Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Landeslabor untersucht Wasserläufe: Weniger Antibiotika im Stall
> Schleswig-holsteinische Bauern verfüttern weniger Medikamente an
> Nutztiere, vermeldet das Landeslabor in Neumünster.
Bild: Müssen in Schleswig-Holstein weniger Antibiotika fressen: Schweine
NEUMÜNSTER taz | Trübe Brühe aus einem Moortümpel steht neben
durchsichtiger Flüssigkeit aus einem Straßengraben – aber wie sauber sind
beide wirklich? Rund 600 solcher Proben, gesammelt aus Wasserläufen im
ganzen Land, werden pro Jahr im Landeslabor Schleswig-Holstein getestet.
Nach einem Ritt in einer Zentrifuge sammeln sich die Schadstoffe und werden
von dort per Heliumdusche in ein Spektrometer geblasen, das dann die
Belastung mit Pflanzenschutzmitteln verrät.
Für Katrin Lütjen, der Leiterin des Landeslabors, ist das rund 250.000 Euro
teure Gerät ein Beispiel dafür, dass ihr Haus inzwischen weit mehr „High
Tech als Petrischale“ einsetzt. Neue Belastungsquellen müssen erkannt,
strengere Richtwerte eingehalten werden. Das führt zu höheren Kosten:
Aktuell streiten sich Landwirtschaftslobby und Labor um die neue
Gebührenordnung. Stellvertretend für die Branche hat ein
Futtermittelhersteller Klage eingereicht.
Der schleswig-holsteinische Umwelt- und Landwirtschaftsminister Robert
Habeck (Grüne) verteidigt die Entscheidung, einen Teil der Kosten auf die
Verursacher auszulagern. Er habe das „politisch entschieden und finde es
weiterhin richtig.“ Bei der Vorstellung des Jahresberichts für 2015 betonte
Habeck, zu dessen Bereich das Landeslabor mit Sitz in Neumünster gehört,
dass es im Interesse nicht nur der Verbraucher, sondern auch der Landwirte
selbst liege, wenn Futtermittel aus Soja oder Raps genau kontrolliert
würden.
Das Ministerium hatte die Kontrollaufgabe, die vorher die Hersteller selbst
erledigten, nach Skandalen um verseuchte Tiernahrung an sich gezogen.
Gebühren für diese Aufgaben werden zurzeit erst in wenigen Bundesländern,
unter anderem Niedersachsen, verlangt. Andere Regionen würden aber
nachziehen, sagte Habeck. Transparenz sei wichtig: „Es geht hier jenseits
der Einzelfälle darum, ein Misstrauen gegenüber der gesamten Branche
abzuwenden.“
Als deutlichen Erfolg nannte er, dass die Nutztiere in Schleswig-Holstein
immer weniger Antibiotika erhalten. Das Land liegt heute deutlich unter dem
Bundesschnitt. Verglichen werden bei diesem Index nur die Höfe, die
auffallend viele Medikamente an ihre Kühe oder Schweine verfüttern. In
Schleswig-Holstein waren es im ersten Halbjahr 2016 noch 16 Prozent der
rund 3.400 Betriebe. Bundesweit fällt jeder vierte Landwirt durch einen
hohen Antibiotika-Einsatz auf. Basis aller Daten sind Eigen-Meldungen der
Bauern. Geben Höfe ab einer gewissen Betriebsgröße keine Meldung ab, müssen
sie mit Plausibilitätskontrollen rechnen.
Aber nicht nur die Zahl der starken Antibiotika-Gaben, sondern auch die
Zahl der Höfe hat messbar abgenommen: 2014 gab es noch rund 3.700 Höfe mit
Nutztieren. Verschwunden sind vor allem Rinderzucht- und Milchviehbetriebe,
ein Zusammenhang mit der Krise der Milchbauern liegt auf der Hand.
Eine zentrale Aufgabe des Landeslabors ist die Vorsorge bei Tier- oder
Pflanzenseuchen. Um Salmonellen, Geflügel- oder Schweinepest schnell
nachweisen zu können, werden Tausende Blut- und Gewebe- oder Kotproben
begutachtet. Größere Krankheitsausbrüche gab es 2015 nicht, sagte Lütjen.
