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# taz.de -- Zwei Wochen mit US-Präsident Trump: Darf er jetzt machen, was er w…
> Er meint es ernst: Trump ist dabei, die USA in einen autoritären Staat zu
> verwandeln. Wie groß ist seine Macht wirklich?
Bild: Donald Trump, nachdem er mal wieder ein Dekret unterzeichnet hat
Die ersten zwei Wochen der Präsidentschaft Donald Trumps haben eines
klargestellt: Jede Hoffnung darauf, dass er sich oder seine politischen
Vorstellungen ändern würde, wenn er erst einmal im Weißen Haus säße, war
unberechtigt. Seine Dekrete wie zuvor schon seine Kabinettsnominierungen
zeigen, dass er sehr ernst gemeint hat, was er im Wahlkampf sagte: vom Bau
der Mauer an der Grenze zu Mexiko über den Einreisestopp für Muslime, vom
Losbrechen von Handelskriegen bis zur Schwächung internationaler
Organisationen, von der Abschaffung von Umweltregulierungen bis zur
Wiedereinführung der CIA-Folterprogramme.
Gerade am Donnerstag hat Trump als CIA-Vizechefin Gina Haspel nominiert –
eine Schlüsselfigur bei den Folterungen in den geheimen CIA-Gefängnissen zu
Zeiten George W. Bushs.
Wer sich ihm entgegenstellt, wird entweder öffentlich bloßgestellt wie der
demokratische Minderheitsführer im Senat, Chuck Schumer, oder die beiden
republikanischen Senatoren John McCain und Lindsay Graham.
Oder er wird entlassen wie die kommissarische Generalstaatsanwältin Sally
Yates, die sich weigerte, Trumps Einreiseverbote vor Gericht zu
verteidigen. Oder medial ausgegrenzt wie der Sender CNN, der keine
Studiogäste aus der Regierung mehr bekommt. Oder auf Twitter beschimpft wie
die New York Times und die Washington Post,denen Trump attestiert, sie
brächten „Fake News“, seien also unehrlich.
Oder er wird mit Finanzentzug bedroht wie die „Sanctuary Cities“, jene
Städte und Landkreise, die sich weigern, papierlose Bewohner zu
deportieren. Ähnliches steht vielleicht der Universität von Berkeley bevor,
die nach Studentenprotesten den Auftritt des rechtsextremen Publizisten
Milo Yiannopoulos abgesagt hatte. Trump drohte der Universität daraufhin,
ihr die Bundesmittel zu entziehen.
Trump exekutiert nach und nach die Pläne seines rechtsradikalen
Chefstrategen Stephen Bannon. Der hatte schon vor Jahren, in seiner
früheren Tätigkeit als Chef der rechten Medienplattform Breitbart News,
erklärt, sein Ziel sei die vollständige Zerstörung des Systems. Bannons
Aufstieg ist so, als säße in Deutschland der völkische Publizist Jürgen
Elsässer als Staatsminister im Kanzleramt.
## Umbau zum autoritären Staat
Die Ambitionen Bannons gehen weit darüber hinaus, eine vier- oder
achtjährige Präsidentschaft mitzugestalten. Was die Welt in Echtzeit
erlebt, ist der Umbau der Vereinigten Staaten in einen autoritären Staat.
Darin steht der Narzisst und Selbstbereicherer Trump als Alleinherrscher
in einem System von Opportunisten, Profiteuren, Duckmäusern und
Kaltgestellten an der Spitze, umgeben von ideologischen Einflüsterern.
Die Gewaltenteilung, das System von Checks and Balances, das so lange
funktioniert hat, um genau das zu verhindern, steht vor dem Kollaps – weil
diejenigen, die Rückgrat zeigen müssten, den eigenen Vorteil über die
Verteidigung demokratischer Prinzipien stellen.
Ein demokratisches System der Checks and Balances zerfällt, wenn die
Mehrheitspartei bereit ist, alle Konventionen, alle geschriebenen oder
ungeschriebenen Regeln über den Haufen zu werfen. Wenn sie die
Wertschätzung einer Opposition als wichtigen Bestandteil der Demokratie
eintauscht gegen ein Weltbild vom Kampf gegen Feinde mit dem Ziel ihrer
Zerstörung.
Mit wenigen Ausnahmen haben die Republikaner im Kongress beinahe während
des gesamten Wahlkampfs mit Trump gehadert. Jetzt scheinen sie überwältigt
von der Chance, die sich ihnen bietet: Zum ersten Mal seit Jahrzehnten
kontrollieren sie beide Kammern des Kongresses und das Weiße Haus. Da kann
man auch mal über Trumps Mangel an politischem und menschlichem Anstand,
der in der Geschichte aller US-Präsidenten beispiellos ist, hinwegsehen.
