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# taz.de -- Klage gegen Fake-News-Vorwurf: Alles Lüge
> Fake News sind ideal, um vermeintliche Gegner*innen zu diskreditieren –
> auch in Österreich. Doch ein Journalist klagt nun.
Bild: Eigentlich ist Österreich bekannt für Schnitzel. Schmeckt ja auch besse…
Die Verbindungen von Trump zu Russland? Fake News! Die New York Times? Fake
News! Und Versager! Das Blatt sollte mal jemand kaufen, der es entweder zum
Laufen bringt oder mit Würde untergehen lässt.
Willkommen in der Welt des Donald John Trump. Wo andere den wütenden Smiley
anklicken oder – die Älteren werden sich erinnern – in einer Mitteilung
„auf das Schärfste widersprachen“, brüllt Trump „Fake News!“. Seit se…
Amtseid hat er Dutzende Male über seinen privaten Twitteraccount ganze
Medien oder deren Berichterstattung als „fake“ bezeichnet.
Damit zeigt er, was aus Fake News geworden ist: ein Kampfbegriff, der
vermeintliche Gegner*innen diskreditiert. Auch das russische
Außenministerium nutzt ihn, um einzelnen Artikeln – etwa von der Deutschen
Welle oder CNN – den Stempel „Fake“ aufzudrücken.
Man kann diese Fake-News-Brüllerei natürlich abtun: Ist halt Quatsch, kann
man sagen, alles halb so wild. Oder dass es mehr über den aussagt, der es
kreischt, als über den, der die Nachricht geschrieben hat. Doch ist das der
richtige Weg?
Für Florian Klenk nicht. Klenk, 43 Jahre alt, ist Chefredakteur des Wiener
Nachrichtenmagazins Falter. Klenk hat viel ausgegraben, viele Preise
gewonnen, sich viele Feinde gemacht. Das Wochenmagazin Der Freitag nannte
ihn den „schärfsten Enthüllungsjournalisten Österreichs“. Und in dieser
Funktion hat er Anfang 2017 einen Artikel über Erwin Pröll veröffentlicht:
„Geheimsache Pröll“, stand in der Überschrift. Darunter: „Erwin Pröll …
sich vom Steuerzahler seine Erwin-Pröll-Privatstiftung subventionieren.“
Klenk zitiert aus geheimen Regierungsdokumenten, nach denen die
Niederösterreichische Landesregierung Prölls privater Stiftung über neun
Jahre 1,3 Millionen Euro zur Verfügung gestellt habe. 300.000 Euro sollen
von der Stiftung abgerufen worden sein.
Ein handfester Skandal. Denn Pröll ist nicht irgendwer. Er war, als der
Artikel erschien, Chef ebenjener Regierung, die seiner Stiftung die Gelder
bewilligte. Er war Landeshauptmann von Niederösterreich. Fast 25 Jahre
lang: vom 22. Oktober 1992 bis zum 19. April 2017.Elf Jahre lang als
Landeshauptmann-Stellvertreter. Der Politiker der Österreichischen
Volkspartei (ÖVP) hat so viele Orden bekommen, ist in so vielen Orten
Ehrenbürger, der lässt sich solch einen Bericht nicht gefallen.
Pröll und die ÖVP hatten und haben nun einen Feind: Florian Klenk. Und was
macht man mit Feind*innen? Genau, man schwingt die Fake-News-Keule.
Die Strategie ist durchschaubar, aber womöglich effektiv, siehe Trump: Zum
einen kommt der mit den Fake-News-Vorwürfen wohl gut an bei den eigenen
Anhänger*innen, die zwar Großbesitzer*innen als welche von ihnen
betrachten, Journalist*innen aber als Teil des verhassten Establishments.
## „Fake News“ heißt „Gefahr!“
Zum anderen nutzt er den Begriff, der wie kein anderer zum Synonym für
Gefahr aus dem Netz geworden ist. Warum sonst sollten all die seriösen
Medien spezielle Fake-News-Einheiten gründen, oder die Bundesregierung über
eine Art Fake-News-Aufsichtstruppe nachdenken, wenn das nicht etwas ganz
Gefährliches ist? Trump und Co. hilft es, dass mittlerweile in jedes Hirn
gemartert wurde, dass Fake News schlimm sind. Damit schließen sie die
eigenen Reihen, nutzen Ängste aus, watschen Gegner*innen ab.
