| # taz.de -- Freihandel zwischen Japan und EU: Und jetzt kommt „Jefta“ | |
| > Das geplante Abkommen wiederholt viele Fehler alter Verträge. Es fällt | |
| > dabei hinter die Zugeständnisse zurück, die bei Ceta erkämpft wurden. | |
| Bild: Voranschreiten Richtung Abkommen: Angela Merkel und der japanische Premie… | |
| Berlin taz | Die Abkürzungen [1][TTIP] und [2][Ceta] kennt die | |
| Öffentlichkeit allmählich. Doch von „Jefta“ dürfte bisher kaum jemand | |
| gehört haben. Dabei wird auch über das „Japan-EU-Free-Trade-Agreement“ se… | |
| Jahren verhandelt – und die Probleme, die dadurch drohen, stehen den | |
| umstrittenen Freihandelsabkommen mit den USA (TTIP) und Kanada (Ceta) um | |
| nichts nach. | |
| Offizielle Informationen, worauf sich die Delegationen aus der EU und Japan | |
| in den bisher 17 Verhandlungsrunden schon geeinigt haben, gibt es nicht. | |
| Sigmar Gabriel hatte zwar als Wirtschaftsminister die „Geheimverhandlungen“ | |
| über TTIP und Ceta kritisiert und erklärt: „So kann man natürlich mit einer | |
| informierten Öffentlichkeit nicht umgehen.“ Doch auch bei diesen | |
| Verhandlungen sind die Dokumente geheim. Aus dem deutschen | |
| Wirtschaftsministerium heißt es dazu, man sei zwar „auf möglichst hohe | |
| Transparenz bedacht“, aber die Zuständigkeit sei leider „bei der | |
| EU-Kommission angesiedelt“. | |
| Doch der taz liegen jetzt als bisher einzigem deutschen Medium Unterlagen | |
| vor, die die EU-Kommission den Mitgliedstaaten unter strengen | |
| Vertraulichkeitsauflagen zur Verfügung stellt. Diese belegen, dass auch die | |
| inhaltlichen Zusagen der Vergangenheit offenbar nicht eingehalten werden. | |
| Denn für das Ceta-Abkommen mit Kanada hatten EU und Bundesregierung stets | |
| mit dem Argument geworben, damit werde ein neuer „Goldstandard“ für | |
| künftige Handelsabkommen etabliert, hinter den man nicht mehr zurückfallen | |
| werde. Das Bundeswirtschaftsministerium bestätigte das am Montag noch | |
| einmal. „Grundsätzlich gilt, dass die hohen Standards, die wir bei Ceta | |
| verankern konnten, Grundlage für alle weiteren Abkommen sind“, sagte | |
| Ministeriumssprecher Andreas Audretsch der taz. „Das gilt | |
| selbstverständlich auch für die Verhandlungen mit Japan.“ | |
| Nun sind die Verbesserungen, die bei Ceta erreicht wurden, nach Ansicht | |
| vieler Kritiker keineswegs ausreichend; ob das Abkommen in allen nationalen | |
| Parlamenten eine Mehrheit bekommt, ist nach wie vor offen. Doch selbst | |
| hinter diesen Standard fallen die bisherigen Verhandlungsergebnisse mit | |
| Japan teilweise zurück. | |
| Besonders umstritten war etwa die sogenannte regulatorische Zusammenarbeit | |
| – ein Verfahren, das Wirtschaftsvertretern eine frühzeitige und enge | |
| Einbindung in geplante Gesetzesvorhaben garantiert und damit ein neues, | |
| effektives Einfallstor für Lobbyisten schafft. Bei Ceta war nach heftiger | |
| Kritik eingefügt worden, dass die regulatorische Zusammenarbeit nur „auf | |
| freiwilliger Basis“ stattfindet und jederzeit einseitig beendet werden | |
| kann. | |
| Im konsolidierten Text des entsprechenden Kapitels im EU-Japan-Abkommen von | |
| Februar 2017 findet sich solche Einschränkung hingegen nicht. „Die geplante | |
| regulatorische Zusammenarbeit in dem Abkommen mit Japan ist noch schlimmer | |
