# taz.de -- DGB, SPD und Freihandel: Geheime Gewerkschaftszweifel | |
> Der DGB hat wenig Hoffnung, dass die SPD-Forderungen zu Ceta umgesetzt | |
> werden. Doch davon soll die Öffentlichkeit lieber nichts erfahren. | |
Bild: Auch in Belgien wird fleißig gegen Ceta protestiert | |
Berlin taz | Es ist ein aufschlussreiches Papier, das der Deutsche | |
Gewerkschaftsbund (DGB) verfasst hat: Auf zwölf Seiten analysiert der | |
Dachverband der deutschen Gewerkschaften, was der Beschluss des | |
SPD-Konvents zum Freihandelsabkommen Ceta konkret bedeutet, wie sich die | |
darin erhobenen Forderungen der Partei nach Ergänzungen und Klarstellungen | |
zum Vertrag konkret umsetzen ließen – und wie die Chancen dafür stehen. | |
Der Anfang des Papiers, das [1][der taz auf Englisch (pdf)] vorliegt, | |
dürfte der SPD-Spitze gefallen: Die Forderungen, die die Partei in Bezug | |
auf das Freihandelsabkommen zwischen der EU und Kanada aufgestellt haben, | |
„reflektieren wichtige Anforderungen der Gewerkschaften“, schreibt der DGB. | |
„Sie könnten – wenn sie auf rechtsverbindliche und effektive Weise | |
umgesetzt würden – dabei helfen, wichtige Probleme von Ceta zu lösen.“ | |
Doch dass es dazu tatsächlich kommt, daran hat der DGB erhebliche Zweifel. | |
„Die bisherigen Ankündigungen fallen dahinter zurück“, heißt es unter | |
Verweis auf aktuelle Äußerungen aus Kanada, Brüssel und Berlin. Eine | |
gemeinsame Erklärung von SPD-Chef Sigmar Gabriel und Kanadas | |
Handelsministerin Crystia Freeland etwa, die beim SPD-Konvent vorgestellt | |
wurde, enthalte keine Hinweise auf die „verbindlichen Protokolle, wie wir | |
sie erwarten“, schreibt der DGB. Stattdessen zeigten einzelne | |
Formulierungen „fehlendes Problembewusstsein“, andere blieben „unpräzise… | |
Von dieser Einschätzung soll die Öffentlichkeit allerdings nichts erfahren. | |
Am Montag war das Papier kurzzeitig auf der Webseite des Europäischen | |
Gewerkschaftsbunds ETUC verlinkt, doch am Dienstagmorgen war die | |
entsprechende Seite schon wieder verschwunden. Es handele sich um eine | |
„interne Kommunikation, die versehentlich online gestellt wurde“, teilte | |
das ETUC-Sekretariat auf taz-Anfrage mit. Auch eine DGB-Sprecherin | |
erklärte, das Dokument sei ein internes Arbeitspapier, das man nicht | |
herausgebe. Eine Begründung für die Nichtveröffentlichung gab es nicht. | |
Die Geheimhaltung der Zweifel reiht sich aber ein in das widersprüchliche | |
Agieren des DGB bei Ceta. Während die Gewerkschaftsbasis am 17. September | |
noch gegen das Abkommen auf die Straße ging und forderte, Ceta im | |
EU-Ministerrat nicht zuzustimmen, half der DGB-Vorsitzende Rainer Hoffmann | |
SPD-Chef Gabriel, am 19. September eine Mehrheit für die Ceta-Zustimmung | |
beim SPD-Konvent zu sichern, indem er Unterstützung für den Vorschlag der | |
Parteiführung signalisierte. | |
Durch Ceta soll der Handel zwischen der EU und Kanada erleichtert werden. | |
Kritiker befürchten allerdings eine wachsende Macht für Konzerne, weil | |
diese gegen staatliche Entscheidungen bei einem neuen Schiedsgericht klagen | |
können. Zudem könnten das europäischen Vorsorgeprinzip und öffentliche | |
Dienstleistungen unter Druck geraten. Die SPD hatte sich mit knapper | |
Mehrheit dafür ausgesprochen, dass Gabriel als Wirtschaftsminister Ceta im | |
EU-Ministerrat zustimmen darf. Sie forderten aber, dass das Abkommen durch | |
„rechtsverbindliche Erklärungen“ ergänzt werden soll, um Konzernklagen zu | |
erschweren und öffentliche Dienstleistungen besser zu schützen. | |
27 Sep 2016 | |
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[1] /DGB-Ceta | |
## AUTOREN | |
Malte Kreutzfeldt | |
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