Und: Solange Trump nicht eindeutig gescheitert ist, scheint es, um eine
Chance auf Wiederwahl zu haben, besser, sich mit ihm gut zu stellen.
## Wild und inkompetent
Beispiel Senat. Mit dem konservativen Senator Jeff Sessions aus Alabama hat
Trump einen Mann als Justizminister nominiert, der in seiner gesamten
politischen Vergangenheit dafür stand, Regeln und Anstand zugunsten eines
konservativ-reaktionären Kampfs hintanzustellen. Selbst unter seinen
konservativen Senatskollegen nahm er oft eine radikale Minderheitsposition
ein.
Diese Woche, bei der Abschlussrunde im Justizausschuss des Senats, als es
um Sessions’ Bestätigung ging, zeigten alle demokratischen
Senator_innen sehr detailliert auf, warum Sessions vollkommen ungeeignet
ist, als unabhängig agierender Staatsanwalt auch gegenüber der Regierung
auf die Einhaltung der Gesetze zu pochen.
Ihre republikanischen Kollegen gingen auf keinen der Punkte ein, erklärten
nur einer nach dem anderen, sie würden Sessions schon lange kennen, der sei
schon gut. Noch ist Sessions nicht bestätigt, aber so wie es aussieht, wird
er wohl durchgehen – wie bislang alle von Trumps Kandidaten, so wild und
inkompetent die Nominierten auch waren.
Ergo: Auf die Legislative ist beim „Einhegen“ Trumps nicht zu zählen.
Bleiben die Gerichte, allen voran der Oberste Gerichtshof. Gerade hat Trump
seinen Kandidaten benannt: den konservativen Bundesrichter Neil Gorsuch.
Die Demokraten werden im Senat einen heftigen Kampf inszenieren, aber am
Schluss wird Gorsuch bestätigt werden, falls nicht noch unglaubliche
Skandale aus seiner Vergangenheit auftauchen.
## Feuchter Traum der Republikaner
In Trumps Amtszeit womöglich bis zu drei konservative Richter in den
Supreme Court schicken zu können ist ein feuchter Traum der Republikaner.
Damit hätte der Gerichtshof eine solide konservative Mehrheit auf
Jahrzehnte hinaus – dass er einem autoritären Durchmarsch ausreichend
entgegenträte, ist dann zumindest ungewiss.
Letztlich werden zwei Faktoren darüber entscheiden, ob Trump mit echtem
Widerstand zu rechnen hat. Einerseits die Frage, ob er sein Versprechen, in
den USA Jobs zu schaffen und alte Industrien zu neuem Leben zu erwecken,
einlösen kann. Dafür spricht zwar nichts – aber seine Fähigkeit, jedes
Dutzend erhaltener Arbeitsplätze zu Recht oder nicht sofort als großen
persönlichen Erfolg zu feiern, könnte zur Wiederwahl reichen, wenn er die
Wirtschaft nicht bis 2020 durch seinen Protektionismus vollkommen in den
Ruin getrieben hat.
In diesem Fall käme der zweite Faktor ins Spiel: Wenn sich immer mehr große
Konzerne – wie bislang Facebook, Starbucks und andere – gegen Trump
stellen, wird die Luft dann doch dünn für ihn. Aber das sind Spekulationen,
die auf eine noch recht weit entfernte Zukunft abzielen.
## Reif für die Übernahme
Kurzfristig bleibt ein Problem: Alle Instanzen und Berufsgruppen, die
Trump effektiv etwas entgegensetzen könnten, sind in den Augen von
Trump-Wählern, ja sogar einer Mehrheit der US-Amerikaner, überaus
unpopulär: Nur 19 Prozent der US-Amerikaner haben ein positives Bild vom
Kongress. Den Medien vertrauen laut einer Gallup-Umfrage von September
letzten Jahres gerade mal 32 Prozent der US-Bevölkerung.
Anwälte sind schon seit vielen Jahren eine der meistgehassten
Berufsgruppen; ihr Ansehen ist ungefähr genauso gut wie das des Kongresses.
Und gegen internationale Organisationen, namentlich die UNO, hetzt Trump
seit geraumer Zeit so heftig, dass jede Kritik von außen zumindest an
seinen treuen Anhängern folgenlos abperlt.
Trump erntet, was Bannon, aber auch die Tea Party oder die Koch-Brüder als
Großfinanziers der konservativen Bewegung seit vielen Jahren gesät haben:
Es gibt noch die Institutionen, aber es gibt keinen stabilen demokratischen
Kern mehr, der die USA zusammenhält. Das System ist reif für die Übernahme.
3 Feb 2017
## AUTOREN
Bernd Pickert
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