# taz.de -- Gewerbe gegen Kultur: Das „Anderswo“ wird geräumt | |
> Weil Bremen lieber wieder eine Brache hätte, muss ein selbstverwaltetes | |
> Kulturprojekt weichen. Bis Ende November soll der Platz geräumt sein | |
Bild: Schön bunt war die Brache im Sommer | |
BREMEN taz | Rechtzeitig zum 1. Dezember soll der frühere Schuttberg mit | |
guter Anbindung an den Flughafen wieder die Brache werden, die er schon | |
länger ist. So will es die Wirtschaftsförderung Bremen (WFB). Deshalb soll | |
der Verein Kulturbeutel, der die Fläche im Sommer mit dem Projekt | |
„Anderswo“ bespielt hat, das Gelände bis Ende November komplett räumen. | |
Zwischen August und Oktober entstand auf der Brache ein temporäres und | |
unkommerzielles soziokulturelles Zentrum, das „Anderswo“ – 8.000 Leute | |
kamen nach Angaben der Veranstalter insgesamt. Hinter ihrem Verein | |
Kulturbeutel steckt ein 20-köpfiges Kollektiv von Leuten zwischen 18 und 32 | |
Jahren. | |
Erfahrungen mit Projekten dieser Art haben sie schon: Das „Anderswo“ ist | |
der Nachfolger des „[1][Außerhalb]“, das 2016 auf einem Gelände an der | |
Senator-Apelt-Straße lag. Über den Sommer hinweg fanden zahlreiche | |
Konzerte, Kickerturniere und Workshops statt, dazu Kinderfeste, | |
Brettspielabende oder Veranstaltungen mit Flüchtlingen, insgesamt war von | |
15.000 BesucherInnen die Rede. | |
Begonnen hat alles mit kleinen, illegalen Partys, aus denen 2015 das | |
„Unterhalb“ entstand, ein Zwischennutzungsprojekt an der Hochstraße im | |
Bahnhofsviertel, das nur anderthalb Monate währte und abrupt endete. | |
## Crowdfunding und Förderung | |
Für das „Anderswo“ in diesem Jahr sammelte der Verein mit einer | |
Crowdfunding-Kampagne fast 5.000 Euro ein, zudem brachten alle aus dem | |
Kollektiv jeweils 200 Euro ein und aus dem „Außerhalb“ war auch noch Geld | |
übrig. Insgesamt setzte das Projekt nach eigenen Angaben 65.000 Euro um und | |
bekam 15.000 Euro Fördermittel von der Hollweg-Stiftung und der | |
Zwischen-Zeit-Zentrale. Das Geld floss fast vollständig in das Projekt, es | |
gibt nur wenige Rücklagen für neue Projekte. | |
Nun will der Verein etwa sesshafter werden – aber das will die WFB bisher | |
nicht. Mit viel Mühe haben die AktivistInnen in Eigenleistung auf 400 Meter | |
Länge für Wasser und Strom Gräben in einem halben Meter Tiefe gezogen, auch | |
ein Veranstaltungs- und Lagerraum sowie eine Bar stehen noch immer auf dem | |
Gelände, viele andere Gebäude sind schon abgebaut: die Bühne, eine Küche, | |
ein Sanitärgebäude, dazu sieben kleinere Hütten und vier Container. Was | |
noch aufgebaut ist, möchte der Verein gerne über den Winter stehen lassen – | |
in der Hoffnung, es im kommenden Jahr wieder nutzen zu können. | |
Daraus wird aber nichts: „Es handelt sich um eine Gewerbefläche, die wir | |
aktiv vermarkten – im aktuellen Zustand und mit den darauf befindlichen | |
Bauten ist dies nicht möglich“, sagt WFB-Sprecherin Andrea Bischoff. Die | |
Wirtschaftsförderer, so heißt es, hätten sich darauf verlassen, dass die | |
vertraglich vereinbarte „temporäre Nutzung“ auch wirklich eine ebensolche | |
ist. | |
Ohnehin zahlte der Kulturbeutel nur einen „deutlich reduzierten | |
Entgeltwert“ für das Grundstück, so Bischoff. Mehr als eine Verlängerung | |
der ursprünglich am 31. Oktober auslaufenden Räumungsfrist um einen Monat | |
ist aus Sicht der WFB nicht drin. | |
Zu Gesprächen über die Fortführung des Projektes sei man aber | |
„grundsätzlich bereit“, so Bischoff – solange sich kein Käufer gefunden | |
hat. Deshalb müsste der Kulturbeutel gegebenenfalls auch mit einem ganz | |
anderen Veranstaltungsort an anderer Stelle Vorlieb nehmen – und dort von | |
vorne anfangen. | |
Dabei sei es schon sehr schwierig gewesen, diese Fläche am Flughafen zu | |
finden. In acht Monaten habe man 32 Flächen besichtigt, ehe „im letzten | |
Moment“ eine Zusage für das Gelände am Flughafen kam, so ein Sprecher des | |
Vereins. | |
14 Nov 2017 | |
## LINKS | |
[1] /!5345011/ | |
## AUTOREN | |
Jan Zier | |
## TAGS | |
taz.gazete | |
Bremen | |
Zwischennutzung | |
taz.gazete | |
Stadtplanung | |
Bremen | |
Club | |
Loveparade | |
Festival | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Zucker e.V. kämpft für Freiräume: Kein Bock auf Party | |
Der Kulturverein Zucker e.V. will das leer stehende Lankenauer Höft mit | |
Kunst und Partys wiederbeleben. Doch es gibt Widerstand durch AnwohnerInnen | |
und CDU | |
Kommentar Zwischennutzung: Runter mit dem Feigenblatt | |
Die Bremer Zwischennutzer von der ZZZ machen einen guten Job. Aber eine | |
Stadt, die sich damit schmückt, ist doch eher peinlich. | |
Widerstand gegen Bremer Kulturprojekt: Kampf um den Bunker | |
Rot-Grün will das Zuckerwerk in der Bremer Überseestadt ansiedeln, aber die | |
Nachbarn sind dagegen. Die Lösung des Konfliktes könnte Jahre dauern. | |
Süße Räume: Zucker für den Bunker | |
100.000 Euro fehlen bis zu einer Neueröffnung des Zucker-Clubs in der | |
Überseestadt. Der Verein Zuckerwerk setzt auf Crowdfunding | |
Recht auf Freiluftparade: Demo-Rave für legales Feiern | |
Eine „Mini-Loveparade“ will für das Recht auf nicht kommerziell | |
organisierten Techno-Tanz unter freiem Bremer Himmel demonstrieren. | |
Streit um Freiluftkultur: Kleingärtner verhindern Festival | |
Ein Festival des Zuckerwerks an der Ochtum wird nicht fortgesetzt. Nachbarn | |
bemängelten Ruhestörung. Dabei war alles angemeldet. |