# taz.de -- Asta Bremen versus Jörg Baberowski: Baberowski im rechten Licht | |
> Laut Landgericht Köln darf der Bremer Asta den Historiker Jörg Baberowski | |
> „rechtsradikal“ nennen, nicht aber „rassistisch“. Auch verkürzte Zit… | |
> seien nicht okay. | |
Bild: Ist laut Bremer Asta „rechtsradikal“: der Historiker Jörg Baberowski | |
BREMEN taz | Der Asta der Uni Bremen darf den Berliner Historiker Jörg | |
Baberowski als „rechtsradikal“ bezeichnen. So lautet ein Urteil des | |
Landgerichts Köln. Aber: Die Studierenden dürfen Baberowski weder | |
„rassistisch“ nennen noch behaupten, er verbreite etwa | |
„gewaltverherrlichende Thesen“. Zitate, die eine entsprechende Gesinnung | |
des Wissenschaftlers belegen sollten, darf der Asta nicht verkürzt und ohne | |
Kontext wiedergeben. | |
Geklagt hatte der Historiker wegen einer Veröffentlichung des Asta | |
anlässlich eines geplanten Vortrags von ihm an der Uni Bremen im Oktober. | |
Die Studierenden riefen zu Protest gegen die Veranstaltung auf, die von der | |
[1][Konrad-Adenauer-Stiftung und dem RCDS, der Studentenvereinigung der | |
CDU, organisiert wurde]. Sie wurde daraufhin in das Büro der Stiftung | |
verlegt. Im November hatte das Gericht bereits mit einer einstweiligen | |
Verfügung Äußerungen der Studierenden verboten, der Asta hatte Widerspruch | |
eingelegt. | |
## Steile Thesen | |
Baberowski lehrt an der Humbold-Universität in Berlin und tritt seit Jahren | |
mit steilen Thesen an die Öffentlichkeit, etwa über die Mitglieder des | |
„NSU“. Die, so sagte er dem Spiegel 2014, solle man nicht als „rechte“ | |
Terroristen bezeichnen, sondern sie seien „schlicht eine Mörderbande“. | |
Im September 2015, zur Hochzeit der Flüchtlingskrise, schrieb er in einem | |
Gastbeitrag in der FAZ unter anderem, Deutschland gebe „seine nationale | |
Souveränität auf und überlässt es illegalen Einwanderern, darüber zu | |
entscheiden, wer kommen und wer bleiben darf“. Zu seinen Forschungen über | |
die Gewaltherrschaft Stalins erklärte er 2014 dem Spiegel, Hitler sei „kein | |
Psychopath“ gewesen, Stalin hingegen schon. Aussagen, für die er seit | |
Jahren in der Kritik steht. | |
Miriam Müller, Sprecherin des Landgerichts, erklärte zu dem aktuellen | |
Urteil (Aktenzeichen 28 O 324/16): „Man hat Anspruch darauf, korrekt | |
zitiert zu werden.“ Gleichzeitig könne man nicht pauschal sagen, Baberowski | |
dürfe nun offiziell als „rechtsradikal“ bezeichnet werden: „Streng | |
prozessual gilt das nur in diesem Kontext“ – also zwischen dem Asta und | |
Baberowski. | |
## Baberowski muss „Kritik dulden“ | |
Das Urteil bezog sich auf mehrere Zitate der Studierenden. Unter anderem | |
ging es um eine Aussage Baberowskis über den Krieg gegen Terroristen: „Wenn | |
man nicht bereit ist, Geiseln zu nehmen, Dörfer niederzubrennen und | |
Menschen aufzuhängen […], wie es die Terroristen tun, […] wird man eine | |
solche Auseinandersetzung nicht gewinnen.“ Nicht zitiert worden war vom | |
Asta ein weiterer Satz, in dem Baberowski erklärte, dass man, wenn man | |
einen Krieg nicht gewinnen könne, die Finger davon lassen solle. | |
Die Richter halten diese und eine weitere Stelle in der | |
Asta-Veröffentlichung für Falschzitate. Gleichwohl müsse Baberowski | |
deutliche Kritik dulden, weil er sich „dafür entschieden hat, sich in der | |
Öffentlichkeit nicht wohlabgewogen und zurückhaltend, sondern in einer | |
Weise zu äußern, die überwiegend, auch von eher konservativen Medien wie | |
der FAZ, als provokant wahrgenommen wird“. | |
Anders verhält es sich mit einer Aussage Baberowskis über die Integration | |
von Geflüchteten, die er als „Unterbrechung des deutschen | |
Überlieferungszusammenhanges und folglich als Bedrohung für den sozialen | |
Kitt“ bezeichnete. Laut Gericht könne das so verstanden werden, dass er | |
„die Integration von Flüchtlingen als Bedrohung für Deutschland ansieht.“ | |
Insofern dürfe der Asta seine Bewertung darauf stützen, Baberowksi sei | |
„rechtsradikal“ – ob das nun stimme oder nicht. | |
## Freiheit der Wissenschaft | |
Baberowskis Anwalt, Sebastian Gorski, erklärte der taz: „Für uns ist das | |
Urteil im Wesentlichen erfreulich.“ Es sei „ein annäherndes Totalverbot der | |
angegriffenen Aussagen“. Ein Wissenschaftler müsse die Freiheit genießen, | |
Thesen zu entwickeln und sich öffentlich zu äußern. „Das darf nicht dazu | |
führen, dass man derart attackiert und in eine Ecke gestellt wird, die mit | |
der eigentlichen Weltanschauung des Betroffenen nichts zu tun hat.“ | |
Es sei „völlig abwegig“, so Gorski, dass er in irgendeiner Form eine | |
rassistische Gesinnung verfolgt. „Genauso falsch ist es, dass er | |
rechtsradikale Positionen vertritt.“ | |
Bis Redaktionsschluss gab es von Seiten des Astas keine Stellungnahme. | |
Beide Seiten können noch in Berufung gehen. | |
24 Mar 2017 | |
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## AUTOREN | |
Jean-Philipp Baeck | |
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