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# taz.de -- DJ Atifa Taxim über Stadtentwicklung: „Kein weicher Standortfakt…
> Der Verein „Zuckerwerk“ sucht seit zwei Jahren einen Ort für Ateliers und
> Techno-Club. Im Interview erzählt ein DJ, was das mit „Gentrifizierung“
> zu tun hat.
Bild: Geben keine Ruhe: Demo der DJs, Künstler und Akteure des Zucker-Netzwerk…
taz: Herr Taxim, mit einer aktuellen Senats-Anfrage macht die SPD-Fraktion
die Suche nach einem Ort für Ihren Techno-Club zur Sache in der
Bürgerschaft. Bemerkenswert, oder?
Akifa Taxim: Ich finde es gar nicht so bemerkenswert, dass Politik und
Stadt sich um Kultureinrichtungen kümmern. Das „Zuckerwerk“ ist in dem
Sinne ja nicht nur ein Techno-Club.
Sondern?
Wir wollen einen alternativen Raum schaffen, an dem Ateliers und
KünstlerInnen angeschlossen sind. Mit Partys kommt das Geld rein für
Nischen-Projekte: Für Ausstellungen oder kleinere Konzerte. Techno an sich
wird ja von vielen als Subkultur verstanden. Bemerkenswert ist daher eher,
dass wir es sind, die nun ein wenig ins Rampenlicht gehen.
Inwiefern?
Ich möchte nicht das Wort „Underground“ bemühen, aber dieser Szene liegt
eigentlich nichts an einer großer Öffentlichkeit. Man möchte keine Presse
und sich lieber mit sich selbst beschäftigen.
Warum sorgten Sie dann in den letzten Monaten mit Demos und Aktionen für
Aufmerksamkeit?
Weil wir seit zwei Jahren vergeblich nach einem geeigneten Ort suchen.
Ist das ein politisches Problem?
Für alternative Projekte wird es immer schwieriger, einen Ort zu finden.
Die alten günstigen Hallen werden abgerissen, die Struktur der
Stadtgesellschaft verändert sich. Da kommt man sehr schnell zum Thema
Gentrifizierung und Recht auf Stadt.
Also, wie man leben will?
Genau: was die Gesellschaft an Kunst und Kultur haben will. Ob es nur Ruhe
und schicke Häuser gibt, oder ob man auch mal ein altes Haus stehen lässt
und von KünstlerInnen nutzen lässt.
Warum ist die Location-Suche so schwer?
Wir brauchen größerer Räume für Veranstaltungen und kleinere Räume für
Ateliers und Büros. Es darf keine Wohnbebauung in der Nähe sein und sollte
zentral sein, damit man auch unter der Woche Konzerte veranstalten kann, zu
denen genug Gäste kommen. Bislang waren die Gebäude entweder total marode
Spekulationsobjekte, deren Besitzer kein Interesse an einer Nutzung durch
uns haben, oder neu und unbezahlbar. Dabei hätten wir nun ein geeignetes
Gebäude im Holzhafen.
Und auch da gibt es Probleme …
Ja. Die Initiative Stadtbremische Häfen ist besorgt, weil wir keine
typischen Nutzer sind. Sie wollen, dass der Holzhafen ein Industriegebiet
bleibt. Dabei sehen wir uns doch eigentlich in einer Allianz: Auch wir
wollen, dass die Wohnbebauung auf Abstand bleibt und sich niemand über Lärm
beschwert.
Zählt die Nachtruhe der AnwohnerInnen nicht?
Im Holzhafen hätten wir das Problem nicht. Und ansonsten wohnen wir nun mal
in einer Stadt. Wer Ruhe haben will, sollte nicht über eine Kneipe ziehen.
Gewerbevertreter im Holzhafen befürchtet auch Drogenkonsums und Vandalismus
bei Ihren Techno-Partys.
Unser Publikum macht keine Randale und Drogen sind ja nun ein
gesamtgesellschaftliches Problem. Der Vorwurf ist unfair, das sind
Vorurteile. Wenn es im Holzhafen nicht klappt, habe ich wenig Hoffnung. Es
wäre auch schade um das Geld …
Welches Geld?
Wir sind Gewinnerprojekt bei einem Wettbewerb der
Kreativwirtschafts-Förderung: Seit einem Jahr könnten 100.000 Euro für
Investitionen abgerufen werden – um in eine Halle Lüftungs- und sanitäre
Anlagen einzubauen und einen Club daraus zu machen. Uns fehlt nur die
Location.
Ihr gutes Anliegen sieht nun auch die Politik. Es wird ein Standortnachteil
befürchtet, wenn Sie abwandern …
Ich finde diese Logik problematisch. Es tut der Kultur und Kreativität
nicht gut, wenn sie nur noch als weicher Standortfaktor gesehen wird und
auch selbst anfängt so zu agieren. Das Argument sollte nicht das
Stadtmarketing sein, sondern dass wir kulturelle, soziale Arbeit in einem
alternativen Raum machen, der viel mehr ist als eine normale Disko.
12 Feb 2014
## AUTOREN
Jean-Philipp Baeck
## TAGS
Gentrifizierung
Bremen
Bremen
Club
Festival
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