# taz.de -- Kommentar SPD, FDP und Hartz IV: Kubicki überholt Schulz | |
> Zu Hartz IV sagt Martin Schulz, der neue Hoffnungsträger der SPD, bislang | |
> nichts. Der FDP-Vize Wolfgang Kubicki hingegen schon. | |
Bild: Sucht den Schlagabtausch mit der SPD: Wolfgang Kubicki | |
Es ist ein altes Prinzip: Sozialdemokratische Spitzenkandidaten müssen gute | |
Redner sein, während CDU-Kanzler wie Kohl und Merkel ohne große rhetorische | |
Fähigkeiten auskamen und auskommen. Psychologen würden sagen, dass | |
SPD-Wähler die Reden brauchen, um die kognitive Dissonanz zwischen dem | |
Wissen um die tatsächliche Politik der Partei und der ewigen Hoffnung auf | |
Besserung zu überbrücken. Deshalb hat Martin Schulz mit seinen eher vagen | |
Ansprachen so großen Erfolg. Zu Hartz IV sagt der neue Hoffnungsträger der | |
SPD: nichts. | |
Ironischerweise wird Schulz schon von Wolfgang Kubicki überholt. Der | |
FDP-Vize forderte am Mittwoch die Erhöhung der Hartz-IV-Sätze dort, wo | |
Menschen „nicht mehr am gesellschaftlichen Leben teilnehmen können“ – | |
beispielsweise für Alleinerziehende. Das ist zwar Taktik angesichts der | |
nahenden Landtagswahlen in Schleswig-Holstein. | |
Und dennoch ist Kubicki mutiger als Schulz: Die Neigung von FDP-wählenden | |
Zahnärzten, für die angebliche soziale Hängematte Hartz IV zu zahlen, | |
dürfte noch geringer sein als die von SPD-wählenden Beamten. | |
Von Schulz’ vager Gerechtigkeitskampagne fühlen sich dagegen inzwischen | |
schon vermögende Erben angesprochen: „Ich habe nichts gegen kleine | |
Millionäre wie mich, die ihr Geld brauchen, um Kinder großzuziehen, sondern | |
gegen milliardenschwere Fondsmanager“, postete kürzlich der Verlegersohn | |
Konstantin Neven DuMont. Und fragte, ob Schulz Ernst machen wird mit | |
seiner „angeblichen sozialen Gerechtigkeit“ oder „das Großkapital weiter… | |
den Takt vorgeben“ werde. | |
DuMont mag leicht verwirrt sein, hat aber recht: Wenn Schulz nicht | |
konkreter wird, könnten Hartz-IV-Empfänger, die mehr Geld wollen, aber | |
Russland nicht lieben, im Herbst versucht sein, ihr Kreuz bei der FDP statt | |
bei Sozialdemokraten oder der Linkspartei zu machen. Und der „kleine | |
Millionär“ DuMont könnte SPD wählen. | |
23 Mar 2017 | |
## AUTOREN | |
Martin Reeh | |
## TAGS | |
Martin Schulz | |
Wolfgang Kubicki | |
Hartz IV | |
Wahlkampf | |
FDP | |
FDP | |
Kanzlerkandidatur | |
Lesestück Meinung und Analyse | |
Arbeitslosengeld | |
Sozialgericht | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
FDP-Vize Wolfgang Kubicki: „Wir brauchen klare Kante“ | |
Am Wochenende trifft sich die FDP zum Parteitag. Wolfgang Kubicki spricht | |
über seine Kandidaturen, die FDP, Armut und Sozialstaat. | |
Chef der Jungen Liberalen über die FDP: „Wir sind die Optimisten“ | |
Der FDP-Nachwuchs trifft sich zum Bundeskongress. JuLi-Chef Konstantin | |
Kuhle über Koalitionsaussagen und Wahlkampffehler. | |
Kommentar Die neue Schulz-SPD: Vom Ich zum Wir | |
Im Kern sagt Schulz das Gleiche wie Gabriel, es klingt aber freundlicher, | |
wärmer, bedeutender. Nicht alle gehören jedoch zum SPD-Wir. | |
Kommentar Familien im Wahlkampf: Was mit Kindern ist immer gut | |
Wie die Parteien versuchen, eine Gruppe zu vereinnahmen, die stets | |
Leidtragende der Realpolitik ist: alleinerziehende Mütter und Väter. | |
Kommentar „Arbeitslosengeld Q“: Da läuft was schief | |
Das eigentliche Problem, das Alter der Arbeitslosen, löst Schulz' Vorschlag | |
nicht. Und er ist gegenüber Beziehern von Hartz IV nicht fair. | |
Kolumne German Angst: Hartz IV, die namenlose Hölle | |
SPD-Kandidat Schulz will ALG I ein bisschen reformieren. Der wahre Skandal | |
ist aber weiterhin das ALG II, auch „Hartz IV“ genannt. |