# taz.de -- Kommentar Flüchtlingszahlen: Perspektiven statt Panikmache | |
> Für viele gibt es weiter nichts Dringenderes, als die Zahl der | |
> Flüchtlinge zu senken. Dabei ist die Frage wichtiger, was mit denen | |
> geschieht, die da sind. | |
Bild: Heute werden zwei Drittel aller Flüchtlinge anerkannt | |
Wervon der Fremdenfeindlichkeit lebt, lässt auch jetzt keine Gelegenheit | |
aus, um in Sachen Asyl den Teufel an die Wand zu malen. Mit der Realität | |
hat diese Panikmache heute nichts mehr zu tun. [1][Die Zahl der Ankünfte in | |
Deutschland ist stark zurückgegangen], die Aufnahme funktioniert. Trotzdem | |
reden viele weiter so, als gäbe es nichts Wichtigeres, als die Zahl der | |
Flüchtlinge weiter zu senken. Im Kampf mit der AfD scheint die CSU wild | |
entschlossen, die Obergrenze zum Kern ihrer Wahlkampagne zu machen. | |
Viel wichtiger aber ist die Frage, was mit denen, die da sind, geschehen | |
soll. | |
Früher wurden die meisten Flüchtlinge in Deutschland abgelehnt, die anderen | |
mussten selbst zusehen, wie sie zurechtkamen. Heute werden zwei Drittel | |
aller Flüchtlinge anerkannt, denn sie kommen aus Ländern, in die es für sie | |
bis auf Weiteres kein Zurück gibt. Und seit 2015 ist die Zahl der Projekte, | |
die Flüchtlingen beim Weg auf den Arbeitsmarkt helfen sollen, geradezu | |
explodiert. | |
Gewerkschaften und Wirtschaftsverbände haben Ausbildungspartnerschaften | |
gegründet, Handels- und Handwerkskammern widmen sich dem Thema intensiv. | |
Die Anerkennung von ausländischen Abschlüssen wird heute unterstützt, ein | |
großes Netzwerk von Beratungsstellen ist entstanden. | |
Die Arbeitsagentur beginnt teils schon während des Asylverfahrens, | |
Flüchtlinge auf den Jobeinstieg vorzubereiten. Und kürzlich legte sie das | |
sinnvolle Modell des „Integrationsjahrs“ auf: Lohnzuschüsse gegen | |
berufsbegleitende Nachqualifizierung. Nicht alle Flüchtlinge dürfen diese | |
Angebote in Anspruch nehmen. Trotzdem: Die bleierne Passivität früherer | |
Jahre gibt es nicht mehr. | |
Vielen scheint daran gelegen, die Erfolge kleinzureden. Kürzlich wurde | |
vermeldet, dass im letzten Jahr 34.000 „Einwanderer aus den acht | |
wichtigsten nichteuropäischen Asylherkunftsländern“ eine Arbeit fanden. | |
Sofort hieß es: viel zu wenig, bei einer Million Angekommenen. Die | |
Bemühungen um die selbstständige Existenzsicherung der Flüchtlinge aber | |
sind keineswegs gescheitert. Die meisten Angekommenen haben das | |
Asylverfahren noch nicht einmal durchlaufen. | |
Man muss sich keine Illusionen machen – sie werden niemals vollständig vom | |
Arbeitsmarkt aufgenommen. In der Vergangenheit dauerte es fünf Jahre, bis | |
die Hälfte aller Flüchtlinge einen Job fand. Das zu verkürzen muss heute | |
auf der Agenda ganz oben stehen. Statt im AfD-Ähnlichkeitswettbewerb | |
„Bundesausreisezentren“ und „Abschiebe-Taskforces“ aufzuziehen, sollte | |
weiter Geld in Sprachkurse und Nachqualifizierung fließen. Das Signal an | |
die Menschen muss sein: Ihr habt hier eine Perspektive. | |
6 Jan 2017 | |
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## AUTOREN | |
Christian Jakob | |
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