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# taz.de -- Kommentar Trump-Cover des „Spiegel“: Die Titelbild-Eskalation
> Nicht nur die Freiheitsstatue, auch der „Spiegel“ hat seinen Kopf
> verloren. Das aktuelle Schocker-Foto lässt kaum Spielraum für die
> Zukunft.
Bild: Bei Demonstrationen in den USA (hier: Denver) kam das Spiegel-Cover auch …
Blut kleckert in heißen Tropfen von Hals und Schlachtermesser. Donald Trump
hat soeben der Freiheitsstatue den Kopf abgeschnitten. Daneben prangt:
„America First“. Ein Schocker! „Bemerkenswert“ und „atemberaubend“ …
aktuelle Spiegel-Cover, [1][lobt die Washington Post]. Schon am Samstag
trugen Demonstrierende Schilder mit dem Motiv [2][auf einer LGBT-Kundgebung
in New York City].
Doch die Meinungen gehen auseinander: Gerade aus Deutschland kommt vor
allem Kritik am Spiegel-Cover. Der EU-Parlaments-Vizepräsidenten Alexander
Graf Lambsdorff (FDP) nannte das Cover laut Bild-Zeitung „geschmacklos.“
Der CDU-Außenpolitiker Karl-Georg-Wellmann riet in dem Blatt: „Ich rate
allen, etwas runter zu kommen.“ [3][Die Welt moniert] „hyperventilierenden
Anti-Trump-Journalismus“ und beklagt, das Cover entwerte den Journalismus
insgesamt. Und [4][die FAZ warnt]: Wer eine Gleichung Trump gleich Terror
aufmache, habe sein Pulver als Trump-Kritiker früh und vollständig
verschossen.
Gestaltet hat die Titelseite der aus Kuba stammende Künstler Edel
Rodriguez, der 1980 als politischer Flüchtling in die USA gekommen war.
[5][In der Washington Post spricht er] mit Blick auf den von Trump
verhängten Einreisestopp für Menschen aus sieben islamischen Ländern von
einer „Enthauptung der Demokratie, Enthauptung eines heiligen Symbols“.
Spiegel-Chefredakteur Klaus Brinkbäumer stimmt zu. „Auf unserem Titelbild
enthauptet der amerikanische Präsident jenes Symbol, das seit 1886
Migranten und Flüchtlinge in den USA willkommen heißt, und damit Demokratie
und Freiheit“, sagt er der dpa.
Was das Titelbild noch meint, ohne es zu zeigen, ist offensichtlich: Allzu
deutlich erinnert die Trump-Darstellung an die Enthauptungen durch die
Terrormiliz „Islamischer Staat“ (IS). Brinkbäumer will das nicht
kommentieren – Karikaturist Rodriguez schon. Natürlich sei das ein Verweis
auf die Terrororganisation IS. „Beides sind Extremisten, also vergleiche
ich sie einfach mal“, zitiert die Washington Post Rodriguez.
Eine Karikatur muss überspitzen, klar. Aber taugt eine Gleichsetzung von
Donald Trump und dem „Islamischen Staat“? Erinnern wir uns: Donald Trump
lässt zwar weiter Drohnen bomben, will die USA mit physischen Grenzen und
Zöllen abschotten, verhängt ein schändliches Einreiseverbot. Aber das
Köpfeabschneiden ist eine Domäne des IS.
Bisher, könnten Kritiker sagen – aber genau das ist der Punkt: Wie will der
Spiegel aufmachen, wenn Trump und Bannon die Lage in den USA weiter
eskalieren? Wenn (möglicherweise nach einem Anschlag) Muslime registriert,
Moscheen geschlossen werden? Wenn Zeitungen verboten, Journalisten
eingesperrt werden? Wenn Lesben und Schwule gegängelt werden? Was will der
Spiegel der Freiheitsstatue dann abschneiden? Ihren Kopf verloren hat sie
ja schon – und der Spiegel seinen offensichtlich auch.
Wie man es besser macht, zeigt die US-Zeitschrift New Yorker: [6][Auf dem
Cover der kommenden Ausgabe] ist die verlöschende Fackel der
Freiheitsstatue. Die Aussage ist ähnlich, aber weniger martialisch. Und sie
personalisiert das Problem nicht, sondern hebt es auf ein breiteres Level:
Dass so ein irrlichternder Milliardär überhaupt erst demokratisch ins Amt
gewählt werden konnte, hat Gründe, die sich zwar an der Person Trump
festmachen lassen – die aber wesentlich tiefer reichen. Nicht (nur) Trump
ist das Problem, es sind die Bedingungen, die Trump ermöglicht haben.
5 Feb 2017
## LINKS
[1] https://twitter.com/washingtonpost/status/827608108922970119
[2] https://twitter.com/edelstudio/status/828108687763972098
[3] https://www.welt.de/politik/ausland/article161803798/Dieses-Spiegel-Cover-e…
[4] http://www.faz.net/aktuell/feuilleton/medien/spiegel-cover-zu-trump-der-pra…
[5] http://www.washingtontimes.com/news/2017/feb/3/trump-beheads-lady-liberty-n…
[6] http://www.newyorker.com/culture/culture-desk/cover-story-2017-02-13
## AUTOREN
Malte Göbel
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