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# taz.de -- Flüchtlinge in der EU: Deutschland bleibt Spitzenreiter
> Zwei Drittel aller Anträge in den EU-Staaten wurden 2016 in Deutschland
> eingereicht. Bis Flüchtlinge ihre Dokumente abgeben, vergeht viel Zeit.
Bild: Fanden vor allem Zuflucht in Deutschland: Flüchtlinge in Slowenien
Berlin taz | In Deutschland sind 2016 deutlich mehr Asylanträge gestellt
worden als in den übrigen 27 EU-Staaten zusammen. Von Januar bis
einschließlich September 2016 baten nach Zahlen der EU-Statistikbehörde
Eurostat insgesamt 951.125 Menschen um Asyl, rund zwei Drittel davon in
Deutschland. Eurostat spricht von 599.140 Erstanträgen, das Bundesamt für
Migration und Flüchtlinge (Bamf) zählte 643.211. Die Differenz kommt nach
Angaben einer Bamf-Sprecherin vor allem durch die zeitliche Verzögerungen
bei der Erfassung schriftlicher Anträge zustande.
Die von Eurostat veröffentlichen Antragszahlen sagen nichts darüber aus,
wie viele Menschen Asyl bekommen. Sie zeigen aber eine extreme
Ungleichverteilung. 16 von 28 EU-Staaten haben weniger als je ein Prozent
aller Anträge zu verzeichnen. Darunter sind, ähnlich wie in den Vorjahren,
neun osteuropäische Staaten.
Österreich und Ungarn entledigten sich des Problems: Nachdem die beiden
Länder die Grenze nach Slowenien beziehungsweise Serbien schlossen, gingen
die Anträge zwischen dem ersten und dritten Quartal 2016 um jeweils rund 40
Prozent zurück. In den Nachbarländern stiegen die – bis dahin extrem
niedrigen – Zahlen danach an: In Bulgarien um 57 Prozent, in Rumänien um
107 Prozent, in Kroatien gar um 172 Prozent.
In Südeuropa machten sich die Verfahrensänderungen bemerkbar, die die EU
hier durchgesetzt hat. Dazu gehört vor allem die Einrichtung der „Hotspots“
genannten Registrierungszentren, in die alle Ankommenden zur biometrischen
Registrierung gebracht werden, sowie die Internierung der Flüchtlinge auf
den Ägäis-Inseln. Dies hat offenbar die Zahl jener Flüchtlinge gesenkt, die
versuchen, die Dublin-Regelung zu umgehen, und vor einer aussichtslosen
Antragstellung in Griechenland in andere EU-Staaten weiterziehen.
So stieg die Zahl der Anträge in Griechenland zwischen dem ersten und
dritten Quartal 2016 um 139 Prozent. Auch in Italien richtete die EU
Hotspots ein, dazu kam ein starker Anstieg der Flüchtlingszahlen im
zentralen Mittelmeer. Hier stieg die Zahl der Asylanträge um etwas mehr als
die Hälfte, bis September waren es 83.940, Platz zwei hinter Deutschland.
Hierzulande sind die hohen Zahlen dadurch zu erklären, dass sehr viele
Flüchtlinge, die 2015 ankamen, lange warten mussten, um beim überlasteten
Bamf ihren Asylantrag abzugeben. Dies führte zu der vermeintlich paradoxen
Situation, dass die Zahl der neu in Deutschland ankommenden Flüchtlinge
stark zurückgeht, die der Asylanträge aber steigt.
Bis Ende November kamen nach Schätzungen der Bundespolizei rund 200.000
Menschen. Im November gab es wegen Schutzsuchenden aus der Türkei erstmals
wieder einen leichten Anstieg. Nachdem zuvor monatlich rund 15.000
Ankommende gezählt wurden, waren es im November rund 17.000.
3 Jan 2017
## AUTOREN
Christian Jakob
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Schwerpunkt Flucht
Flüchtlinge
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