| # taz.de -- Der Preis der Gülle: Stetes Düngen höhlt den Schein | |
| > Dem Grundwasser droht Gefahr aus den Feldern: Die Überdüngung wird die | |
| > Trinkwasserpreise wachsen lassen – um bis zu 60 Prozent, prognostizieren | |
| > die Verbände | |
| Bild: Wasser erfrischt nur ohne Gülle-Note: Darum werden die Preise steigen | |
| HAMBURG taz | Das Grundwasser wird durch das viele Düngen | |
| landwirtschaftlicher Flächen mehr und mehr verunreinigt. „Es darf aber | |
| nicht sein, dass der Bürger als Wasserkunde am Ende die Kosten tragen muss, | |
| die durch landwirtschaftliche Nutzung entstanden sind“, sagt Michael | |
| Beckereit, Geschäftsführer von Hamburg Wasser und Vizepräsident des | |
| Verbandes kommunaler Unternehmen (VKU). Dieser Dachverband von Stadtwerken, | |
| Zweckverbänden und öffentlichen Versorgungsunternehmen sorgt sich um die | |
| Qualität des norddeutschen Trinkwassers – und um den Preis für sauberes des | |
| Wassers. | |
| Der Wasserpreis könnte für die Kunden um bis zu 60 Prozent steigen, weil | |
| teure Anlagen zur Reinigung des Trinkwassers gebaut werden müssten. Das | |
| befürchtet der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW). | |
| Dadurch könnte die durchschnittliche Jahresrechnung eines | |
| Drei-Personen-Haushaltes von 217 auf 352 Euro steigen, hat der BDEW | |
| errechnet. „Es ist Irrsinn“, sagt Geschäftsführer Martin Weyand: „Wir | |
| zahlen Milliarden Subventionen an die industrielle Landwirtschaft, jetzt | |
| sollen wir auch noch für die Reparatur der Umweltschäden im Wasserwerk | |
| zahlen.“ | |
| Es drohen außerdem Bußgeldzahlungen an die Europäische Union. Denn die hat | |
| Deutschland wegen fortgesetzter Überdüngung und Verunreinigung des | |
| Grundwassers vor dem Europäischen Gerichtshof in Luxemburg verklagt. Rund | |
| ein Drittel der Fläche der Bundesrepublik ist von Überdüngung betroffen, in | |
| Schleswig-Holstein ist es sogar die Hälfte und in Niedersachsen sind es | |
| mehr als 60 Prozent. | |
| Deutschland hätte schon seit Jahren für strengere Maßnahmen gegen die | |
| Verschmutzung sorgen müssen, argumentiert die Kommission: Die | |
| EU-Nitratrichtlinie ist immerhin seit 1991 in Kraft. Umweltschützer und | |
| grüne Politiker wie Schleswig-Holsteins Umwelt- und Agrarminister Robert | |
| Habeck fordern deshalb von der Bundesregierung schon lange eine | |
| „Düngeverordnung ohne Schlupflöcher“. Darauf aber konnte sich die große | |
| Koalition in Berlin bisher sich nicht einigen. Es reichte nur für ein | |
| Reförmchen. | |
| Am vergangenen Donnerstag änderte der Bundestag das Düngegesetz. Auf dieser | |
| Grundlage soll eine neue Düngeverordnung Obergrenzen für die | |
| Stickstoffdüngung in Gebieten mit kritischen Werten festlegen. Zudem sollen | |
| vorgeschriebene Abstände zu Gewässern ausgeweitet werden. Die neue | |
| Düngeverordnung sei ein „ausgewogener Ausgleich“ zwischen Umweltschutz und | |
| den Anforderungen der bäuerlichen Praxis, sagte Maria Flachsbart (CDU), | |
| Staatssekretärin im Bundesagrarministerium. Bei der Kontrolle seien die | |
| Länder gefordert. Das Düngerecht ist künftig stärker regionalisiert – in | |
| kritischen Gebieten gelten strengere Regeln als in anderen. | |
| Niedersachsens Landwirtschaftsminister Christian Meyer (Grüne) begrüßte die | |
| strengeren Düngeregelungen als überfällig. „Nur so kommen wir schwarzen | |
| Schafen auf die Spur, die rücksichtslos die Felder überdüngen und damit die | |
| Gewässer schädigen.“ | |
| Künftig soll ganz präzise erfasst werden, welche Mengen Gülle, Gärreste, | |
| Mist und Kot von landwirtschaftlichen Betrieben abgegeben und genutzt | |
| werden. Großbetriebe mit hohem Viehbestand müssen diese sogenannte | |
| Stoffstrombilanz bereits ab Januar 2018 vorlegen. Alle anderen erst ab | |
| 2023. Eine Ausnahme gilt für kleine Höfe mit wenig Vieh. Meyer geht davon | |
| aus, „dass 30 Prozent der Höfe unterhalb der Bagatellgrenze liegen werden“. | |
| Mehrkosten für das Verbring en ungenutzter Gülle entstünden vor allem für | |
| die großen Viehhaltungsbetriebe. „Ich rechne mit einer Anpassung der | |
| Tierbestände in einigen Regionen“, sagte Meyer. | |
| „Auf mehr als der Hälfte der Landesfläche ist zu viel Nitrat im | |
| Grundwasser“, sagte auch Niedersachsens grüner Umweltminister Stefan | |
| Wenzel. Und der größte Teil des Trinkwassers werde aus Grundwasser | |
| gewonnen. Deshalb müsse der Nitratüberschuss bekämpft werden. | |
| Jedes Jahr werden in Niedersachsen rund 80.000 Tonnen Stickstoff und etwa | |
| 30.000 Tonnen Phosphat zu viel in Böden und Gewässer eingebracht. Noch | |
| bestehe für das Trinkwasser keine Gefahr, sagt Hermann Kukowski, der bei | |
| Hamburg Wasser für die Kooperation mit der Landwirtschaft zuständig ist. In | |
| den tiefen Gundwasserleitern sei keine Nitratbelastung nachweisbar. Auf | |
| längere Sicht, nach einem Jahrzehnt und mehr, sei eine mögliche | |
| Beeinträchtigung aber nicht auszuschließen. Im Fördergebiet von Hamburg | |
| Wasser rundum Hamburg bietet das Unternehmen den Landwirten eine kostenlose | |
| Beratung über Dünger und Pestizide an: „Das hat inzwischen eine hohe | |
| Akzeptanz“, sagt Kukowski. | |
| Weyand vom BDEW aber geht noch einen Schritt weiter. In einem Schreiben an | |
| die EU-Kommission fordert er, an der Klage gegen Deutschland festzuhalten, | |
| weil die Düngemittelreform nicht ausreiche. Und er definiert ein klares | |
| Ziel für sauberes Wasser und saubere Nahrung: „Notwendig ist eine | |
| Verschiebung der Agrarsubventionen weg von der industriellen Landwirtschaft | |
| hin zu einer ökologischen Bewirtschaftung der Agrarflächen.“ | |
| 21 Feb 2017 | |
| ## AUTOREN | |
| Sven-Michael Veit | |
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