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# taz.de -- Kommentar Die neue Schulz-SPD: Vom Ich zum Wir
> Im Kern sagt Schulz das Gleiche wie Gabriel, es klingt aber freundlicher,
> wärmer, bedeutender. Nicht alle gehören jedoch zum SPD-Wir.
Bild: Gabriel und Schulz: Haben eigentlich das Gleiche gesagt, aber Schulz krie…
Es ist gut, dass Sigmar Gabriel nicht mehr SPD-Chef ist. Bei der
Krönungsmesse für Martin Schulz redete Gabriel eine Dreiviertelstunde
länger als geplant, über Europa, Wirtschaft, Rüstung, eigentlich alles.
Nebenbei schmiedete er noch einen neuen Slogan – die SPD als
„Heimatpartei“. Das Ganze klang mehr wie eine Antritts-, nicht wie eine
Abschiedsrede. Bei Gabriel ist immer viel Ich. Er wirkt oft wie der, der
sich in der Warteschlange immer vordrängelt.
Bei Schulz dreht sich scheinbar alles um das Wir. Seine Rede glüht vor
Gefühlsworten. Respekt, Dankbarkeit, Demut. Die Partei wird dem neuen
SPD-Chef gleich zur „Familie“. Dass Schulz mit 100 Prozent gewählt wurde,
zeigt, wie sehr die zerzauste SPD sich nach einem neuen Wir sehnt.
Im Kern sagt Schulz das Gleiche wie Gabriel. Aber bei ihm klingt es
freundlicher, wärmer, oft auch bedeutender. Das rheinische Idiom hat die
erfreuliche Eigenschaft, Pathos wie von selbst abzudämpfen. Mit Schulz’
Kandidatur öffnet sich die Aussicht auf eine interessante Wahl im Herbst.
Nicht nur, weil die SPD unverhoffte Chancen hat. Das Duell mit Merkel wird
auch gewohnte Gender-Klischees recht hübsch auf den Kopf stellen. Hier die
sachliche, emotionsfrei wirkende Kanzlerin, dort der vor Wir-Gefühl
scheinbar dampfende Herausforderer.
Schulz will als Nächstes Familienpolitik in den Fokus rücken. Bildung soll
komplett gratis werden, ein Konzept zur Familienarbeitszeit ist in Planung.
Das passt zum neuen, wärmenden SPD-Wir. Die SPD, so die Botschaft, kümmert
sich um die Mitte der Gesellschaft, um Familien und Berufstätige.
Doch das Wir, das bei Schulz so empathisch klingt, meint nicht alle.
Langzeitarbeitslose und Hartz-IV-Empfänger fehlen nicht nur in den
beseelten Reden des SPD-Chefs, sie gehen auch in den Konzepten leer aus.
Das SPD-Wir meint: alle, die arbeiten. Kann sein, dass dies Angriffe der
Union gegen Schulz’ Agenda-Korrektur abfedern soll. Herzlos wirkt es
trotzdem.
20 Mar 2017
## AUTOREN
Stefan Reinecke
## TAGS
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