# taz.de -- Kolumne Right Trash: Petry – wie einst Audrey Hepburn | |
> Das rechte Magazin „Compact“ huldigt der AfD-Chefin und naiven | |
> Antifeministinnen. Die finden: Bei den alten Germanen war alles besser. | |
Bild: Ganz eindeutig: Audrey Hepburn kratzt sich am Kopf | |
Selbstbewusst lächelt sie vom Cover. Die mittellangen, blonden Haare sind | |
rechts gescheitelt. Die Augen von Marion Maréchal-Le Pen schauen freundlich | |
und fest. Die Abgeordnete des Front National im französischen Parlament ist | |
für Compact – Magazin für Souveränität eine von „Europas Töchtern gege… | |
Islamisierung“. „Jung. Wild. Patriotisch“, titelt das Magazin um | |
Chefredakteur Jürgen Elsässer auf dem Cover ihrer aktuellen Ausgabe. | |
Das Monatsmagazin hat sich längst zum Organ der sozialen Bewegung von | |
rechts etabliert. Hier schreibt und spricht das Milieu, von der AfD über | |
die Identitäre Bewegung (IB) bis zum neurechten „Institut für | |
Staatspolitik“. | |
Seit 2010 erscheint das Magazin, das auf seiner Webseite versichert: „Für | |
alle die Mut zur Wahrheit haben“ sei Compact „das scharfe Schwert gegen die | |
Propaganda des Imperiums“. Mit ihrem Titelthema will die Redaktion auch | |
gleich den Fakt, dass überwiegend Männer höheren Alters rechtspopulistische | |
Parteien und Bewegungen tragen, als Fake vorführen. | |
„Ein Aufstand alter Männer – so karikiert die Lügenpresse die Wähler von | |
AfD und FPÖ, die Wutbürger in den Straßen von Dresden und anderswo“, | |
wettert Elsässer unter dem Titel „Europas Töchter gegen Allahs Söhne“. D… | |
Magazin erreicht monatlich mehr als 100.000 Leser, „Compact Online“ zählte | |
im Januar 2016 mehr als zwei Millionen Besucher. | |
Elsässer führt in dem Artikel weiter aus: „Doch der Widerstand hat auch | |
eine spezifisch weibliche Seite – inspiriert von einer Italienerin.“ | |
Gemeint sei Oriana Fallaci, die 2006 verstarb, jedoch schon 2002 als | |
„Linke“ frühzeitig vor der „islamischen Gefahr“ gewarnt habe. Zu der | |
weiblichen Widerstandsseite gehört für Elsässer selbstverständlich die | |
Bundessprecherin der AfD, Frauke Petry. Von Petry als „bessere Kanzlerin“ | |
schwärmte er in ganz besonderer Weise bereits in der Märzausgabe | |
vergangenen Jahres: | |
„Am Ende wird es ein Lächeln sein, das den Gegner besiegt – das Lächeln v… | |
Frauke Petry. An diesem 27. Januar ist es ihre schärfste Waffe bei Sandra | |
Maischberger: Ihre Mundwinkel besuchen die Ohren, kräuseln sich am Ende, | |
ihre Augen blitzen schelmisch, ihr Kinn hebt sich mit verhaltener Arroganz | |
– wer denkt da nicht an Audrey Hepburn in Frühstück bei Tiffany?“. Er | |
schwärmt weiter im Vergleich zur Bundeskanzlerin, die er als „Mutti“ | |
bezeichnet: „Im Unterschied zu ‚Mutti‘ hat die 40-Jährige wirklich Kinder | |
(…), ohne dabei ihre frische Jugendlichkeit verloren zu haben.“ | |
Ist das Kleid von Maréchal-Le Pen von Coco Chanel? | |
In die Politik gehen, aber das Frausein und Mutterwerden nicht verlieren, | |
das hebt Alexander Markovics unter dem Titel „Jeanne d'Arc und Marianne“ | |
ebenso hervor: „Mutter und Patriotin“ wird extra fett zwischengetitel und | |
überlegt, ob das Kleid vom Maréchal-Le Pen von Coco Chanel oder | |
Dolce&Gabbana sei: „Man könnte meinen, sie sei ein Model“, schwärmt | |
Markovics. | |
