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# taz.de -- Kommentar „Arbeitslosengeld Q“: Da läuft was schief
> Das eigentliche Problem, das Alter der Arbeitslosen, löst Schulz'
> Vorschlag nicht. Und er ist gegenüber Beziehern von Hartz IV nicht fair.
Bild: Aus der Hartz-IV-Misere befreit auch kein noch so schickes Stirnband
Er geistert seit Jahren durch die Politik – ein Wiedergänger, der angeblich
schuld ist am Niedergang der Sozialdemokraten. Es ist der über 50-jährige
Facharbeiter, der viele Jahrzehnte geackert hat, seinen Job verliert und
nach einem oder anderthalb Jahren auf Arbeitslosengeld I in den
Hartz-IV-Bezug rutscht. Dank der Agenda 2010. Sein Vermögen und das
Einkommen seiner Partnerin muss verbraucht werden. Es ist der Absturz aus
der Mittelschicht.
Diesem Angstbild will SPD-Kanzlerkandidat Martin Schulz mit seinem neuen
Vorschlag begegnen: Wer Arbeitslosengeld I bezieht, der kann [1][zusätzlich
zum Leistungsbezug noch eine zweijährige Qualifizierungsperiode
zwischenschalten] mit dem neuen „Arbeitslosengeld Q“. Das bedeutet, der
Bezug von Arbeitslosengeld I wird gewissermaßen auf bis zu vier Jahre
verlängert.
Der Vorschlag soll die Ängste vor dem Absturz mildern, aber er wirkt ein
bisschen schräg. Denn fehlende Qualifizierung ist ja für die Älteren, die
Arbeitslosengeld I beziehen, also aus einem längeren normalen
sozialversicherungspflichtigen Arbeitsverhältnis kommen, gar nicht so das
Problem, wie Studien belegen. Ihr Problem, warum sie viele Arbeitgeber
nicht neu einstellen wollen, ist das Alter, genauer: das Risiko für
Langzeiterkrankungen, das viele Unternehmen scheuen. Das können
Bildungsmaßnahmen auch nicht ändern.
Als eine gewissermaßen als „Qualifizierung“ getarnte Brücke bis zur
Frühverrentung taugt der neue Vorschlag aber auch nicht. Wer mit 55 Jahren
seinen Job verliert, ist selbst nach mehrjährigem Leistungsbezug noch
einige Jahre von der Rente entfernt, kann den Bezug von Hartz IV samt
Offenlegung von Vermögen und Partnereinkommen also gar nicht vermeiden.
Außerdem wirkt es nicht fair, die Bezieher von Hartz IV, die gesundheitlich
angeknacksten Maurer oder Krankenschwestern, von der neuen
SPD-Gerechtigkeitsoffensive auszuschließen. 570.000 Menschen über 55 sind
in Deutschland arbeitslos, davon sind nur knapp 200.000
Arbeitslosengeld-I-Empfänger.
Man müsste das Angebot also zumindest erweitern und allen arbeitslosen
Älteren Qualifizierung oder öffentlich finanzierte ABM-Stellen anbieten.
Ach, das mit den ABM für Ältere klingt bekannt? Stimmt. Aber auch irgendwie
ehrlicher.
7 Mar 2017
## LINKS
[1] /Aenderungen-der-Agenda-2010/!5386311
## AUTOREN
Barbara Dribbusch
## TAGS
Arbeitslosengeld
Hartz IV
Agenda 2010
Martin Schulz
Martin Schulz
Schwerpunkt Bundestagswahl 2025
Lesestück Recherche und Reportage
Rechtspopulismus
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