| als in Ceta“, folgert Alessa Hartmann von der freihandelskritischen | |
| Organisation Powershift, die den Text bereits analysiert hat. | |
| Ebenfalls heftig umstritten war in den bisherigen Abkommen der Schutz von | |
| ausländischen Investoren. Ihnen wird in vielen bestehenden Handelsabkommen | |
| das Recht eingeräumt, gegen politische Entscheidungen, die ihre Gewinne | |
| mindern, vor speziellen Schiedsgerichten zu klagen. Bei Ceta war – vor | |
| allem auf Druck der deutschen Sozialdemokraten – erstmals durchgesetzt | |
| worden, dass solche Verfahren nicht von beliebigen Wirtschaftsanwälten | |
| geleitet werden, sondern dass die Juristen öffentlich bestellt werden, die | |
| Verfahren transparent sind und eine Revision möglich ist. | |
| ## Zwei gegensätzliche Vorschläge | |
| Ob die EU dieses Verfahren auch gegenüber Japan durchsetzen kann, ist | |
| fraglich. Bisher gibt es für diesen Teil des Vertrags nur zwei | |
| gegensätzliche Vorschläge. Japan will am alten System privater und | |
| intransparenter Schiedsgerichte festhalten; die EU hat einen Text | |
| eingebracht, der sich am öffentlichen Ceta-Verfahren orientiert. | |
| Das war allerdings schon in der 14. Verhandlungsrunde im Dezember 2015. | |
| Seitdem herrscht offenbar Stillstand bei dieser zentralen Frage. Die | |
| EU-Kommission gibt sich dennoch zuversichtlich. „Unser Ziel ist es, Japan | |
| die Vorteile unseres reformierten Ansatzes zu erklären“, sagte | |
| Kommissionssprecher Reinhard Hönighaus der taz. „Wir hoffen, bald eine | |
| Einigung zu erzielen.“ | |
| In anderen Aspekten des Investitionsschutzes besteht bereits Einigkeit. | |
| Doch auch dort fällt Jefta hinter Ceta zurück. So war [3][im Abkommen mit | |
| Kanada] zwar an der sehr breit interpretierbaren Formulierung festgehalten | |
| worden, dass ein Verstoß gegen die Verpflichtung zu „gerechter und billiger | |
| Behandlung“ („fair and equitable treatment“) eine Klage der Investoren | |
| ermöglicht. Allerdings war durch eine Reihe von Aussagen erläutert worden, | |
| was darunter zu verstehen ist – und es war eine regelmäßige Überprüfung | |
| vereinbart worden, wie diese Regel genutzt wird. | |
| [4][Im Entwurf des EU-Japan-Vertrags] findet sich keine solche Überprüfung. | |
| Und die klarstellenden Erläuterungen fallen weniger streng aus: Während bei | |
| Ceta eine „gezielte Diskriminierung“ aus unrechtmäßigen Gründen verboten | |
| ist, fehlt bei Jefta das Wort „gezielt“. Nach Einschätzung von ExpterInnen | |
| wären Klagen damit leichter möglich. Alessa Hartmann sieht die neuen Rechte | |
| der Investoren generell kritisch. „Mit dem geplanten Abkommen werden die | |
| Klagerechte für japanische Konzerne dramatisch ausgeweitet“, sagt sie. „Bei | |
| einer Wirtschaftsmacht, die dreimal größer ist als die kanadische, ist das | |
| eine erschreckende Perspektive.“ | |
| Ob und wann es dazu kommt, ist offen. Das liegt nicht etwa an öffentlichen | |
| Protesten; die Öffentlichkeit hat das Abkommen mit Japan bisher kaum auf | |
| dem Schirm. Haupthemmnis für Fortschritte sind derzeit Sorgen japanischer | |
| Bauern vor der Übermacht der EU-Agrarwirtschaft. | |
| 21 Mar 2017 | |
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| Malte Kreutzfeldt | |
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