# taz.de -- Widerstand gegen Bremer Kulturprojekt: Kampf um den Bunker | |
> Rot-Grün will das Zuckerwerk in der Bremer Überseestadt ansiedeln, aber | |
> die Nachbarn sind dagegen. Die Lösung des Konfliktes könnte Jahre dauern. | |
Bild: Noch kein Grund zum Feiern: Protest gegen das Zuckerwerk. | |
BREMEN taz | Das „[1][Zuckerwerk]“ wird auf absehbare Zeit nicht in den | |
Hochbunker an der Hans-Böckler-Straße ziehen können. Eine der dort | |
ansässigen Firmen, die Straßenverkehrsgenossenschaft (SVG), kündigte | |
heftigen Widerstand gegen die Ansiedlung des Kulturprojektes in der | |
Überseestadt an. Deshalb soll nun erst einmal der Bebauungsplan für das | |
Gewerbegebiet geändert werden, um die kulturelle Nutzung zu ermöglichen, | |
sagt der Sprecher des Wirtschaftsressorts. Bis ein neuer in Kraft tritt, | |
können aber mehrere Jahre vergehen. | |
Wie die rot-grüne Regierung findet zwar auch Martin Otholt, Vorstand der | |
SVG, dass das Netzwerk aus über 50 KünstlerInnen und MusikerInnen eigene | |
Räume in Bremen braucht. Nur: Der Hochbunker sei „definitiv nicht | |
geeignet“, so Otholt. Und er ist auch bereit, vor Gericht zu ziehen, um das | |
Zuckerwerk zu vertreiben. | |
Noch vor wenigen Tagen haben die Parlamentsfraktionen von SPD und Grünen in | |
einer gemeinsamen Erklärung gefordert, den Bunker „rasch“ an den Verein | |
Zucker zu vergeben, damit dort „zeitnah“ ein soziokulturelles Zentrum | |
eröffnet werden kann. Daraus wird aber nichts: SPD und Grüne haben das | |
aufwändige Verfahren mit einem neuem Bebauungsplan vor kurzem selbst im | |
Koalitionsausschuss verabredet. | |
Alle anderen Lösungen – etwa durch eine direkte Vergabe des Bunkers an das | |
Zuckerwerk – seien „nicht rechtssicher“, sagt das Wirtschaftsressort, zum… | |
auch die SVG den Bunker gerne kaufen würde. Aber sowohl der Senat als auch | |
die Bürgerschaft und der Beirat Walle haben sich für die kulturelle | |
Umnutzung des Bunkers ausgesprochen. „Es gibt einen Nutzungskonflikt“, sagt | |
der Sprecher des Wirtschaftssenators, „und der muss geklärt werden.“ | |
Der Zucker-Club war von 2007 bis 2012 im Güterbahnhof ein zentraler | |
Treffpunkt der freien Kunst- und Kulturszene. 2011 wurde ihnen dort | |
gekündigt, weil sich NachbarInnen über die Lautstärke beschwerten. Seitdem | |
sucht der Verein nach neuen, aber zentral gelegenen Räumlichkeiten. | |
Über 60 Orte wurden besichtigt, geprüft, diskutiert und verworfen, am Ende | |
der Bunker F 97 aber auch von Rot-Grün für „geeignet“ befunden. In einer | |
[2][Crowdfunding-Kampagne] kamen zuletzt rund 60.000 Euro zusammen, mehr | |
als 1.000 BremerInnen wollten in das Projekt investieren, eine Bank | |
erklärte sich zudem bereit, dem Zuckerwerk einen Kredit in Höhe von 500.000 | |
Euro zu gewähren. | |
Für SVG-Vorstand Otholt ist eine kulturelle Nutzung des Bunkers „absolut | |
unverträglich“ mit den umliegenden Unternehmen. Er sei „aus allen Wolken | |
gefallen“, als er von den Plänen des Zuckerwerks erfahren habe und beklagt | |
fehlende Information durch die Stadt. Es gebe keine Stau- oder Rückzugs- | |
sowie Parkflächen rund um den Bunker, weder für Autos, noch für Räder, | |
argumentiert Otholt. Zudem sei „nicht planbar“, wie viele Gäste zu den | |
Veranstaltungen kämen. | |
Er fürchtet Menschen, die übers Firmengelände strömen oder den Betrieb | |
einschränken, sieht Unfallgefahren, berichtet von Bedenken des | |
Autoverleihers und der Tankstelle nebenan. Auch ein neuer Bebauungsplan | |
stößt auf den Widerstand der SVG – das Unternehmen könnte dagegen klagen. | |
Das Zuckerwerk selbst ist „überrascht“ von der Heftigkeit des Widerstandes | |
gegen das Projekt. Zugleich sei das Problem eher ein „strukturelles“, sagt | |
Akifa Taxim vom Zuckerwerk – auch anderswo in der Stadt ist das Projekt | |
schon am Widerstand umliegender Unternehmen gescheitert. | |
Dennoch hält der Verein weiter am Bunker in der Überseestadt fest, auch | |
mangels anderer Optionen. Zugleich verweist Taxim auf diverse | |
Zugeständnisse, die das Zuckerwerk schon gemacht habe. „Das ist kein | |
unlösbares Problem“, sagt Taxim. Er hofft noch „auf eine Verständigung“… | |
den Unternehmen. | |
11 Apr 2017 | |
## LINKS | |
[1] http://zuckerwerk.org/ | |
[2] /Archiv-Suche/!5361400&s=Zuckerwerk/ | |
## AUTOREN | |
Jan Zier | |
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