# taz.de -- Happy Birthday, Clubkultur: Alles Gute, altes Haus | |
> Der eine Konzertschuppen wird 20 Jahre alt, der andere sogar 40: Die | |
> Jubiläen von Hafenklang und Knust wollen ganz subjektiv gewürdigt sein | |
Bild: Das Hafenklang, wie man es selten sieht: menschenleer | |
HAMBURG taz | Wann ich das erste Mal da war? Weiß nicht, ist jedenfalls | |
ziemlich lange her. Das Knust war noch in der Brandstwiete, also in der | |
Innenstadt, und da ging man ja kaum mal hin. Gewissermaßen genau entgegen | |
der Wahrnehmung, wie sie die meisten Touristen haben dürften, erschien uns | |
das Zentrum so öde, wie andere die Peripherie finden, und dass es die auch | |
noch gab, die echte Peripherie, das zu realisieren dauerte für uns | |
Zugezogene noch etwas länger. | |
Aber Speis’und Trank, Jux und Dollerei: Das gab es auf St. Pauli, in der | |
Schanze, klar, überhaupt in Altona. Aber Innenstadt, das war allenfalls die | |
Markthalle, für Konzerte und weil legendär, aber sonst gab es da doch nur | |
Mönckebergstraßen-Mainstream und das kulturell Gehobene vielleicht, wo | |
einen der Germanistik-Prof erwartete: die großen Sprechtheater, auch die | |
Oper. | |
Und halt das Knust, diesen Keller zwischen Scientology-Zentrale und | |
Spiegel-Hochhaus mit seinem Programm, das zum teil super war und zum Teil | |
irritierend: Bei einem der ersten Male, dass ich da runterstieg, landete | |
ich in einer Party zu Ehren der Softsex-Filmreihe „Vampyros Lesbos“, | |
genauer: zu Ehren der frisch wiederentdeckten und -veröffentlichten Musik | |
dazu. Und dann machten sie da doch auch noch diese Engtanzpartys, wo man | |
natürlich allenfalls total ironisch hinging, denn Engtanz, also, das war ja | |
nun noch ein wenig muffiger als das ganze Schlagergehuber, also diese | |
damals so aktuelle sehr deutsche Variante des Easy-Listening-Revivals. | |
Dann gab es diese Phase der Sorge um Hamburgs ältesten noch aktiven | |
Livemusikschuppen: Bauliche Mängel waren entdeckt worden, und das ganze | |
Kontorhaus obendrauf wurde für unrettbar erklärt, das Ende schien nahe. Am | |
Ende aber fügte es sich, und mit dem Schlachthof hat das Knust eine, wie es | |
scheint, stabile neue Heimat gefunden – bloß halt da, wo sich eh schon | |
alles ballt. | |
Von anderer Randständigkeit: das Hafenklang, irgendwann mal | |
Wim-Wenders-Location und Tonstudio und immer schon da, wo irgendwann in den | |
90ern dann der Immobilienentwickler-Goldrausch ausbrach. Schön war’s, als | |
man morgens, nach dem Noiserock-Konzert auf die Brache gegenüber wanken und | |
aufs Wasser kucken konnte. Wenn einen nicht schon die aufbauenden | |
Fischmarktbudenetreiber anpöbelten, man solle sich davon scheren mit seinem | |
Scheißfahrrad. | |
Inzwischen haben sich am Altonaer Elbufer bereits diverse | |
Architektengenerationen selbst verwirklichen dürfen, fährt das Neureichtum | |
seine Cabrios aus. Aber mittendrin, und das ist in Geschäftemachhamburg nun | |
alles andere als selbstverständlich, steht immer noch: das Hafenklang. Zum | |
Aufs-Wasser-Kucken muss man nun ein paar Schritte mehr gehen, aber das ist | |
wirklich nicht schlimm. | |
Alles Gute, ihr beiden! | |
29 Jul 2016 | |
## AUTOREN | |
Alexander Diehl | |
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