Der Vorsitzende der IB in Wien hebt zudem ihre Radikalität hervor: „Kein | |
Politiker in diesem Teil der Welt hält Reden von vergleichbarer Schärfe – | |
auch nicht Frauke Petry“, führt er aus und greift eine Rede von Maréchal-Le | |
Pen auf: “'Wenn wir nicht den Islamismus töten, wird der Islamismus uns | |
töten“, gibt er sie wieder. | |
„Wenn euch ein Feind den Krieg erklärt, dann könnt Ihr unmöglich neutral | |
bleiben“, diejenigen, die sich für das „Nichtstun oder für das Schweigen�… | |
entschieden hätten, seien „Komplizen unserer Feinde“, hetzt Maréchal-Le | |
Pen. Diese „Kampfansage“ gefällt Markovics, der gleich von der „heißkal… | |
Französin“ spricht. Ohne Anspielungen auf das Geschlecht und das Aussehen | |
geht es nicht in diesem Magazin, in dessen Februarausgabe fast nur Männer | |
schreiben. | |
Im Interview mit drei Frauen der „Mädels der Identitären Bewegung“ startet | |
Marc Dassen, der das Gespräch führt, entzückt: „Sie hauen einen um: | |
intelligent, eloquent, herzlich – und traditionsbewusst aus Überzeugung! | |
Starke Frauen hat das Land – Gott sei dank!“ | |
Er fragt, ob sie nicht die „wahren Feministinnen“ seien, da sie „die | |
weibliche Identität betonen?“ Eine „Nadja“ antworte knapp: „Mit Femini… | |
kann ich nix anfangen, ich bin eher ein Freund des Common Sense. Sicher | |
unterlaufen die Frauen der IB den Genderdiskurs – sie leben unbeeindruckt | |
von dem Quatsch“. | |
Ausführlich antwortet Lisa: „Im Grunde sind wir die wahren Frauenrechtler, | |
weil wir im Hier und Jetzt an der Verbesserung der Lebensumstände von | |
Frauen arbeiten und nicht an Männerhass, Sprachkontrolle und Umdefinierung | |
von Problemen interessiert sind. Wir wollen eine solidarische Gemeinschaft, | |
keinen Geschlechterkampf“. | |
„Spartas starke Töchter“ versichern keine „Heimchen-am-Herd-Typen“ zu … | |
das sei eine der „größten Lügen unserer politischen Gegner“. Wer diesen | |
Vorwurf erhoben hat, bleibt unerwähnt, ebenso, welche „Rechte von Frauen“ | |
sie genau erweitern wollen. | |
Respekt vor Alice Schwarzer | |
Nadja betont indes: „Aber ich finde es gut, wenn sich Frauen auch | |
hauptsächlich ihren Kindern widmen. Wer will schon Kinder, um sie dann in | |
die Krippe oder Kita zu strecken?“ Welche weiblichen Vorbilder sie habe, | |
möchte Dassen wissen: „Germaninnen oder Spartanerinnen. Das sind starke | |
Frauen, die ihre Weiblichkeit nicht einbüßen“, sagt Lisa, die auch meint, | |
das Alice Schwarzer „ihren Respekt“ habe, nachdem sie als einzige der | |
„etablierten Feministen“ wagte, nach der Silvesternacht 2015 die | |
„ethnokulturelle Dimension“ auszusprechen. Den verschärften Ton von | |
Schwarzer zur „falschen Toleranz'“ und gegenüber den „islamisierten jung… | |
Männern“ würdigt Dassen in einem weiteren Beitrag äußert erfreut. | |
Zusammenfassend lässt sich sagen: Die Rechte von Frauen werden hier allein | |
in der Kritik am Islamismus stark betont. Seit der Kölner Silvesternacht | |
2016 ist das ein Dauerthema des rechten Spektrums. Dort waren Frauenrechte | |
nie das Ziel, sondern lediglich Mittel zum Zweck – für ihre Hetze gegen | |
Muslime. | |
Eine von „Europas Töchtern“ erwähnt Elsässer in der Februarausgabe nur | |
kurz: Ellen Kositza, eine der wenigen kontinuierlich publizierenden Frauen | |
