# taz.de -- Kommentar Armutsbericht: Schulz, übernehmen Sie! | |
> Arbeit schützt nicht vor Armut. Der Lohnunterschied ist die größte | |
> Ungerechtigkeit. Dafür muss eine politische Lösung gefunden werden. | |
Bild: Wenn das Geld nicht mal für eine warme Suppe reicht | |
Es gibt viele Kriterien für „Ungerechtigkeit“, und die Armutsquote ist | |
eines davon. Der Paritätische Wohlfahrtsverband [1][legte am Donnerstag | |
seinen eigenen „Armutsbericht“ vor], nach dem die Quote derer steigt, die | |
weniger haben als 60 Prozent des mittleren Einkommens. Es ist eine Quote | |
der Ungleichheit in Deutschland. Wenn sie um ein paar Zehntelprozentpunkte | |
zunimmt, gilt der Trend der wachsenden Ungerechtigkeit als belegt. | |
Die Armutsrisikoschwelle lag zuletzt bei 942 Euro für einen Single. Wer | |
weniger hat, gilt als armutsgefährdet oder arm, je nach Lesart. | |
Interessanterweise steigt die Quote, obwohl die Wirtschaft in Deutschland | |
brummt, die Arbeitslosenzahlen relativ niedrig sind und 2015 der | |
Mindestlohn eingeführt wurde. Arbeitslosigkeit ist eine der Hauptursachen | |
für Armut. | |
Aber Arbeit schützt offenbar nicht mehr davor. Schlechte Bezahlung, | |
Teilzeitarbeit – oft auch, weil man einen Vollzeitjob nicht schafft –, das | |
sind wachsende Risiken, in die Armutsfalle zu geraten. Eine Falle, aus der | |
heraus man nicht für das Alter sparen kann, jede Mieterhöhung fürchtet und | |
vielerorts vom Konsum erzwingenden öffentlichen Raum ausgeschlossen ist, | |
weil man sich keinen Caffè Latte für 3,50 Euro leisten kann. | |
Die unterschiedlichen Arbeitsentgelte sind die größte Ungerechtigkeit. | |
Warum bekommt jemand in einem Verschleißjob nur einen Bruchteil dessen, was | |
ein intellektuell arbeitender Mensch verdient, der auch jenseits des 65. | |
Lebensjahres noch weitermachen kann? Warum verdient eine | |
Altenpflegehelferin so viel weniger als ein Maschinenbauingenieur, der ein | |
jahrelanges, vom Staat bezahltes Studium genoss, während die Pflegerin | |
schon mit 25 im Schichtdienst schuftete? | |
Für diese Gerechtigkeitsfrage gibt es noch keine politische Sprache, keine | |
politischen Handlungsoptionen. Eine solche Sprache samt | |
Handlungsmöglichkeiten zu finden, das wäre auch eine Aufgabe für den | |
SPD-Kanzlerkandidaten Martin Schulz. | |
2 Mar 2017 | |
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[1] /Armutsbericht-der-Wohlfahrtsverbaende/!5389046 | |
## AUTOREN | |
Barbara Dribbusch | |
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