| # taz.de -- Kolumne Right Trash: Dieser Hass macht krank | |
| > Wie ist es so, wenn man nur „Junge Freiheit“ und „Breitbart“ liest �… | |
| > selbst Klatsch und Tratsch daher bezieht? Ein Selbstversuch. | |
| Bild: Im Internet ist ganz viel Platz für Hass | |
| Morgens um acht Uhr scannt Steffen Z. das erste mal seine | |
| Facebook-Timeline. Er trinkt einen Schluck Kaffee, beißt in sein | |
| Marmeladenbrot und liest die Überschrift „Am Internationalen Frauentag lebt | |
| die DDR bei uns fort“. Es ist ein Artikel des rechten Onlinemagazins Tichys | |
| Einblick, die These lautet zusammengefasst: „In dieser Gesellschaft zählt | |
| die Frau nur mit Ganztagsjob als Mensch – lasst sie doch endlich wieder | |
| kochen und drei Kinder zeugen“. | |
| Steffen klickt auf „Gefällt mir“ und scrollt weiter: Ein Artikel des | |
| russischen Propaganda-Nachrichtenprotals Sputnik über das gar nicht mehr so | |
| rosige Verhältnis zwischen Putin und Trump, ein Kommentar der [1][rechten | |
| Tageszeitung Junge Freiheit], der den inhaftierten Welt-Journalisten Deniz | |
| Yücel als „vor allem in den linksradikalen deutschen Selbsthaß Marke taz“ | |
| gut integriert verortet. | |
| Steffen Z. heißt in Wahrheit nicht Steffen Z. Eigentlich heißt er gar | |
| nicht, und er sitzt auch an keinem Frühstückstisch. Denn Steffen Z. ist | |
| nichts weiter als ein Fake-Facebookaccount. Die taz hat ihn für ihre | |
| Kolumne „Right Trash“ angelegt. [2][Seit ein paar Wochen schreiben wir | |
| darüber], wie es so ist, wenn man seine Nachrichten vor allem aus der | |
| rechten Filterbubble bezieht. Heute schlüpfen wir in die Rolle des Neonazis | |
| Steffen Z., der auf Facebook anders heißt, aber in diesem Text eine zweite | |
| falsche Identität zum Schutz seiner ersten bekommt. Wir gießen Kaffee nach | |
| und widmen uns wieder Facebook. | |
| Es ist der 8. März, der Internationale Frauentag. Während draußen auf den | |
| Straßen Berlins die letzten Vorbereitungen für die verschiedenen | |
| feministischen Demonstrationen am Abend laufen, liest Steffen Z. in einem | |
| Artikel, was es mit diesen Feminist_innen wirklich auf sich hat: „Der | |
| Feminismus verrät die Frauen“ heißt es in einem Artikel des [3][rechten | |
| Contra Magazin aus Wien]. Warum? Weil sie angeblich tatenlos zusehen, wie | |
| „Migranten die Vergewaltigungen an Frauen in West-Ländern umsetzen“. Der | |
| Artikel wurde Steffen Z. von einem Facebook-Account namens „Lügenpresse“ in | |
| die Timeline gespült. | |
| ## Mit Kreuzen gegen Moscheen | |
| Es ist ein immer und immer wiederkehrendes Narrativ der Rechten: „Die | |
| Ausländer“ vergewaltigen „unsere“ deutschen Frauen – und die | |
| „Genderwahnsinn“-Feminist_innen stehen daneben und klatschen. Es ist dieser | |
| seltsame Moment, in dem sich rechte Reaktionäre, die Frauen am liebsten am | |
| Herd sähen, deren Gleichberechtigung auf die Fahnen schreiben. Weil man | |
| damit gerade [4][so gut seinem Rassismus frönen kann]. Steffen Z. klickt | |
| auf „Gefällt mir“. Und weil er es ernst meint mit seiner Sorge um die | |
| Frauen, hinterlässt er auch noch ein „Gefällt mir“ bei einem der | |
| Kommentare: „Kranke Drecks Votzen“. | |
| Beim scrollen durch die Nachrichten zieht Steffen Z. die Augenbrauen | |
| zusammen. Die „engagierte Bürgergruppe Erfurt“ hat ein zehn Meter hohes | |
| Holzkreuz aufgestellt – auf einem Grundstück, auf dem ein Moscheebau | |
| geplant ist. „Kreuzzüge, Hakenkreuze oder Ku-Klux-Klan – die | |
| Traditionslinien sind erkennbar. Mit Glauben und Religion hat das nichts zu | |
| tun! #Rassismus“, [5][twittert daraufhin der Thüringer Ministerpräsident | |
| Bodo Ramelow (Die Linke)]. Das erfährt Steffen Z. aus einem Artikel auf dem | |
| rechten Blog Journalistenwatch. | |
| Der Bericht endet mit den Worten: „Vaterunser, der Du bist im Himmel, | |
| schicke Herrn Ramelow bitte in die Hölle!!!“ In der Kommentarspalte unter | |
| dem von Pegida geposteten Text sammelt sich der rassistische Mob. Alles ist | |
| dabei: Das drängende Flehen, Björn Höcke möge doch die Regierung übernehmen | |
| ebenso wie hasserfüllte Aufrufe, das Gelände mit Schweinegülle zu tränken. | |
| Steffen Z. nickt zustimmend vor seinem Bildschirm. | |
| ## Ewige Selbstvergewisserung | |
| Doch Steffen Z. mag auch Vermischtes. Er lächelt schadenfroh in sich | |
| hinein, als er eine Meldung der US-amerikanischen ultrarechten | |
| Nachrichtenseite Breitbart liest. Es geht um Ivanka Trumps Modelinie, die | |
| laut Bericht Rekordverkäufe verzeichnet – „Ivanka lacht zuletzt“, verkü… | |
| der Post. All diesen gemeinen [6][Lügenpresse-Trump-Hasser_innen zum | |
| Trotz]. Wer braucht schon Brigitte und Bild – auch die ganz rechten Medien | |
| können Klatsch, Tratsch und Boulevard. | |
| Inzwischen ist es 16 Uhr. Steffen K. könnte ewig so weitermachen. So, wie | |
| es zu viele Menschen täglich tun: Er könnte sich weiter durch eine Blase | |
| rechter Blogs und Medien bewegen, die Nachrichten selektiv auswählen und es | |
| schaffen, jede Nachricht in eine rassistische und/oder sexistische Richtung | |
| zu drehen – sogar Themen wie den Internationalen Frauentag. Er könnte sich | |
| weiter selbst vergewissern, dass an allem Elend dieser Welt diese | |
| linksgrün-versifften Ausländer/Frauen/Migranten/Passendes-bitte-einsetzen | |
| Schuld sind. Alle, die dagegenhalten, sind doch nur Lügenpresse. | |
| Mir reicht es jetzt. Dieser Hass macht krank. Ich melde Steffen Z. ab. In | |
| meinem eignen Profil leuchtet mir ein Post entgegen: „Jeden Tag ist | |
| Frauentag“. | |
| 10 Mar 2017 | |
| ## LINKS | |
| [1] https://correctiv.org/recherchen/neue-rechte/artikel/2016/12/27/medien-jung… | |
| [2] /!t5381482/ | |
| [3] https://www.facebook.com/dubiosequellen/posts/449751748508576 | |
| [4] /!5268113/ | |
| [5] https://twitter.com/bodoramelow/status/838686426707423235 | |
| [6] http://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/trump-beraterin-conway-macht-werbung-… | |
| ## AUTOREN | |
| Dinah Riese | |
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