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# taz.de -- Kolumne Minority Report: Der „kriminelle Ausländer“ ist zurück
> Das „FAZ“-Wochenmagazin titelt reißerisch mit bedrohlich aussehenden
> Migranten. Es appelliert damit an schichtenübergreifende Ängste.
Bild: Hätte auch ein Gangsta-Rap-Cover sein können: bedrohliche Gesten auf de…
Er ist zurück. Verstecken Sie Ihre Parfümfläschchen. Schließen Sie Ihre
Türen ab, oder mobben Sie sich zusammen auf den Kirchplatz. Er kommt mit
Basi und im Hoodie und mit Einbrecherbeanie und mit roten Farbsprengseln
(so Graffiti-Styles). Sie dachten, er wäre ein Phänomen der Neunziger, ha,
aber da haben Sie sich geirrt. Er war immer da, nur tauchte er unter
wechselnden Pseudonymen ab. Jetzt ist er so was von back, und zwar unter
Klarnamen: der Ausländer!
Wer einen „wöchentlichen Wissensvorsprung“ hat, der wusste von seiner
Rückkehr schon am Freitag. Da erschien nämlich die Frankfurter Allgemeine
Woche, das Magazin, das „kompaktes Wissen für kluge Köpfe“ verspricht. Und
kluge Köpfe lieben neben ihrem sonntäglichen „Tatort“-Ritual, lerne ich,
vor allem eins: reißerische Titelseiten. Und so prangt von der aktuellen
Woche die Zeile: „TATORT DEUTSCHLAND. Wie kriminell sind Ausländer?“
Dass die Frage eine rhetorische ist, macht die unmissverständliche Illu
klar (die übrigens in ihrer Machart vor fünfzehn Jahren auch das Cover
eines mittelmäßigen Gangsta-Rap-Albums hätte zieren können): Drei junge
Männer, schwarz gekleidet, posieren mit bedrohlichen Gesten und einem
Sportgerät, das sich auch als Waffe einsetzen ließe. Unter ihren Kapuzen
(die auch in den USA längst als Merkmal von Intensivstraftätern
sanktioniert werden, warum also nicht auch hier?) sind die Gesichter kaum
zu erkennen. Deutlich sind nur ein sauber getrimmter Short-Boxed-Bart und
dunkle buschige Augenbrauen. Sie ahnen es: So sieht kein Moritz aus.
In der dazugehörigen Geschichte geht es um die soeben veröffentlichte
Kriminalstatistik, laut der im Jahr 2016 die Gewaltkriminalität stieg und
jeder dritte Tatverdächtige kein Deutscher war. Während dieser Text sich
jedoch wenigstens – wenn auch nur peinlich zurückhaltend – darum bemüht,
die Kategorie „nichtdeutsch“ zu hinterfragen und Erklärsätze für kluge
Köpfe liefert wie: „Wenn Max von Moritz verprügelt wird, dann liegt die
Anzeigequote bei 13 Prozent, wird Max aber von Mehmet verprügelt, steigt
sie auf über 27 Prozent“ – der Titel will eindeutig das Gegenteil.
## Das Wort „Ausländer“ ist wieder en vogue
Er will keine Differenzierungen, sondern ein leicht zu identifizierendes
Täterprofil. Einen griffigen Namen, so wie damals in Lichtenhagen: den
Ausländer. Dass die Existenz dieses Spiegel-Abklatsches (haben die
denselben Layouter?) bis zu diesem Titel völlig an mir vorbeigegangen ist,
zeigt vielleicht, wie nötig die Woche eine Auflagensteigerung hat. Eine
Schnellrecherche ergibt, dass das Heft schon seit einem Jahr erscheint und
quasi dieselben Inhalte wie FAZ und FAS bietet: funktionales Wohlfühldesign
aus England, Rückkehr der Überschallflieger.
Aber wie erreicht man neue Leute mit dem same old shit? Ganz einfach, man
macht es wie die AfD: an schichtenübergreifende Ängste appellieren. Oder
wie der Spiegel-Titel vor zehn Jahren: „Migration der Gewalt. Junge Männer:
Die gefährlichste Spezies der Welt“. Ja, da war das Wort „Ausländer“ ni…
mehr so en vogue. Aber Sie wissen ja, wie das mit der Mode ist: Sie rotiert
in Zyklen und erzählt die alten Zeiten in neuen Farben nach.
9 May 2017
## AUTOREN
Fatma Aydemir
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