| # taz.de -- Norddeutsche Abschiebepolitik: Albig bleibt vernünftig | |
| > Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Torsten Albig hält trotz großer | |
| > Kritik am Abschiebestopp nach Afghanistan fest. Die Grünen in | |
| > Niedersachsen taktieren noch. | |
| Bild: Kein Flug nach Afghanistan: Flüchtlingsaktivisten protestieren mit Theat… | |
| BREMEN, HAMBURG taz | Die Landesregierung von Schleswig-Holstein stellt | |
| sich quer: Während die Bundesregierung zumindest Teile von Afghanistan für | |
| sicher hält, gilt in Schleswig-Holstein bis zum 10. Mai ein dreimonatiger | |
| Abschiebestopp nach Afghanistan – das bekräftigte Ministerpräsident Torsten | |
| Albig (SPD) gestern bei einer aktuellen Stunde im Landtag. | |
| Die Entscheidung begründete Albig mit der dramatischen Sicherheitslage in | |
| dem Land. „Alle außer dem Auswärtigen Amt bewerten die Sicherheitslage in | |
| Afghanistan als schlecht.“ Er sei aus humanitärer Sicht dazu verpflichtet, | |
| den Paragraphen 60a des Aufenthaltsgesetzes anzuwenden. Der legt fest, dass | |
| die oberste Landesbehörde aus völkerrechtlichen oder humanitären Gründen | |
| die Abschiebung für Ausländer aus bestimmten Staaten aussetzen kann. | |
| „In Afghanistan ist nichts sicher“, sagte Albig. Er wolle die nächsten drei | |
| Monate nutzen, um die Bundesregierung vom schleswig-holsteinischen Kurs zu | |
| überzeugen – auch wenn die Zeit knapp sei. Denn einer Verlängerung des | |
| Abschiebestopps müsste Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) | |
| zustimmen. | |
| Kritik an dem Abschiebestopp gab es von der Opposition. „Der | |
| Ministerpräsident hat dem gemeinsamen Ziel, Rückführungen zu beschleunigen | |
| auf der Ministerpräsidentenkonferenz, zugestimmt“, sagte CDU-Fraktionschef | |
| Daniel Günther. Der Abschiebestopp stehe im Widerspruch zu dem | |
| 15-Punkte-Plan von Bund und Ländern. | |
| „Auf der Ministerpräsidentenkonferenz haben Sie sich nicht geäußert und nun | |
| fallen Sie Ihren Kollegen in den Rücken“, kritisierte Günther. Wenn die | |
| Bundesregierung Abschiebungen nach Afghanistan zulasse, dann solle auch | |
| abgeschoben werden. Sonst maße sich Albig an, eine bessere Lagebewertung | |
| vornehmen zu können als die Bundesregierung – und schade damit seiner | |
| eigenen Partei, die das Außenministerium führe, sagte Günther. | |
| „Der Ministerpäsidentenbeschluss ist keine Gesetzesvorlage“, erwiderte die | |
| Fraktionsvorsitzende der Grünen, Eka von Kalben. Selbst die Einschätzungen | |
| des Auswärtigen Amtes zeigten nicht eindeutig, welche Gegenden in | |
| Afghanistan sicher seien. Zudem könne sie nicht verstehen, warum von einem | |
| Überraschungsangriff auf den Bundesinnenminister gesprochen werde. Dieser | |
| habe mehrfach Briefe von Albig bekommen, die die Haltung der | |
| Landesregierung klargestellt hätten. | |
| Auch die Grünen in Niedersachsen sympathisieren mit dem Abschiebestopp in | |
| Schleswig-Holstein. „Aber man muss den Zeitpunkt gut wählen“, sagte die | |
| stellvertretende Fraktionssprecherin Filiz Polat. Denn es sei | |
| unwahrscheinlich, dass de Maizière einer Verlängerung zustimme. Sinnvoller | |
| sei es, zu warten, bis eine größere Zahl von Menschen von Abschiebungen | |
| betroffen sei. „Jetzt ist es noch eine überschaubare Zahl“, sagte Polat. | |
| Aber rund 5.000 Entscheidungen über das Bleiberecht von Afghanen stünden | |
| für Niedersachsen noch aus. | |
| Dennoch schiebt das Land, genau wie Bremen derzeit nur straffällig | |
| gewordene Menschen aus Afghanistan ab. Trotz Abschiebestopp dürfen auch in | |
| Schleswig-Holstein verurteilte Straftäter und Menschen, von denen nach | |
| Ansicht der Behörden eine Gefahr für die Bundesrepublik ausgeht, | |
| abgeschoben werden. FDP-Fraktionschef Wolfgang Kubicki kritisierte, dass | |
| die „Menschenwürde nichts mit Straffälligkeit zu tun“ habe. Dass sogenann… | |
| Gefährder und Straftäter vom Abschiebestopp ausgenommen würden, sei | |
| verfassungsrechtlich nicht akzeptabel. | |
| 22 Feb 2017 | |
| ## AUTOREN | |
| Vanessa Reiber | |
| Andrea Scharpen | |
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