# taz.de -- Freihandel mit Kanada: Die SPD hat wieder ein Ceta-Problem | |
> Die Sozialdemokraten haben Bedingungen definiert, um dem | |
> EU-Kanada-Abkommen zuzustimmen. Die sind aber immer noch nicht erfüllt. | |
Bild: Das ist noch lange nicht der Rest vom Protest: Schild in Brüssel | |
BERLIN taz | Die SPD müsste Ceta eigentlich ablehnen, denn zentrale | |
Bedingungen der Sozialdemokraten für eine Zustimmung zu dem Abkommen | |
zwischen der EU und Kanada werden nicht eingehalten. Das geht aus bisher | |
unveröffentlichten Antworten des Bundeswirtschaftsministeriums auf Anfragen | |
der Linksfraktion hervor. | |
Der SPD-Konvent hatte im November mit knapper Mehrheit beschlossen, dem | |
umstrittenen Freihandelsabkommen zuzustimmen, sofern im weiteren Prozess | |
eine Reihe von Änderungen erreicht würde. Unter anderem forderten sie, dass | |
„unklare Definitionen“ von „unbestimmten Rechtsbegriffen“ beseitigt oder | |
klargestellt werden müssten. | |
Ceta nennt als Grund für mögliche Klagen von Unternehmen gegen Staaten etwa | |
„offensichtliche Willkür“ oder das Versagen einer „gerechten und billigen | |
Behandlung“, ohne diese Begriffe zu definieren. Das wollte die SPD ändern: | |
„Hier sind Klarstellungen und Präzisierungen erforderlich, etwa in Form von | |
rechtlich verbindlichen, ergänzenden Erklärungen zwischen den | |
Vertragspartnern“, heißt es im Beschluss des Konvents. | |
Und tatsächlich hat der EU-Rat zusammen mit dem eigentlichen Ceta-Abkommen | |
eine Reihe weiterer Dokumente verabschiedet: zum einen eine „gemeinsame | |
Auslegungserklärung“, die von Kanada und der EU unterzeichnet wurde, zum | |
anderen eine Reihe von Protokollerklärungen, die die EU oder einzelne | |
Mitgliedstaaten allein verfasst haben. | |
## Versprechen gebrochen | |
Die Forderung, schwammige Begriffe eindeutig zu definieren, wird darin nach | |
Auskunft der Bundesregierung allerdings nicht erfüllt. „Das gemeinsame | |
Auslegungsinstrument zielt nicht auf die Definition von Begriffen, sondern | |
auf die Auslegung von Bestimmungen ab“, schreibt SPD-Staatssekretär | |
Matthias Machnig. Für den stellvertretenden Vorsitzen der Linken im | |
Bundestag, Klaus Ernst, steht damit fest: „Ganz offensichtlich hat Sigmar | |
Gabriel als Wirtschaftsminister und SPD-Chef seine Versprechen gegenüber | |
SPD-Basis und Öffentlichkeit gebrochen.“ | |
Während die gemeinsame Auslegungserklärung zumindest bei Streitfragen über | |
Ceta herangezogen werden muss, ist die rechtliche Wirksamkeit der | |
Protokollerklärungen völlig unklar. Sie könnten „im Einzelfall einen | |
Beitrag zur konkretisierenden Auslegung“ von Ceta leisten, schreibt die | |
Regierung lediglich. EU-Verhandlungsführer Maurio Petriccione hatte in | |
einer Anhörung im November die Auffassung vertreten, diese seien | |
„unilateral“. Deutschland hat sich in einer solchen Erklärung etwa das | |
Recht vorbehalten, einseitig aus Ceta auszusteigen, wenn das | |
Verfassungsgericht Einwände hat oder der Bundestag das Abkommen nicht | |
ratifiziert. | |
Rechtlich wirksam wären solche Erklärungen aber nach Ansicht von Experten | |
nur, wenn Kanada sie offiziell annimmt. Die Frage, ob das geschehen ist, | |
beantwortet das Wirtschaftsministerium gegenüber der Linksfraktion nicht. | |
Auch der taz verweigerte das Ministerium am Dienstag eine Antwort. | |
Zugesagt hatte die SPD im Konventsbeschluss auch, die Entscheidung über | |
Ceta „in enger Abstimmung mit den Gewerkschaften“ zu treffen. Würde das | |
ernst genommen, müsste die Partei das Abkommen derzeit ablehnen. Zwar hat | |
der DGB am Dienstag gemeinsam mit Industrieverbänden eine Erklärung | |
veröffentlicht, wonach Ceta „wichtige Fortschritte“ bringe. Doch im | |
Dezember hatte der DGB-Vorstand beschlossen, dass die Zusatzerklärungen | |
nicht ausreichten, um „die gewerkschaftlichen Bedenken auszuräumen“. | |
Vergangene Woche hatten zudem acht europäische Gewerkschaftsdachverbände | |
eine Ablehnung von Ceta gefordert. | |
Wie die SPD nächste Woche im EU-Parlament abstimmt, ist offen. Im | |
Handelsausschuss hatte der Bremer SPD-Abgeordnete Joachim Schuster Ende | |
Januar gegen Ceta gestimmt, der Handelsausschuss-Vorsitzende Bernd Lange | |
hingegen dafür. | |
8 Feb 2017 | |
## AUTOREN | |
Malte Kreutzfeldt | |
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