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# taz.de -- Ceta im Europaparlament: Brüssel gibt Feuer frei für Freihandel
> Das EU-Parlament beschließt das Handelsabkommen mit Kanada. Gegner wollen
> weiterhin die Investorengerichte stoppen.
Bild: Die Proteste gegen das Freihandelsabkommen haben Ceta bisher nicht verhin…
Berlin taz | Seit 2009 wird verhandelt, ausgebessert, nachverhandelt,
Hunderttausende gingen dagegen auf die Straße, Mittwoch ist es so weit: Das
EU-Parlament stimmt endgültig über Ceta ab, das Freihandelsabkommen der EU
mit Kanada.
Ein Ja ist sicher. Sobald das kanadische Parlament Ceta in den nächsten
Wochen ebenfalls absegnet, tritt es in Kraft – vorläufig und nur in Teilen,
weil die Parlamente der EU-Mitgliedstaaten ebenfalls zustimmen müssen.
Noch gibt es Gegenwind: Eine europäische Bürgerinitiative präsentiert in
Straßburg 3,5 Millionen Stimmen gegen Ceta. Neben Linken und Grünen wollen
auch rechte Parteien gegen Ceta stimmen. Das kündigte auch die französische
Präsidentschaftskandidatin Marine Le Pen über Twitter an, die mit dem Thema
im Wahlkampf punkten will. Doch der Protest gegen Ceta ist deutlich älter
als Le Pens rechte Wahlkampftaktik.
Besonders umkämpft sind die Schiedsgerichte, die Ceta vorsieht. Laut
EU-Kommission ist Ceta ein Meilenstein im positiven Sinne, vor allem aus
einem Grund: Es legt den Grundstein dafür, private Schiedsgerichte
abzuschaffen. Die sah zwar auch Ceta zuerst vor. Konkret sitzt in
Washington im Gebäude der Weltbank das Internationale Zentrum für
Investitionsstreitigkeiten. Tausende bilaterale Handelsverträge enthalten
Klauseln, nach denen Unternehmen Staaten dort verklagen können, falls die
sich unlauter behandelt fühlen.
Die Verhandlungen sind geheim, es gibt keine Berufungsmöglichkeit.
Prominentes Beispiel ist Vattenfall, das Deutschland wegen des
Atomausstiegs auf Schadenersatz verklagt. Ceta hatte sich ursprünglich auch
auf diese Gerichte verlassen. Doch nach großem öffentlichem Protest und
einem kritischen Entschluss des EU-Parlaments besserten die EU-Kommission
und Kanada nach.
## Ein Investitionsgericht
Die Idee jetzt: ein Investitionsgericht, in dem ein Ausschuss unter Vorsitz
des EU-Handelskommissars und des kanadischen Handelsministers 15 Richter
oder anderweitig qualifiziertes Personal ernennen. Die Verfahren sind
öffentlich, dazu ist eine Berufung möglich.
Greenpeace hat jetzt in einem Kurzgutachten der Hamburger Anwältin Roda
Verheyen die Probleme dieser Art von Gerichten erarbeitet. Deren Grundidee
ist eigentlich, dass ausländische Investoren nicht gegenüber einheimischen
benachteiligt werden. Doch mit dem neuen Gericht ist es genau andersherum,
wie Verheyen herausarbeitet.
Das geht aus einer Zusatzerklärung zwischen der EU und Kanada zu Ceta
eindeutig hervor: „Investoren können wählen, statt nationale Rechtswege zu
verfolgen“, heißt es da.
Prominente Unterstützung bekommt Greenpeace vom Deutschen Richterbund DRB.
Peter Schneiderhan, Mitglied des Präsidiums des DRB und Oberstaatsanwalt in
Stuttgart, hat bereits im vergangenen Jahr eine Analyse verfasst, die
Ceta-Schiedsgerichte verwarf. Daran habe auch der überarbeitete
Vertragstext nichts geändert, sagte Schneiderhan.
Zwar bringe der Gerichtshof gewisse Fortschritte, vor allem wegen der
öffentlichen Verfahren. „Er macht mir aber sogar größere Sorgen als die
privaten Schiedsgerichte, weil hier ohne Rechtsgrundlage ein neues Gericht
eingesetzt wird. Es verselbstständigt den Investitionsschutzmechanismus.“
Weder die EU noch die Bundesrepublik als Gesetzgeber könnten
gesetzgeberisch eingreifen, wenn sich die Rechtsprechung des Gerichtshofs
einseitig im Sinne der Investoren entwickle, kritisiert Schneiderhan. Bis
heute sei nicht nachgewiesen, dass ausländische Investoren in der EU
überhaupt diskriminiert werden.
15 Feb 2017
## AUTOREN
Ingo Arzt
## TAGS
Kanada
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Freihandel
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