der Neuen Rechten. In der Januarausgabe kommt sie aber im Dossier „Freiburg | |
ist überall – Die Blutspur muslimischer Vergewaltiger“ ausführlich zu Wor… | |
Bemüht pointiert, bemüht provokant spricht sie mit Elsässer über das | |
„Versagen des Feminismus“ und des „Weglügens des muslimischen Frauenhass… | |
durch die Medien“. Der Anlass für das Interview ist die neueste | |
Publikation: „Die Einzelfalle – Warum der Feminismus ständig die | |
Straßenseite wechselt“, erschienen im Antaios Verlag, den ihr Mann Götz | |
Kubitschek leitet. | |
In dem schmalen Band schreibt sie: „Fest steht, dass sich der arabisch und | |
der nordafrikanische Mann (…) nicht so leicht ans Halsband nehmen lassen | |
wird und den genderpädagogischen Gefühlsschlingen geschickter aus dem Weg | |
geht.“ Der Feminismus habe die Frauen auf diese Situation nicht | |
vorbereitet. Im Interview siezen sich Elsässer und Kositza, wie auch ihr | |
Mann Götz Kubitschek privat seine Frau Ellen Kositza siezt. | |
Nicht nur einer der führenden Köpfe der Identitären, Martin Sellner, hat | |
eine Kolumne in dem Magazin. Längst arbeitet Compact eng mit dem Antaios | |
Verlag zusammen. Regelmäßig werden Auszüge von Büchern des Verlagsprogramms | |
abgedruckt und beworben. | |
Nur der muslimische Mann sei gefährlich | |
Im Gespräch poltert Kositza weiter gegen den Feminismus: „Der Neofeminismus | |
– größtenteils von Mädels getragen, die sich vor allem mit einer großen | |
Klappe profilieren, aber nichts Wirkliches aufgebaut haben – leben in einer | |
Filterblase ohne Kontakt zum ‚Bodenpersonal‘“. So sehr sie die Übergriffe | |
und Bedrohung von muslimischen Männer angehe, so sehr lehne sie neue | |
Gesetzt des Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) ab: | |
„Ach je! Diese Leute sind nicht imstande oder nicht willens, die äußeren | |
Grenzen zu sichern, darum infiltrieren sie jetzt die Schlafzimmer von Herrn | |
Müller und Frau Schmidt .... Das Gesetz über ‚Vergewaltigung in der Ehe‘ | |
(…) war bereits ein Paragraph, mittels dessen höchstrichterlich über intime | |
Zustände befunden wurde. ‚Nein heißt Nein‘ ist lächerlich und ein reines | |
Einfallstor für private Schlammschlachten“ sagt Kositza, die Germanistik | |
und Philosophie studierte. | |
Sie schiebt nach: „Krass gesagt, beruht ein Gutteil der erotischen | |
abendländischen Geschichte auf ein gehauchtes: ‚Oh Nein…!‘. Wer will das | |
‚Nein‘ oder das ‚Jein‘ überhaupt nachweisen? Es ekelt mich direkt an. … | |
gesamte Erotik auf verbriefte und vertraglich abgesicherte Jas und Neins | |
festzulegen hieße, sie auf Eis zu legen. Also bitte!“, spitzt sie zu. Nicht | |
ohne zu erwähnen, siebenfache Mutter und „strikt antifeministisch“ zu sein. | |
Diese Töne verwundern Kristin Harney vom Zentrum Demokratische Kultur | |
nicht, wo sie das Projekt „Frauen im Rechtsextremismus“ leitete. „In dies… | |
Szenen wird der Feminismus als Angriff auf die vermeintlich heterogene | |
Normativität verstanden, der das starre Rollenverständnis – und bild | |
hinterfragt“. Das Verlassen dieser Rollen wird bei Männern gleich als | |
Verweiblichung und bei Frauen als Vermännlichung abgewehrt. Sexuelle | |
Gewalt, hebt sie hervor, wird auf das vermeintlich Fremde verschoben. | |
10 Feb 2017 | |
## AUTOREN | |
Andreas Speit | |
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