| # taz.de -- Kommentar Armuts- und Reichtumsbericht: Der unsichtbare Reichtum | |
| > Der Armuts- und Reichtumsbericht erfasst nur die Wenigvermögenden. Die | |
| > reichen Haushalte werden erst gar nicht erfasst. | |
| Bild: Präsentierte am Mittwoch dem Kabinett den jüngsten Armuts- und Reichtum… | |
| Der Armuts- und Reichtumsbericht ist eine Mogelpackung. Denn Reichtum kommt | |
| fast gar nicht vor. Detailliert und zahlengenau wird nur die Armut | |
| beschrieben. Dieses krasse Missverhältnis spiegelt die Datenlage wider: | |
| Über Hartz-IV-Empfänger weiß man alles; bei ihnen ist sogar bekannt, wie | |
| viele Zahnbürsten in ihrem Badezimmer stehen. Aber bei den Reichen fehlen | |
| selbst die wichtigsten Zahlen. Die verfügbaren Vermögensstatistiken sind so | |
| lückenhaft, dass Billionen Euro im Nirwana verschwinden. Niemand weiß, wer | |
| sie besitzt. | |
| Nur ein Beispiel: Eine der wichtigsten Erhebungen in Deutschland ist die | |
| sogenannte „Einkommens- und Verbrauchsstichprobe“ vom Statistischen | |
| Bundesamt. Doch Haushalte mit einem Nettoeinkommen von monatlich mehr als | |
| 18.000 Euro werden nicht befragt. Der schliche Grund: Vermögende neigen | |
| dazu zu lügen, wenn es um ihr Vermögen geht. | |
| Leider ist es keine statistische Petitesse, dass alle Haushalte fehlen, die | |
| auf ein Nettoeinkommen von mehr als 18.000 im Monat kommen. Sie machen zwar | |
| nur maximal ein Prozent der Bevölkerung aus – aber dieses reichste | |
| Hundertstel dürfte bereits ein Drittel des gesamten Volksvermögens | |
| besitzen. Also mehrere Billionen. | |
| Natürlich ist es kein Zufall, dass unbekannt ist, wie reich die Reichen | |
| sind. Die Vermögenden setzen ihre gesamte Lobbymacht ein, um sinnvolle | |
| Erhebungen zu verhindern. Sie verfahren nach dem Motto: „Was der Wähler | |
| nicht weiß, macht ihn nicht heiß.“ Wenn die Daten fehlen, so das Kalkül, | |
| kommt auch keine Debatte darüber auf, wie man Vermögen und Einkommen | |
| gerechter verteilen könnte. | |
| Abhilfe wäre einfach: Würde man eine Vermögenssteuer einführen, wäre sofort | |
| bekannt, wer die fehlenden Billionen besitzt. Genau deswegen wird die | |
| Vermögenssteuer mit aller Macht verhindert – und stets behauptet, dass sich | |
| „der Verwaltungsaufwand nicht lohnen“ würde. Er würde sich lohnen. | |
| Garantiert. | |
| 12 Apr 2017 | |
| ## AUTOREN | |
| Ulrike Herrmann | |
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