Also schickt die Volkspartei Niederösterreich (VPNÖ), der
Bundesland-Ableger der ÖVP, eine Pressemitteilung raus: „Ebner zu
Falter-Fake-News: Innenminister Sobotka hat Recht.“
Bernhard Ebner ist Landesgeschäftsführer der VPNÖ. Er sagt: „Innenminister
Sobotka hat mit seiner Aussage Recht, dass es sich im Fall der Dr. Erwin
Pröll Privatstiftung um Falter-Fake-News handelt.“ Und: „Darüber hinaus
lügt Dr. Klenk in Bezug auf den Pröll-Sprecher. Denn dieser hat im
Gegensatz zu Aussagen von Dr. Klenk immer darauf hingewiesen, dass die
Geschichte nicht neu und allen bekannt ist.“
Diesen Vorwurf will sich Klenk nicht gefallen lassen. Er hat Klage
eingereicht gegen Bernhard Ebner und die VPNÖ. In der Klageschrift heißt
es: „Der Erstbeklagte behauptet in dieser bis heute allgemein zugänglichen
Aussendung, dass der Kläger gefälschte Nachrichten (‚fake news‘) verbreite
und überdies wissentlich die Unwahrheit verbreite (‚lüge‘). Es bedarf
keiner weitwendigen Ausführungen, dass die Behauptung des Erstbeklagten
über den Kläger ehrenrührig und kreditschädigend ist (§ 1330 Abs. 1 ABGB).…
Warum macht Klenk das? „Weil ein Journalist, dem man vorwirft, gefälschte
Nachrichten zu verbreiten, sich wehren muss“, sagt er. „Würde ich einem
Juwelier vorwerfen, dass er gefälschte Diamanten verkaufe, würde er mich
wohl auch verklagen. Zu Recht.“ Für ihn ist der Vorwurf, Fake News zu
fabrizieren, noch schlimmer als der Vorwurf, zu lügen. „Die Lüge ist ein
Charaktervorwurf“, sagt Klenk. Schlimm genug. Aber das mit den Fake News,
das sei auch noch „ein Betrugsvorwurf“.
Denn genau dort liegt für ihn der Unterschied. Wer lüge, verbreite einfach
die Unwahrheit. Ohne Beleg. Doch wer Fake News verbreite, der vermische die
Lüge mit gefälschten Belegen und kleide sie in das Gewand einer seriösen
Nachricht.
Klenk findet, dass der Begriff Fake News zu einem Kampfbegriff geworden
ist. „Es ist der cooler klingende Lügenpresse-Vorwurf“, sagt Klenk, „nic…
im AfD-Pegida-Gewand, sondern irgendwie amerikanisch.“
Klenk will nun vor Gericht feststellen lassen, dass der cool klingende
Begriff eine Tatsachenbehauptung ist, dass also der, der dem Journalisten
Fake News vorwirft, Beweise dafür vorbringen muss. Oder ist der
Fake-News-Vorwurf nur eine Meinung und deswegen von der Meinungsfreiheit
gedeckt? „Das ist nicht ausjustiziert“, sagt Florian Klenk.
Ein Gericht könnte feststellen, dass nicht jede unliebsame Meinung oder
Recherche „Fake News“ ist, sondern dass dieser Vorwurf mehr beinhaltet:
eine bewusst gefälschte Nachricht mit gefälschten Belegen im seriösen
Gewand – und dass, wer diesen Vorwurf erhebt, ihn womöglich vor Gericht
beweisen muss.
Denn wie es in der Klageschrift von Klenks Anwalt heißt: „Es gibt gegen
einen Journalisten keinen schlimmeren Vorwurf als die Behauptung, er habe
gefälschte Nachrichten verbreitet und er behaupte wissentlich die
Unwahrheit.“
28 May 2017
## AUTOREN
Jürn Kruse
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