# taz.de -- Gequälte Schweine in Gütesiegel-Betrieb: Skandal auf dem Tierwohl… | |
> Aktivisten filmen verletzte Schweine in einem Betrieb der Initiative | |
> Tierwohl. Tierrechtler kritisieren Behörden für die vergebenen | |
> Gütesiegel. | |
Bild: Es muss besser kontrolliert werden: Kannibalismus im Stall | |
BERLIN taz | Blutende Schweine zucken halbtot auf dem Stallboden in ihrem | |
eigenen Urin, in den Gängen verwesende Kadaver. Manche Schweine haben sich | |
gegenseitig in Ohren und Schwänze gebissen. „Ein regelrechtes Massaker“ | |
zeige sein Videomaterial von einem Hof im schwäbischen Merklingen, sagt | |
Friedrich Mülln, Vorstandsmitglied des Vereins Soko Tierschutz. Der | |
Tierrechtler filmt seit mehr als 20 Jahren in Ställen. | |
Der schwäbische Hof hatte gleich drei Qualitätszertifikate: neben dem | |
QS-Prüfzeichen und dem „Qualitätszeichen Baden-Württemberg“ auch das der | |
Initiative Tierwohl. Dahinter versammeln sich Landwirtschaftsverbände, | |
Fleischbranche und Lebensmittelhandel. Der Präsident des Deutschen | |
Bauernverbands, Joachim Rukwied, sagte am Donnerstag auf einem | |
Unternehmertag in Niedersachsen, mit der Initiative Tierwohl sei ein | |
„historischer Fortschritt“ gelungen. „Das Modell der Initiative bietet | |
Perspektiven, mehr Tierwohl in die Fläche zu bringen.“ | |
Ein Anspruch, der im schwäbischen Alb-Donau-Kreis offenbar gescheitert ist. | |
Zum letzten Mal haben Experten der Initiative den Schweinemastbetrieb im | |
Februar kontrolliert – ohne Beanstandungen. Die Behörden mussten nun nach | |
eigenen Angaben feststellen, dass beinahe jedes sechste der 1.200 Schweine | |
auf dem Hof krank oder sogar schwer verletzt war, mittlerweile mussten sie | |
80 einschläfern. Die Staatsanwaltschaft hat Ermittlungen gegen den Landwirt | |
wegen Verstoßes gegen das Tierschutzgesetz aufgenommen. Der Betroffene | |
wollte sich auf Anfrage der taz nicht äußern. | |
QS teilte mit, es habe den Hof nun aus seinem System ausgeschlossen und ein | |
Sanktionsverfahren eingeleitet. Auch die Initiative Tierwohl hat sich | |
mittlerweile von dem Betrieb getrennt und gezahlte Geldbeträge | |
zurückgefordert. Damit sei der Fall für sie abgeschlossen, so die | |
Initiative. Sie hatte den Hof im Juni 2015 aufgenommen. | |
## Betrieb war Tierrechtlern schon aufgefallen | |
Schon Ende 2014 war der Betrieb den Tierrechtlern von „Act for animals“ | |
aufgefallen. „Wir haben dort viele kranke Tiere entdeckt, die Luft in den | |
dicht belegten Ställen war so schlecht, dass man kaum atmen konnte“, sagt | |
Tierrechtler Thilo Hagendorff. Den Aktivisten hätten die Behörden später | |
mitgeteilt, dass die Missstände auf dem Hof behoben worden seien. Im | |
Alb-Donau-Kreis sind 3.600 Nutztierhaltungen angesiedelt, sie werden | |
kontrolliert von sechs Veterinärmedizinern. Das entspreche den rechtlichen | |
Vorgaben, so das Landratsamt. | |
Viel Vertrauen habe er nicht in die zuständigen Behörden, sagt Hagendorff. | |
Er hofft stattdessen auf eine öffentliche Diskussion. | |
„Gütesiegel sind ein beliebtes Instrument der tierhaltenden Industrie, um | |
Greenwashing zu betreiben“, so Andrzej Pazgan, Fachreferent der | |
Tierrechtsorganisation Peta. „Dem Verbraucher wird suggeriert, dass mehr | |
Geld an der Theke besseren Tierschutz bedeutet. Die aktuellen Aufnahmen | |
zeigen jedoch, dass diese Tierwohl-Siegel fast schon als | |
Verbrauchertäuschung angesehen werden können.“ | |
Bauernverbandschef Rukwies dagegen sprach nur von einzelnen „schwarzen | |
Schafen“. | |
21 Oct 2016 | |
## AUTOREN | |
Markus Sehl | |
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