# taz.de -- Recht auf Freiluftparade: Demo-Rave für legales Feiern | |
> Eine „Mini-Loveparade“ will für das Recht auf nicht kommerziell | |
> organisierten Techno-Tanz unter freiem Bremer Himmel demonstrieren. | |
Bild: Nach Beschwerden von Kleingärtnern wurde diese Party vor zwei Wochen abg… | |
Die etwa 30 nicht kommerziellen „Veranstalterkollektive für Freiluftpartys“ | |
rufen für kommenden Samstag zu einem Demo-Rave auf: „RESIST TO EXIST! Wir | |
wollen jetzt legal draußen feiern“. | |
Grillparty mit Freunden daheim im Garten – super Sache. Ausgedünstet werden | |
Musik, Geplapper und Nackensteakdüfte. Anheimelnde Atmosphäre nennen das | |
die Teilnehmer. Bei nicht eingeladenen Nachbarn wird die ganz anders, | |
nämlich als Störung empfunden. Erst recht, wenn nicht gegrillt, sondern | |
sich Jugendkultur in Freiluftpartys äußert. | |
Deren unangemeldeten Varianten werden in Bremen häufig polizeilich | |
aufgelöst. In der genehmigten Variante stellen sie schon mal eine Woche | |
Vollzeitjob dar, wie Akifa Taxim vom Verein Zuckerwerk betont. Er hatte | |
beim Deichverband eine Fläche gemietet, beim Stadtamt das Feierkonzept und | |
die Beschallung, bei der Feuerwehr die Fluchtwege genehmigen lassen, vom | |
Bauamt wurden alle fliegenden Bauten der Veranstaltung abgenommen, von der | |
Polizei das Security-Konzept absegnet und vom Beirat die Zustimmung | |
eingeholt. | |
Aber doch gab es für die ironisch „Ochtum! Ochtum! Hier spricht die | |
Polizei“ betitelte Party am ersten Augustwochenende an die 50 | |
Lärmbeschwerden aus angrenzenden Kleingartengebieten (taz berichtete) – so | |
dass Taxim keine Lust hatten, die genehmigte Variante wie geplant am | |
Wochenende darauf zu wiederholen. | |
Da das Feiern also nicht einmal offiziell klappt, kommt es nun zum | |
Demo-Rave. Um auch richtiges Retro-Demonstrationsfeeling aufkommen lassen, | |
sollen die erwarteten 500 bis 2.000 Partyjünger vom Osterdeich zu einer | |
Kundgebung auf den Marktplatz ziehen. | |
Die Innenbehörde hatte 2014 eine politische Lösung versucht und zwei feste | |
Locations ausgewiesen, die gebucht werden konnten. „Es war schon sehr | |
schwer, die Areale zu finden“, berichtet Rose Gerdts-Schiffler, Sprecherin | |
des SPD-geführten Innenressorts. „Bremen ist dicht bebaut, da wohnen immer | |
irgendwo Menschen, die sich in ihrem Recht auf Ruhe gestört fühlen können.“ | |
Schließlich wurden die vorgeschlagenen Bereiche nicht angenommen. „Sie | |
lagen auch vor und waren nicht sehr attraktiv“, so Gerdts-Schiffler: „Es | |
gab nur zwei Anmeldungen, da haben wir den Modellversuch beendet.“ Eine | |
Sprecherin der Tanzkollektive bestätigt: „Wir fühlten uns durch das Angebot | |
aus der Stadt vertrieben.“ So blieb man bei spontan per Facebook | |
organisierten Partyflashmobs. | |
Um die in Zukunft stressfrei genießen zu können, schlagen sie vor: „Wir | |
melden drei Tage vorher die Freiluftveranstaltung bei der Polizei an, | |
benennen einen haftbaren Verantwortlichen und sind bereit, die Party sofort | |
zu beenden, wenn bei der Polizei wiederholt Anrufe wegen Lärmbelästigung | |
eingehen.“ | |
Der Grünen-Innenpolitiker Wilko Zicht greift das gern auf: „Das hat sich | |
die Szene mit ihren meist friedlichen Feiern verdient.“ Seine Partei würde | |
gleich nach der Sommerpause versuchen, eine entsprechende unbürokratische | |
Regelung für Feiern mit bis zu 300 Leuten in den Gremien durchzusetzen. | |
Rose Gerdts-Schiffler bestätigt einen neuen politischen Versuch zur | |
subkulturellen Partykultur. Angedacht sei, dass die Veranstalter zukünftig | |
die gewünschten Flächen dem zuständigen Beirat vorschlagen, der dann mit | |
den Behörden die Auflagen abklärt. Gibt es denn noch unentdeckte, | |
ungenutzte Flächen, die auch Lokalpolitiker ihren Wählern gegenüber als Ort | |
für eine lauschigen Techno-Abend vermitteln könnten? „Die gibt es! Die | |
verraten aber wir noch nicht“, heißt es bei den Demo-Ravern. | |
19 Aug 2015 | |
## AUTOREN | |
Jens Fischer | |
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