# taz.de -- Kommentar zu Dieselmotoren: Betrug und Selbstbetrug | |
> Wenn es um die Autobauer geht, reagiert die Regierung wie immer: | |
> schweigen und schützen. Mit der Kumpanei muss Schluss sein. | |
Bild: Alles halb so wild mit dem Diesel, hieß es lange | |
Es ist nicht schön, wenn Illusionen platzen. Die Vorstellung, [1][der | |
Dieselmotor sei ein Klimaschützer], weil er vergleichsweise wenig | |
Treibstoff verbraucht, war eine solche Seifenblase. Jetzt zeigen Messungen | |
der deutschen Behörden, was alle ahnten und Kritiker schon lange monierten: | |
Diesel verbraucht viel mehr Kraftstoff und spuckt viel mehr vom Klimagift | |
Kohlendioxid aus, als Hersteller und Behörden uns lange vorgemacht haben. | |
Vom „Sparschwein“ Diesel bleibt nicht viel übrig – bei den neuen schweren | |
Wagen liegt der Verbrauch manchmal sogar über den Benzinern. Das | |
„Dreckschwein“ Diesel wird dagegen vor allem mit dem ungelösten Problem | |
Stickoxid immer problematischer. Bald werden viele Städte diese Autos | |
aussperren. Ob die Dieseltechnik, auf die vor allem deutsche Autobauer | |
gesetzt haben, eine Zukunft hat, ist sehr fraglich. | |
Die Regierung, vor allem CSU-Verkehrsminister Alexander Dobrindt, reagiert | |
wie immer, wenn es um die Autobauer geht: schweigen und schützen. Statt die | |
Konzerne zur Einhaltung der Gesetze zu zwingen, bekommen diese die volle | |
Nachsicht der Behörden. Einer der wichtigsten deutschen Industrien nicht am | |
Lack zu kratzen, ist so nachvollziehbar wie kurzsichtig. Denn die | |
schützende Hand der Politik [2][verschont die Autobauer] mit Anforderungen | |
an Effizienz, Klimaschutz und Innovation, die auf dem Weltmarkt gefragt | |
sind. Vielleicht sind die großen Konzerne in Stuttgart, Wolfsburg und | |
München bald nur noch Verkaufshäuser von Mobilen, die im Silicon Valley und | |
in China gebaut werden. Sollte in zehn Jahren die deutsche Autoindustrie so | |
scheitern wie derzeit die Stromkonzerne, ist dafür auch die Bundesregierung | |
verantwortlich. | |
Schon deshalb muss Schluss sein mit der Kumpanei zwischen Politik und | |
Autobauern. Testergebnisse müssen öffentlich sein, Regeln müssen für alle | |
gelten. Auch ein Verkehrsminister bekommt sein Gehalt von den Bürgern, | |
nicht von den Autokonzernen. Beim ersten Dieselskandal ums Stickoxid haben | |
alle das Problem geahnt. Aber kein Verantwortlicher wollte sehen, wie VW | |
betrog. Bei diesem Skandal gibt es die Beweise schwarz auf weiß. Wenn das | |
keine Konsequenzen hat, folgt auf den Betrug: der Selbstbetrug. | |
20 Apr 2017 | |
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## AUTOREN | |
Bernhard Pötter | |
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