# taz.de -- Politologe über Freihandel: „TTIP kommt für Trump infrage“ | |
> Ist das Abkommen jetzt passé? Der Politologe Andreas Falke glaubt dies | |
> nicht. Auch die Furcht vor Handelskriegen hält er für überzogen. | |
Bild: Aufschwung dank Trump: Maskenproduzent Ogawa ist im Aufwind | |
taz: Wer gegen TTIP ist, könnte sich über den Ausgang der | |
US-Präsidentschaftswahl gefreut haben, oder? | |
Andreas Falke: Das muss man differenziert sehen: Gegen wen haben sich denn | |
Donald Trumps Tiraden im Wahlkampf genau gerichtet? Da ist China – hier | |
drohte er mit Strafzöllen von 45 Prozent. Und da ist Mexiko, da waren es 35 | |
Prozent. Der Grund: Angeblich betrügen die Länder und klauen | |
Industriearbeitsplätze. Europa findet man nirgendwo. | |
Ja und? | |
Im Juni hielt Trump eine Rede in Monassen im US-Bundesstaat Pennsylvania, | |
in der er seine Handelspolitik konkret skizzierte. Inmitten der von | |
Deindustrialisierung geprägten Region spricht Trump über seine Pläne: Im | |
Grunde ist das traditionelle Handelspolitik. Er will die Handelspartner am | |
Schopf packen, die Abkommen verletzten, er will die geistigen | |
Eigentumsrechte von US-Firmen durchsetzen. Das könnte auch von Clinton oder | |
Obama stammen. | |
Und TTIP? | |
Ist das einzige Freihandelsabkommen, das für Trump infrage kommen könnte. | |
Nafta soll wegen Mexiko neu verhandelt werden, das Transpazifik-Abkommen | |
TPP geht auch nicht wegen der Asiaten mit ihren fragwürdigen Standards, | |
Praktiken und Billigprodukten. Europa dagegen ist die Region, mit der er | |
„auf Augenhöhe“ verhandeln könnte. | |
Das heißt, TTIP könnte unter Trump eine Renaissance erleben? | |
TTIP ist noch nicht tot. Er wird wohl zuerst Ungleichgewichte vor allem bei | |
Nafta korrigieren. | |
Der Peso wertet schon ab. Muss Mexiko zittern? | |
Bislang bewegte sich Trump ja auf der Ebene kruder populistischer | |
Forderungen. Motto: Die klauen uns die Jobs und so. Jetzt muss er agieren. | |
Viele amerikanische Firmen sind längst auf Zulieferer aus Mexiko | |
angewiesen. Wenn er diese Wertschöpfungsketten zerstört, zeigen ihm die | |
Unternehmer die rote Karte. Allerdings: Er kann Nafta innerhalb von sechs | |
Monaten kündigen. | |
Und dann? | |
Selbst dann stiegen die Zölle vielfach nur auf 3 oder 4 Prozent an. Wenn er | |
aus der WTO aussteigen würde, das wäre drastisch. Dann kämen die alten | |
Zollsätze aus der Zeit der 30er Jahre zur Anwendung … | |
… der Zeit der Großen Depression. | |
Das wäre der Super-GAU. Halte ich aber für unrealistisch. Es wird | |
interessant, wie er sich da rauswindet. | |
Was Trump gegenüber China angekündigt hat, klingt nach Handelskrieg. | |
Hier gibt es massive Subventionen auf Stahl, Solarpanele und Aluminium – da | |
wird er tätig werden. Meine Prognose: Trump wird eine „Trade Enforcement | |
Strategy“ fahren, also Verletzungen des Handelsregimes aufspießen – ähnli… | |
wie Ronald Reagan. Der hat in den 80ern Strafzölle in Höhe von 300 | |
Millionen Dollar gegen Japan verhängt – und dann wieder zurückgenommen. | |
Auch Trump wird einlenken, bevor es zum Knall kommt. Es gibt auch bereits | |
Äußerungen Chinas, man wolle selektiv zurückschlagen … | |
Keine Teslas mehr nach China? | |
Eher keine öffentlichen Aufträge mehr an US-Firmen, Patente werden nicht | |
geschützt. | |
Warum spricht Trump von dieser Wirtschaftspolitik mit Zoll-Keule? | |
Eigentlich geht es der US-Ökonomie doch relativ gut: Unter 5 Prozent | |
Arbeitslose, über 2 Prozent Wachstum … | |
Die Wahrnehmung ist anders: Viele sind aus der Erwerbstätigkeit | |
ausgeschieden, Löhne sind zum Teil niedriger als früher. Man muss Trump | |
zugutehalten, dass er den Verlierern der Handelsliberalisierung eine Stimme | |
gegeben hat. In diesen Dingen ist er wie ein Drittparteikandidat, der die | |
Republikanische Partei gekapert hat. | |
Früher gab es die Kreml-Astrologen, heute rätseln wir über den künftigen | |
US-Präsidenten. Also: Wohin führt das alles in, sagen wir, einem Jahr? | |
Ich erwarte eine aggressive Durchsetzung von US-Interessen, zudem | |
Sanktionen auf kleiner Flamme. Ökonomisch wird er mit der Blaupause der | |
Reagan-Jahre arbeiten: investieren, Steuern senken, höhere Etatdefizite und | |
Probleme für die Notenbank Fed, steigende Zinsen, steigender Dollar. | |
Politisch: alle auf den Bau für „wonderful highways“ und neue Jobs. | |
Sie klingen gar nicht so schockiert. | |
Nein. Die Wahlkampfrhetorik hat ihre Schuldigkeit getan, das Regieren wird | |
dagegen gemächlich. Ich rechne nicht mit Handelskriegen oder | |
auseinanderbrechenden Wertschöpfungsketten. Das traut sich auch ein Trump | |
nicht. | |
Würden Sie mit dem neuen US-Präsidenten ein Bier trinken gehen? | |
Ein mir bekannter Immobilienmanager hat mal mit dem Immobilienmogul Trump | |
verhandelt. Er sagte, das sei ganz wunderbar gewesen: Trump sei ein | |
rationaler, kalkulierbarer, zugänglicher Manager. | |
22 Nov 2016 | |
## AUTOREN | |
Kai Schöneberg | |
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