# taz.de -- Landwirtschaft macht Meere krank: Grüne gegen Blaualgen | |
> Die Ostsee ist überdüngt durch Nährstoffe aus der Landwirtschaft. | |
> Algenteppiche führen zu „Todeszonen“ und Fischsterben. | |
Bild: Durch Nitrate und Phosphate gefüttert und dann gefährlich: Auch wenn er… | |
HAMBURG taz | Schuld ist die Landwirtschaft: Die Ostsee ist überdüngt, aber | |
auch in vielen Flüsse und Seen findet sich zu viel Nitrat und Phosphat. Das | |
geht aus der Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage der | |
Bundestags-Grünen hervor. „Es wird in der Landwirtschaft viel zu viel | |
gedüngt“, sagt die Abgeordnete Valerie Wilms aus Pinneberg, „das belastet | |
nicht nur die Ostsee, sondern auch das Trinkwasser.“ | |
Von 45 Gewässerproben vor der deutschen Ostseeküste waren laut der | |
Bundesregierung 30 in einem unbefriedigenden oder schlechten Zustand; zwölf | |
vor Schleswig-Holstein genommen, 18 vor Mecklenburg-Vorpommern. Im | |
Nordosten weisen demnach 18 Flüsse einen schlechten oder unbefriedigenden | |
ökologischen Zustand auf, in Schleswig-Holstein zumindest die beiden | |
größten Ostsee-Zuflüsse Trave – samt ihrem Nebenfluss Schwartau – sowie … | |
Schwentine. | |
Beim Nitrat wie auch beim Phosphor werden Grenzwerte teilweise deutlich | |
überschritten. Zudem weisen auch die meisten Grundwasserkörper – also ein | |
räumlich eindeutig abgrenzbare Vorkommen – so hohe Nitratwerte auf, „dass | |
dadurch der gute chemische Zustand verfehlt wird“, heißt es seitens der | |
Bundesregierung. Es gebe aber „keine unmittelbaren Auswirkungen auf die | |
Trinkwassergewinnung“. | |
Die parlamentarische Geschäftsführerin der Grünen-Bundestagsfraktion, | |
Steffi Lemke, fordert dennoch die Schließung von Mega-Viehställen. „Der | |
Zustand der Ostsee ist besorgniserregend“, sagte sie am Freitag. Von | |
dringendem Handlungsbedarf sprach auch Fraktionschef Anton Hofreiter: Die | |
Gülleeinträge aus der Massentierhaltung und die Ausbringung von Kunstdünger | |
müssten gestoppt werden. | |
Die Ostsee mit ihrer schmalen Verbindung zur Nordsee gilt Meeresbiologen | |
als „gefangenes Meer“ mit nur geringem Wasseraustausch. Hinein fließen | |
Gewässer von neun Anrainerstaaten, die größten Einleiter von Nährstoffen | |
sind Schweden und Polen. Diese Stoffe begünstigen das Wachstum von Algen, | |
welche die Sauerstoffkonzentration im Wasser stark verringern und so zu | |
Fischsterben führen können. Zudem produzieren sie Toxine, die beim Verzehr | |
von Fisch oder auch Muscheln auch Menschen krank machen können – bis hin zu | |
tödlichen Vergiftungen. | |
Weil zudem nur selten sauerstoffreicheres Nordseewasser in die OStsee | |
gelangt, bilden sich dort immer größeren sauerstofffreie „Todeszonen“. Na… | |
Angaben von Meeresforschungsinstituten gab es im Dezember 2014 den ersten | |
großen Salzwassereinstrom in die Ostsee seit 2003 – den drittgrößten seit | |
Beginn der Messdaten. Ein zweiter folgte im November 2015. Die positive | |
Wirkung solcher Zuflüsse sei aber schon nahezu verpufft, heißt es. | |
„Die Ostsee braucht eine Erholungsphase“, sagt die Grünen-Abgeordnete | |
Wilms. „Todeszonen“ dürften nicht „zur Normalität gehören“, Deutschl… | |
müsse endlich die Vorgaben der europäischen Wasserrahmenrichtlinie | |
einhalten – „sonst ist ein guter Zustand des Meeres nicht zu erreichen“. | |
Ihr Parteifreund Robert Habeck, Schleswig-Holsteins Umwelt- und | |
Landwirtschaftsminister, fordert deshalb vom Bund, das Ausbringen von | |
Dünger auf den Feldern strenger zu regeln. Im Interesse des | |
Gewässerschutzes und der Landwirte müsse eine Düngeverordnung „ohne | |
Schlupflöcher“ her. So sollten gewässerschonende Maßnahmen beschleunigt und | |
die Düngeperioden verkürzt werden. Außerdem müsse auf jedem Hof genau | |
protokolliert werden, wie viele Nährstoffe anfallen und dort auch verwendet | |
werden können. | |
Es müsse zügig gewährleistet werden, so Habeck weiter, „dass durch Düngung | |
und Landbewirtschaftung keine weiteren Belastungen des Grundwassers, der | |
Flüsse und Seen sowie der Meere entstehen“. Immerhin beziehe etwa | |
Schleswig-Holstein sein Trinkwasser zu 100 Prozent aus dem Grundwasser. Und | |
um das für künftige Generationen „schützen zu können, müssen wir die | |
Nährstoffeinträge spürbar verringern“. | |
29 May 2016 | |
## AUTOREN | |
Sven-Michael Veit | |
## TAGS | |
Meeresverschmutzung | |
Düngemittel | |
Wasser | |
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