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# taz.de -- Autobahn mit Oberleitung: E-Laster kriegen eine Spur
> Auf der A1 bei Lübeck geht bald eine Teststrecke für Elektro-Lastwagen in
> Betrieb. Manche finden sie wichtig für die Verkehrswende, andere total
> unsinnig.
Bild: Kurz vor der Fertigstellung: Teilstrecke für E-Lastwagen.
HAMBURG taz | Für Kai-Jörg Bode ist es „ein spannendes Projekt“, das auf
der Autobahn A1 südlich von Lübeck Gestalt annimmt: die Teststrecke für
elektrifizierten LKW-Verkehr. „Wir müssen mehr für die Umwelt tun“,
begründet der Geschäftsführer der Spedition Bode in der Kleinstadt
Reinfeld, warum sein Unternehmen mit fünf neuen LKW an dem Versuch im
fließenden Verkehr teilnehmen will.
Direkt vor Bodes Unternehmenssitz – nahe der Auffahrt Reinfeld – beginnt
der pro Fahrtrichtung fünf Kilometer lange E-Highway bis zum Kreuz Lübeck.
In zwei Monaten, am 5. Juli, soll er freigegeben werden, verlautet aus dem
schleswig-holsteinischen Verkehrsministerium, aber erst im Herbst wird Bode
seine Elektro-Laster rollen lassen können. Der schwedische LKW-Bauer Scania
kann die neuartigen Hybrid-Laster nicht früher liefern. Sechs Touren pro
Tag plant Bode im Pendelverkehr zum Lübecker Hafen.
Der Anblick indes ist gewöhnungsbedürftig. In beiden Fahrtrichtungen wurden
am rechten Fahrbahnrand seit November vorigen Jahres Oberleitungen
errichtet, die denen an Bahngleisen ähneln. Alle paar Meter stehen Masten,
in einer Höhe von 5,10 Metern verlaufen die Stromdrähte über der rechten
Fahrspur.
Sensoren im Dach des LKW erkennen die Oberleitung und fahren die
Stromabnehmer aus. Endet die Oberleitung, springt automatisch der Motor
wieder an – theoretisch. „Wir müssen das als Alternative zum Diesel
ausprobieren“, ist Spediteur Bode überzeugt.
## Versuch unter realen Bedingungen
19 Millionen Euro lässt der Bund sich diese Teststrecke kosten. Mit einem
Verkehrsaufkommen von täglich etwa 60.000 PKW und rund 8.000 LKW gilt
dieser Autobahnabschnitt den Planern als besonders geeignet, um das System
unter realen Verkehrsbedingungen zu testen.
„Für die Energiewende ist dieses Vorhaben von besonderer Bedeutung“, sagte
zum Projektstart im Juni 2018 der damalige grüne Umwelt- und
Energieminister Robert Habeck. „Wir müssen auch im Verkehr auf erneuerbare
Energien umsteigen, wenn wir unsere Klimaschutzziele erreichen wollen.“
Verkehrsminister Bernd Buchholz (FDP) ergänzte seinerzeit: „Wenn das
tatsächlich richtig gut funktioniert und technologisch eine wirkliche
Zukunftsperspektive ist, dann kann sich das hier heute als ein Tag
erweisen, der für viele, viele Autobahnen, für viel Güterverkehr eine
ökologische völlig neue Dimension auf der Straße bewirkt.“
So weit aber ist die Sache noch lange nicht gediehen. Die Durchführung und
Auswertung erfolgt durch das Forschungs- und Entwicklungszentrum der
Fachhochschule Kiel GmbH (FUE). Das Ziel des auf drei Jahre angesetzten
Feldversuches sei es, „dieses System technisch, ökologisch, ökonomisch und
unter Verkehrsgesichtspunkten zu bewerten, um der Politik
Entscheidungsgrundlagen für einen möglichen Ausbau zu liefern“, heißt es in
der Projektbeschreibung.
Gar nicht begeistert von dem Test ist der Bund der Steuerzahler in
Schleswig-Holstein. Das sei „vielleicht ein interessanter Versuch, aber
keine realistische Alternative“, sagt dessen Geschäftsführer Rainer
Kersten. Selbst wenn der Test erfolgreich sein sollte, „fehlt mir jegliche
Fantasie, wie der LKW-Verkehr flächendeckend umgerüstet werden könnte“,
sagt er.
Zudem würde der Güterverkehr eben nicht von der Straße weg verlagert. „Den
Schienenverkehr besser auszubauen und zu fördern, würde schneller für
Erfolge sorgen“, ist er überzeugt. Für ihn ist der Modellversuch
rausgeschmissenes Geld. Solange auf Bahnstrecken noch Dieselloks führen und
Signale von Hand umgestellt werden, „halte ich gar nichts von diesem
E-Highway“, sagt Kersten.
Pragmatischer sieht das der grüne Verkehrspolitiker Andreas Tietze: „Wir
müssen die Schiene stärken, sollten aber auch Innovationen auf der Straße
testen“, findet er. Diese Teststrecke zwischen den Häfen Hamburg und Lübeck
sei sinnvoll, finanziell vertretbar und zudem „eine schnell machbare
Lösung“. Die Alternative sei, „nichts zu tun“. Über eine flächendecken…
Elektrifizierung von Autobahnen müsse man nicht jetzt nachdenken, sondern
erst nach Auswertung des Tests, findet Tietze. Denn Versuch mache ja
bekanntlich kluch.
2 May 2019
## AUTOREN
Sven-Michael Veit
## TAGS
Autobahn
Logistik
Verkehr
Elektromobilität
Lkw
Verkehrswende
Schwerpunkt Klimawandel
Diesel
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