# taz.de -- Stiftung Warentest zu Leitungswasser: Läuft bei ihm | |
> Die Stiftung Warentest empfiehlt das Wasser aus dem Hahn. Das liegt auch | |
> daran, dass sich in Mineralwasser nur wenige Mineralstoffe finden. | |
Bild: Haben auch keinen Bock auf Kistenschleppen: durstige Affen | |
Wenn es das nicht gäbe, man müsste es erfinden: ein Lebensmittel von bester | |
Qualität, spottbillig, das dem Verbraucher auch noch verpackungsfrei nach | |
Hause geliefert wird. Für durchschnittlich einen halben Cent fließt der | |
Liter Leitungswasser aus dem heimatlichen Hahn. Trotzdem wächst der Markt | |
für Mineralwasser. 1970 tranken die Deutschen noch 12,5 Liter Wasser aus | |
Flaschen, 2015 waren es im Schnitt 147 Liter – so viel wie nie zuvor, sagt | |
die Stiftung Warentest. | |
Für ihr Augustheft hat sie Trinkwasser getestet, Leitungswasser aus 28 | |
Städten in ganz Deutschland sowie 30 verschiedene Mineralwassermarken. | |
Ergebnis, im Groben: Das Wasser ist okay und lässt sich bedenkenlos | |
trinken. Glyphosat und andere Pflanzenschutzmittel haben die Tester nur in | |
Spuren gefunden, in inaktiven, ungiftigen Zerfallsprodukten. | |
Nitrat, das im Körper zu giftigen Nitrosaminen umgewandelt werden kann, | |
wurde zwar in allen Leitungswasserproben gefunden, keine erreichte jedoch | |
annähernd den Grenzwert von 50 Milligramm pro Liter. Am stärksten war mit | |
29,5 Milligramm pro Liter das Wasser in der Gemeinde Bruchhausen-Vilsen | |
belastet – die erwartungsgemäß im schweine- und rinderreichen Niedersachsen | |
liegt. | |
Dass etwa das Umweltbundesamt regelmäßig aufgrund der Nitratbelastung Alarm | |
schlägt, liegt eher in künftigen Problemen, die der Stoff auslösen könnte, | |
wenn die Einträge aus der Landwirtschaft weiter so hoch bleiben. | |
Den höchsten Nitratgehalt der getesteten Mineralwassermarken zeigte Alwa | |
Naturelle aus dem baden-württembergischen Sersheim mit 15 Milligramm pro | |
Liter. Einige Wasser waren mit Keimen verunreinigt, etwa Evian oder | |
Gerolsteiner. Hier empfehlen die Berliner Tester, das Wasser abzukochen, | |
wenn Immungeschwächte oder Säuglinge es trinken sollen. | |
## Mineralstoffe interessanter als Schadstoffe | |
Interessant für den Verbraucher sind insgesamt eher nicht die Schadstoffe, | |
die das Tafelwasser enthalten könnte, sondern die Stoffe, die sich nur in | |
geringen Mengen darin befinden: Mineralstoffe nämlich. Um den Tagesbedarf | |
an Natrium, Kalzium und Magnesium zu decken, müsste ein Erwachsener | |
kanisterweise Mineralwasser trinken. | |
Der Tagesbedarf an Magnesium etwa liegt bei 300 bis 350 Milligramm pro Tag, | |
fast jedes zweite Mineralwasser enthält laut Stiftung Warentest weniger als | |
10 Milligramm pro Liter. Noch größer ist die Diskrepanz bei Kalium: Der | |
Tagesbedarf eines Erwachsenen liegt bei 2.000 Milligramm. Das | |
kaliumreichste Mineralwasser, Rhönsprudel, kommt auf 10 Milligramm. | |
„Mineralstoffe nimmt der Mensch vor allem über Essen auf“, schlussfolgern | |
die Tester. | |
Ausnahmen machen sie bei Menschen, die etwa aufgrund einer | |
Laktoseintoleranz auf kalziumreiche Milchprodukte verzichten. Wer täglich | |
zwei Liter des französischen Wassers Contrex-Mineral oder Ensinger Sport | |
Still trinkt, deckt laut Stiftung Warentest seinen Tagesbedarf an dem | |
wichtigen Knochenmineral. Allerdings enthalten nur sieben der getesteten | |
Marken viel Kalzium – und je nach Region liefert auch Leitungswasser | |
Mineralstoffe. | |
Warum trotzdem so viele Konsumenten lieber Kisten schleppen, ließe sich | |
vielleicht mit der Höhe des Marketingetats der Mineralbrunnen erklären. | |
Aber diese Zahl rücken die Unternehmen nicht heraus. Der Gerolsteiner | |
Mineralbrunnen aus der Vulkaneifel verweist darauf, ein „mittelständisches | |
Unternehmen“ zu sein und „diese Zahlen nicht zu veröffentlichen“, so eine | |
Sprecherin. Und der Kollege mit einer Übersicht über den Marketingetat von | |
Nestlé-Wasser ist, laut Pressestelle, im Urlaub. | |
28 Jul 2016 | |
## AUTOREN | |
Heike Holdinghausen | |
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