Zahlreiche Beanstandungen gab es dagegen bei Lebensmitteln. In seltenen
Fällen war Ware falsch deklariert – Garnelen werden als teurere Scampi
verkauft, Hühnerfleisch als Ente bezeichnet. Mikrobiologisch mit Erregern,
Keimen oder Parasiten belastet waren knapp zwölf Prozent der Proben,
darunter Eis, Backwaren und Bier. Der Wert liegt gut zwei Punkte unter
2014.
Mängel fanden die Prüfer auch auf Etiketten von Lebensmitteln. Als Grund
nannte Lütjen eine neue EU-Verordnung, die verlangt, alle Bestandteile
genau aufzuschlüsseln. „Wenn alle Produzenten die neuen Regeln umsetzen,
sinken auch die Werte.“
24 Oct 2016
## AUTOREN
Esther Geißlinger
## TAGS
Nutztiere
Schweine
Antibiotika
Landwirtschaft
Schleswig-Holstein
Landwirtschaft
Massentierhaltung
Initiative Tierwohl
Tierrechte
Ernährung
Fleischkonsum
Tierschutz
Tierschutz
Massentierhaltung
Deutscher Tierschutzbund
## ARTIKEL ZUM THEMA
Regierungsbericht zu Tierhaltung: Kleine Höfe, weniger Antibiotika
In großen Ställen werden Tiere häufiger mit Antibiotika behandelt als in
kleinen Betrieben. Das gibt jetzt auch das CDU-geführte Agrarministerium
zu.
Protest gegen Massentierhaltung: Nicht hier – aber auch nicht woanders
Wo ein großer Viehstall gebaut werden soll, protestiert oft auch eine
Bürgerinitiative. Wie im uckermärkischen Jakobshagen. Was sind ihre
Argumente?
Initiative Tierwohl ohne Tierschützer: Fleischhändler allein zu Haus
„ProVieh“ tritt aus dem Branchenprojekt für artgerechtere Fleischerzeugung
aus. Anlass waren Videos über üble Haltungsbedingungen.
Gequälte Schweine in Gütesiegel-Betrieb: Skandal auf dem Tierwohl-Hof
Aktivisten filmen verletzte Schweine in einem Betrieb der Initiative
Tierwohl. Tierrechtler kritisieren Behörden für die vergebenen Gütesiegel.
EU wirbt für Fleischkonsum: Ernährung mit Tier
Neue Kampagnen klären über angebliche Mythen in der Tierhaltung auf und
öffnen Exportmärkte für Agrarprodukte. Das ärgert Tierschützer.
Vegane Albert Schweitzer Stiftung: Tierrechtler haben Bauern satt
Die einzige vegane Organisation im Trägerkreis der „Wir haben es satt“-Demo
verlässt das Bündnis. Sie wollte mehr Einsatz gegen Fleisch.
Vorwürfe gegen Bauernfunktionäre: Tierleid in Ställen von Agrarlobbyisten
Aktivisten filmen in Betrieben von hochrangigen Bauern-Vertretern blutende
Schweine, verdreckte Puten und brutale Tötungen von Ferkeln.
Foodwatch-Studie zur Tierhaltung: Krank im Stall
Ein Viertel der tierischen Lebensmittel kommt von kranken Nutztieren, sagt
die Verbraucherorganisation Foodwatch. Veterinäre bezweifeln das.
Ethiker zu tierleidfreier Ernährung: „Menschen dürfen Tiere essen“
Verteidigung der Viehhaltung: Tiere haben nicht das gleiche Lebensrecht wie
Menschen, sagt Ethiker Norbert Hoerster.
Kritik an der „Initiative Tierwohl“: Tierschützer sprechen von Betrug
Die „Initiative Tierwohl“ setzt auch in Zukunft auf Quantität statt
Qualität. Der Tierschutzbund kündigt nun die Zusammenarbeit auf.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.