylverfahren darum zu untersuchen, | |
welche Gefahr einem Menschen persönlich drohe, wenn er wieder in sein | |
Heimatland zurückkehren würde. „Eine Generalisierung auf eine Volksgruppe | |
oder zum Beispiel auf eine Religion ist daher nicht zielführend.“ | |
## Rechte Gewalt senkt Anerkennungsquote | |
Allein mit der Herkunft ließen sich die Differenzen aber nicht erklären, | |
sagte dagegen Schneider. Zwar seien die Anerkennungsraten bei Flüchtlingen | |
aus Syrien relativ ausgeglichen. „Aber bei den Irakern gibt es | |
beispielsweise systematische Unterschiede.“ So seien in Niedersachsen 75,5 | |
Prozent der Asylgesuche aus dem Irak anerkannt worden, in Sachsen-Anhalt | |
dagegen nur 37,5 Prozent. | |
Aus Sicht der Wissenschaftler nehmen BAMF-Mitarbeiter dagegen bei der | |
Entscheidung, ob sie einen Antrag anerkennen oder nicht, Rücksicht auf | |
„Befindlichkeiten“ in ihrem Bundesland. So würden beispielsweise nach | |
fremdenfeindlichen Übergriffen in einem Bundesland im Folgejahr dort | |
weniger Anträge anerkannt, sagte Schneider. Länder mit einer höheren | |
Einwohnerzahl wiesen tendenziell höhere Anerkennungsquoten auf, Länder mit | |
einer höheren Arbeitslosenquote dagegen geringere. Zudem gebe es Hinweise | |
darauf, dass überlastete Mitarbeiter eher weniger positive Beurteilungen | |
ausstellten. | |
Eine Bundesbehörde müsse jedoch unabhängig von Befindlichkeiten in einem | |
Bundesland entscheiden, sagte Schneider. „Unterschiede in diesem Ausmaß | |
darf es nicht geben. Der Forscher, der von einer „Asyl-Lotterie“ spricht, | |
plädierte für ein Monitoring sowohl der einzelnen Mitarbeiter als auch der | |
Zentren des BAMF. „Es ist wichtig festzustellen: Wer verhält sich wann | |
wie.“ | |
Beim Bundesamt hieß es dagegen, es gebe bereits ein Konzept der | |
Qualitätssicherung. So arbeite die Behörde in den Außenstellen, Ankunfts- | |
und Entscheidungszentren beispielsweise mit einem Mentoren-System, das | |
weiter ausgebaut werden solle, sagte die Sprecherin. Zudem gebe es dort | |
mehr als 230 Qualitätsprüfer, die vielfältige Weiterbildungen und | |
Schulungen gehabt hätten. | |
28 Mar 2017 | |
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