# taz.de -- Kommentar CDU/CSU-Attacken auf Schulz: Union ohne Heiland | |
> Der Hype um den SPD-Kanzlerkandidaten offenbart: Die Union hat keine Idee | |
> mehr. Sie ist programmatisch nackt. Ein „Weiter so“ mit Merkel ist zu | |
> wenig. | |
Bild: Bringt die Unionsparteien mächtig ins Schwitzen: Martin Schulz auf dem �… | |
Wenn Wahlkämpfer Wahlkämpfern Wahlkampf vorwerfen, ist das immer amüsant. | |
Zumal wenn die Kontrahenten seit drei Jahren geräuscharm zusammen regieren. | |
Und die Wahl, um die es geht, nicht in sechs Tagen, nicht in sechs Wochen, | |
sondern in sechs Monaten stattfindet. | |
All das ist eine Folge des Schulz-Hypes, der die Union langsam doch nervös | |
macht. Die Zeiten, als die einzige Frage lautete, wer ab Herbst an Merkels | |
Seite mitregieren darf, sind erst einmal vorbei. | |
Weil Schulz, der Retter der SPD, lieber zu einer lange anberaumten Feier | |
der SPD-Fraktion als zum Koalitionsausschuss geht, feuert die Union | |
rhetorisch nun aus allen Rohren: Party statt Politik. Schizo-Schulz. Das | |
wirkt dann doch etwas überzogen. Bemerkenswert ist, dass die | |
Rollenzuordnung zwischen Kanzlerpartei und Juniorpartner auf dem Kopf | |
steht. | |
Normalerweise hat die SPD das unschöne Problem, die richtige Dosis zwischen | |
Attacke und Verbindlichkeit zu finden. 2009 und 2013 suchten die | |
SPD-Kanzlerkandidaten Steinmeier und Steinbrück vergeblich die Antwort auf | |
die Frage, ob sie Merkel richtig unter Beschuss nehmen oder doch lieber | |
nett behandeln sollten. Genutzt hat beides nicht. | |
Ähnlich ratlos schwankt die Union nun zwischen „Wir tun so, als wäre gar | |
nichts passiert“ und hyperventiliert wirkenden Angriffen. Der SPD-Heiland | |
hingegen schwebt in anderen Sphären, fordert Respekt, beschwört | |
Gerechtigkeit und erwähnt die Union kaum mal mit einem Wort. Das kommt der | |
Harmoniesehnsucht des Wahlvolks sehr entgegen. | |
Ja, Umfragen sind flüchtiger Ruhm. Ja, abwarten, wie grantig die SPD wird, | |
wenn mal wieder was mies läuft. Doch die Union leidet nicht nur unter einer | |
Inszenierungsschwäche. Das selbstverständliche Bewusstsein, die Macht | |
gepachtet zu haben, hat einen Riss bekommen und in den Vordergrund gerückt, | |
was zuvor im Halbschatten lag: Die Union hat keine Idee mehr. Sie ist | |
programmatisch nackt. Ein „Weiter so“ mit Merkel ist zu wenig. | |
22 Mar 2017 | |
## AUTOREN | |
Stefan Reinecke | |
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