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# taz.de -- Lkw an der Oberleitung: Summi statt Brummi
> Für die Verkehrswende müssen auch Lastwagen anders als mit Diesel fahren
> – zum Beispiel mit Strom. Die Umweltministerin findet die Idee gut.
Bild: Leise und ohne Emissionen: Lkw unter Strom
GROSS DÖLLN taz | Auf den ersten Blick sieht das Fahrzeug aus wie ein
normaler Lkw. Dann aber entfaltet sich auf dem Dach des Fahrerhauses ein
Gestänge. Der Stromabnehmer erreicht in fünf Meter Höhe den an Masten
hängenden Draht. Und los geht die elektrische Fahrt. Das schwere Gefährt
gibt nur ein leises Summen von sich.
Oberleitungslastwagen – diese Technologie wird künftig möglicherweise auf
vielen deutschen Autobahnen zu sehen sein. Der entscheidende Vorteil: Wenn
die O-Lkw mit Ökostrom fahren, verursachen sie keine klimaschädlichen
Emissionen.
Die Teststrecke von Siemens in Groß Dölln, 80 Kilometer nördlich von
Berlin, ist zwei Kilometer lang. Von den Strommasten am Rande abgesehen,
sieht sie aus wie ein normales Stück Autobahn. Anfangs fährt der Lastzug
mit der Kraft der eingebauten Elektrobatterie. Kommt die Oberleitung in
Reichweite, hebt sich der Stromabnehmer. Soll der Lkw beispielsweise ein
anderes Fahrzeug überholen, kann er ausscheren, und die Batterie übernimmt
wieder. Die Strom-Lkws verfügen zusätzlich über konventionelle
Dieselmotoren, damit sie auch längere Strecken ohne Elektrizität bewältigen
können.
## Der Verkehr muss dringend CO2 sparen
„Aus heutiger Sicht sind O-Lkws eine gute Sache“, sagte
Bundesumweltministerin Barbara Hendricks, die die Teststrecke am Dienstag
besuchte. „Anfangs war ich skeptisch, jetzt bin ich es nicht mehr.“ Bereits
ab 2018 werden zwei Autobahnteilstücke zu Versuchszwecken elektrifiziert,
eines bei Lübeck in Schleswig-Holstein, das andere zwischen Darmstadt und
Frankfurt Flughafen. In Schweden läuft ebenfalls ein Versuch.
Hendricks betonte, dass der Verkehr dringend klimaschädliche Gase einsparen
müsse. Die Oberleitungslaster könnten helfen. Aber ist die Technik nicht
veraltet? In den 1960er Jahren fuhren O-Busse noch in vielen Städten, heute
dagegen sind sie nur noch in wenigen Kommunen im Betrieb. Trotzdem sei
Ökostrom aus der Oberleitung die effektivste Methode, um den
Kohlendioxid-Ausstoß von Lkws zu verringern, erklärte Matthias Scheffer,
der Experte beim Umweltministerium. Der Grund: Die Energieausbeute ist
höher als beispielsweise bei der Brennstoffzellen-Technologie. Der
ausschließliche Antrieb mittels Batterien wie bei Pkws kommt für Lastwagen
nicht infrage, weil sie zu schwer sind.
O-Lkws gelten als sinnvolle Ergänzung des Schienengüterverkehrs. Man nimmt
an, dass die Transportleistung künftig so stark steigt, dass selbst eine
wachsende Bahn ihn nicht bewältigen könnte. Zu viele neue Strecken müssten
gebaut werden, heißt es im Umweltministerium. Da sei es billiger und
einfacher, die Autobahn zu elektrifizieren. Die Allianz pro Schiene sieht
das anders: Die Bahn-Unternehmen raten, erst mal die vorhandenen
Schienentrassen zu modernisieren.
Als Kosten für die Oberleitungen an Autobahnen wird rund eine Million Euro
pro Kilometer und Richtung angegeben. Um den Großteil des Güterverkehrs zu
erfassen, reiche es, maximal 5.000 Kilometer deutscher Autobahnen
auszurüsten, meinen die Fachleute. Damit ergäben sich Gesamtaufwendungen
für die Infrastruktur von rund 10 Milliarden Euro. Im Vergleich zum
Bundesverkehrswegeplan, der für die kommenden Jahre 270 Milliarden Euro
umfasst, ist das eine überschaubare Summe. Allerdings würden wohl auch die
privaten Investitionen für die neuen Lkws anfangs vom Staat bezuschusst.
Langfristig soll sich die Sache für die Spediteure rechnen, weil sich
Investitionen und Ersparnis beim Treibstoff – Strom ist billiger als Diesel
– ausgleichen.
11 Apr 2017
## AUTOREN
Hannes Koch
## TAGS
Verkehrswende
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Autobahn
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