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# taz.de -- NRW streitet um Fall Amri: Wurde Berlin-Attentäter unterschätzt?
> Haben die Behörden die Terrorgefahr von Anis Amri unterschätzt? Die
> Opposition beklagt Fehler und Ungereimtheiten.
Bild: Ralf Jäger bleibt dabei: Abschiebehaft für Anis Amri wäre nicht mögli…
Düsseldorf dpa | NRW-Innenminister Ralf Jäger (SPD) hat [1][im Terrorfall
Anis Amri] Vorwürfe zurückgewiesen, die Behörden hätten [2][die
Gefährlichkeit des Tunesiers unterschätzt]. Diese „krude Theorie“ sei
ebenso unzutreffend wie die Behauptung, der ausreisepflichtige und als
Gefährder eingestufte Amri sei bewusst „an der langen Leine“ gehalten
worden, sagte Jäger am Donnerstag in einer Sondersitzung des
Innenausschusses im Düsseldorfer Landtag.
Eine Abschiebehaft sei rechtlich nicht möglich gewesen, bekräftigte Jäger.
Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) hatte kürzlich widersprochen:
Es sei keineswegs unmöglich gewesen, Amri in Abschiebehaft zu nehmen. Ein
Gefährderstatus sei kein Haftgrund, sagte Jäger am Donnerstag. „Es gibt
derzeit keinen einzigen Gefährder in Deutschland, der in Abschiebehaft
ist.“ Im Bund werde derzeit geprüft, ob hier eine rechtliche Änderung nötig
sei.
Die für Amri zuständige Ausländerbehörde Kleve habe mit Nachdruck versucht,
Passersatzpapiere aus Tunesien zu besorgen, um den 24-Jährigen abschieben
zu können, betonte der SPD-Politiker. Die tunesischen Behörden seien nicht
kooperativ gewesen. Erst zwei Tage nach dem Attentat – also am 21. Dezember
– sei ein Schreiben aus Tunesien eingegangen, in dem Amri als deren
Staatsbürger identifiziert worden sei. Der abgelehnte Asylbewerber hatte
bei einem Anschlag am 19. Dezember in Berlin zwölf Menschen getötet.
FDP-Vizefraktionschef Joachim Stamp sagte, es dränge sich der Eindruck auf,
dass Amri zwar als islamistischer Gefährder, aber zugleich auch als
„kleiner Fisch“ eingeschätzt worden sei. Er sei möglicherweise „an der
langen Leine“ gehalten worden, um über ihn an andere Personen aus der
islamistischen Szene heranzukommen. Daher sei auf Haft und strenge
Meldeauflagen verzichtet worden. Grünen-Politikerin Monika Düker warf Stamp
daraufhin eine „Verschwörungstheorie“ vor.
## Hannelore Kraft sagt weitere Aufklärung zu
Der stellvertretende Vorsitzende des CDU-Fraktion, Peter Biesenbach,
kritisierte, das Innenministerium lege den Abgeordneten täglich neue
Details vor, die aber alle nicht zusammenpassten. Es bleibe bei
Ungereimtheiten und offenen Fragen. So sei auch unklar, warum nicht alle
Strafverfahren gegen Amri bei einer Staatsanwaltschaft gebündelt wurden, um
den Tunesier so festzunehmen zu können. Der CDU-Abgeordnete Christian
Möbius warf dem Ministerium „eklatantes Weglassen“ von wichtigen
Informationen vor. Die SPD wiederum sprach von Wahlkampfmanövern der
Opposition.
Auch zur Haftentlassung des Gefährders aus der Justizvollzugsanstalt
Ravensburg nach zwei Tagen am 1. August 2016 stellten CDU und FDP bohrende
Fragen. Jäger sagte dazu, die Ausländerbehörde Kleve habe Kontakt mit der
Justiz in Ravensburg aufgenommen und erklärt, warum ein Antrag auf
Abschiebehaft unrechtmäßig gewesen wäre. Dies sei „nicht auf Weisung“
seines Hauses erfolgt.
NRW-Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD) hatte bei einer Unterrichtung
im Landtag vor einigen Tagen weitere Aufklärung zugesagt. Der Gießener
Strafrechtler Bernhard Kretschmer soll als „regierungspartei-unabhängiger“
Sonderbeauftragter mögliche Fehler der Sicherheitsbehörden bis März
offenlegen. CDU, FDP und Piraten prüfen noch, ob sie einen
Parlamentarischen Untersuchungsausschuss beantragen.
2 Feb 2017
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