# taz.de -- Festival gegen Ruhebürger: Es geht um mehr als nur ums Viertel | |
> Damit „das Viertel“ keine Schlafstadt wird, will ein Bündnis aus lokalen | |
> Akteuren mit einem Festival auf die kulturelle Vielfalt des Stadtteils | |
> hinweisen. | |
Bild: Mitten im "Kulturschutzgebiet": Die Sielwallkreuzung im Viertel. | |
Das Viertel ist ein besonderer Stadtteil: Kneipen, Einzelhandel, Theater | |
und Galerien locken Menschen aus ganz Bremen und dem Umland an, und vor | |
allem das Bremer Nachtleben findet seit Jahrzehnten hier statt. Wenn man | |
allerdings der Initiative „Kulturschutzgebiet Bremen“ glauben will, könnte | |
es damit eines Tages vorbei sein. | |
Denn ein Teil der Viertelbewohner will lieber mehr Ruhe haben und wendet | |
sich mit seinem Ärger ans Stadtamt – statt das Gespräch mit den | |
Verursachern zu suchen. So erhielt das „Litfass“ die Auflage, nur noch acht | |
Konzerte im Jahr veranstalten zu dürfen. Fernando Guerrero, Wirt vom | |
„Eisen“, äußerte sich vor einigen Wochen über diesen neuen Umgang | |
miteinander erbost auf Facebook und trat damit eine Diskussion los, die | |
längst nicht mehr nur um Veranstaltungsorte im Viertel kreist, sondern um | |
die Veränderungen im Stadtteil ganz allgemein – Stichwort: Gentrifizierung. | |
Unter dem Hashtag „bremenlebt“ bekundeten Politiker und Prominente wie | |
Revolverheld-Sänger Johannes Strate Handlungsbedarf. Für den freien | |
Schriftsteller und Redner Sönke Busch ist das ein deutliches Zeichen dafür, | |
dass die Menschen im Viertel sich darüber austauschen müssen, wie sie | |
miteinander leben wollen. Er saß am Montagnachmittag mit auf dem Podium, | |
als die Initiative „Kulturschutzgebiet Viertel“ das Festival „Das Viertel | |
lebt“ vorstellte. Das will am Freitag mit 173 Künstlern in 34 Örtlichkeiten | |
den kulturellen Reichtum des Stadtteils präsentieren, mit dabei sind | |
prominente Musiker wie Flo Mega, und Mark Scheibe. Wer wann und wo spielt, | |
wird vorab nicht verraten. „Die Leute sollen selbst auf Entdeckerreise | |
gehen“, sagt „Litfass“-Wirt Norbert Schütz. | |
Eingeladen sind ausdrücklich auch jene Viertelbewohner, die lieber ihre | |
Ruhe haben wollen. Felix Grundmann, Wirt des „Heartbreak Hotel“, betont: | |
„Das Festival soll ein Auftakt sein und eine Debatte darüber eröffnen, wie | |
wir unseren Stadtteil haben wollen.“ Und Guerrero sagt: „Wir reichen jedem | |
die Hand, der mit uns konstruktiv reden will.“ | |
Dass es nicht nur ums Viertel geht und auch nicht nur um kommerzielle | |
Veranstalter, betont ein neues Bündnis aus nichtkommerziellen Initiativen, | |
darunter das Zuckerwerk, das Neustädter Kurzschluss, Kultur im Bunker und | |
die Spedition. Ausdrücklich begrüßt es die Debatte um die Bremer Klub- und | |
Kneipenkultur: „Auch wir kämpfen mit einer Zunahme von Beschwerden und | |
Anzeigen gegen unsere Projekte“, heißt es im Entwurf eines offenen Briefs, | |
der der taz vorliegt. „Obwohl die Bedeutung von nicht-kommerziellen Räumen, | |
Sozio- und Subkultur, für eine lebendige und lebenswerte Stadt unbestritten | |
ist, sehen wir uns paradoxerweise mit einer ständigen Bedrohung der | |
einfachen räumlichen Existenz unserer Projekte konfrontiert.“ | |
Um weiterhin subkulturelle Projekte durchführen zu können, fordert das | |
Bündnis vor allem mehr Raum für nichtkommerzielle Kulturprojekte, | |
Perspektiven durch die Entfristung von Verträgen und den Abbau | |
bürokratischer Hürden. | |
5 May 2015 | |
## AUTOREN | |
Andreas Schnell | |
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