# taz.de -- NGO-Chef über Freihandelsabkommen: „Martin Schulz sagt keinen To… | |
> Die Proteste gegen die Freihandelsabkommen werden weitergehen, sagt | |
> Jürgen Maier. Er ist Geschäftsführer des Forum Umwelt und Entwicklung. | |
Bild: Protest gegen die Verabschiedung des Ceta-Abkommens vor der EU-Kommission… | |
taz: Herr Maier, TTIP ist seit der Wahl Donald Trumps tot, Ceta wurde durch | |
das EU-Parlament verabschiedet. Am Wochenende findet in Kassel eine | |
[1][Strategie-und Aktionskonferenz] der Freihandelsgegner statt. Wozu | |
braucht es die jetzt noch? | |
Jürgen Maier: Es stimmt, TTIP liegt auf Eis und wird unter Trump auch nicht | |
mehr kommen. Ceta droht dagegen weiterhin. Aber uns ging es nie nur um | |
diese beiden Instrumente, sondern wir stellen die Inhalte dieser | |
Freihandelsabkommen grundsätzlich infrage. Insgesamt hat die EU noch etwa | |
20 dieser Abkommen in der Pipeline. Wir wollen den Widerstand dagegen | |
weiter stärken. | |
Droht mit dem EU-Japan-Abkommen „Jefta“ bereits der nächste Hammer? | |
Wir wissen über den Vertrag selbst noch nicht viel mehr [2][als das, was in | |
der taz stand]. Sollte dieses Abkommen noch schlimmer werden als Ceta, | |
werden sich viele auch noch mehr dagegen auflehnen. In der japanischen | |
Öffentlichkeit wird das schon breiter diskutiert. Insbesondere die Bauern | |
dort haben große und berechtige Angst vor der europäischen Agrarindustrie. | |
Nach einigen Verbesserungen sprechen viele bei Ceta inzwischen von einem | |
Musterabkommen. Wieso lehnen sie den Vertrag weiterhin ab? | |
Das EU-Parlament hat Ceta völlig unverändert beschlossen – ohne | |
Verbesserungen. Das ist der alte Vertragstext, den die Konservativen Manuel | |
Barroso für die EU und Stephen Harper für Kanada ausgehandelt haben. | |
Wirkliche Veränderungen wie sie etwa die Wallonen wollten, waren vom Rest | |
der EU nicht gewünscht. Es wurden lediglich einseitige Absichtserklärungen | |
drangehängt. | |
Welche inhaltliche Kritik haben Sie? | |
Uns stört die Paralleljustiz für Konzerne, auch wenn sie jetzt öffentlich | |
statt privat geregelt werden soll. Wenn unsere Justiz gut genug für uns | |
ist, dann ist sie auch gut genug für die Konzerne. Außerdem wenden wir uns | |
gegen die Globalisierung der Agrarmärkte. Wir sind längst in einer | |
Situation, in der die Verbraucher nicht mehr auf „Geiz ist geil“ stehen. | |
Aber die EU-Kommission will noch mehr Agrarexporte durchsetzen. Sie | |
zerstört damit nicht nur die Märkte anderswo, sondern auch bei uns. Ein | |
weiterer Punkt ist die Kommerzialisierung öffentlicher Dienstleistungen, | |
die inzwischen überall auf breite Ablehnung stößt. In den Abkommen geht | |
dagegen es um den besseren Marktzugang für globale Dienstleistungskonzerne, | |
die nichts anderen vorhaben, als aus Gesundheit und Bildung ihre Profite zu | |
ziehen. | |
Wenn die Kommission die europaweiten Sorgen vor der Globalisierung und den | |
Rechtsruck ernstnehmen würde, müssten alle Verhandlungstexte auf den Tisch | |
und penibel überarbeitet werden. Doch das wird nicht gemacht, alles bleibt | |
geheim. Das ist die falsche Politik. | |
Wie wollen Sie dafür sorgen, dass Ceta doch noch scheitert? | |
Das Abkommen ist noch lange nicht durch. 37 Parlamente müssen darüber noch | |
abstimmen, in den Niederlanden wird es eine Volksabstimmung geben. | |
Besonders da bin ich sehr optimistisch. Ich glaube auch, dass viele der | |
Regierungen, die noch im Oktober im Europäischen Rat ihre Zustimmung | |
gegeben haben, in zwei, drei Jahren nicht mehr im Amt sind – oder nur | |
deshalb, weil sie auf Druck der Bevölkerungen weniger Globalisierung und | |
Liberalisierung versprochen haben. Die Befürchtung ist allerdings, dass es | |
eine rechte Regierung ist, die zuerst nein sagt. Hier liegt der Ball bei | |
den sozialdemokratischen Regierungen, wie in Österreich, die auch jetzt | |
sofort sagen könnte: Wir stoppen das Abkommen. | |
Das ist der Fokus auf die Regierungen. Aber was ist die Rolle der Bewegung? | |
Unser Job ist es, die Diskussionen am Kochen zu halten. Wir wollen, dass in | |
den anstehenden Wahlkämpfen weiter über neoliberale Wirtschaftspolitik | |
gesprochen wird. Dafür vernetzen wir uns auch mit unseren internationalen | |
Partnern. Ceta muss ja nicht in Deutschland gestoppt werden. Wir aber | |
wollen insbesondere auf Martin Schulz Druck ausüben. Von dem hört man | |
bisher keinen Ton. Ebenso wenig wie von den Grünen. | |
Die Grünen könnten Ceta im Bundesrat zu Fall bringen. Haben Sie Hoffnungen | |
oder fürchten Sie sich vor den Grünen? | |
Wäre die Abstimmung morgen, würden sie das wohl durchwinken. Das ist die | |
Position der Grünen nicht nur in Baden-Württemberg, Hessen und Hamburg. Die | |
Grünen müssen zur Kenntnis nehmen, dass sie ihren Wählern bislang gesagt | |
haben, dass sie dagegen sind,. Doch entscheidend ist ihr | |
Abstimmungsverhalten im Bundesrat, nicht im Bundestag und im | |
Europaparlament. Wir werden dafür sorgen, dass die Grünen im Wahlkampf | |
klipp und klar sagen müssen, ob sie Ceta stoppen. | |
Was, wenn die Regierung gar kein Ratifizierungsgesetz vorlegt? | |
Momentan hängt das Abkommen beim Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe. | |
Wenn die Richter darüber befunden haben, kann es in den Bundesrat. | |
Tatsächlich ist es eine rechtliche Hintertür, dass die Bundesregierung kein | |
Ratifizierungsgesetz vorlegt und abwartet bis die Mehrheitsverhältnisse im | |
Bundesrat sicherer sind. Der Vertrag ist bis dahin vorläufig in Kraft. Wenn | |
sie aber solch ein Spielchen spielen wollen, müssen sie auch die | |
Konsequenzen tragen. | |
Was sind die nächsten Schritte der Bewegung? | |
Großdemos wird es erst mal keine geben, dafür gibt es gerade keinen Anlass. | |
Wir sind aber gut aufgestellt, um quer durchs Land Druck auf die | |
Abgeordneten und Regierungen auszuüben, sobald Ceta in Bundestag und | |
Bundesrat kommt. | |
24 Mar 2017 | |
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## AUTOREN | |
Erik Peter | |
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