# taz.de -- Buch über deutsche Fleischproduktion: Der Toni, der Peter und das … | |
> Fleischfreunde unter sich: Peter Altmaier stellt ein Buch von Anton | |
> Hofreiter vor – was nichts mit künftigen Koalitionen zu tun hat. | |
> Natürlich. | |
Bild: Wenn sie nicht über Politik reden, reden sie übers Essen: Toni Hofreite… | |
Wie gut sich „der Toni“ und „der Peter“ verstehen, daran lassen sie an | |
diesem Nachmittag in einem stickigen Raum im Haus der Bundespressekonferenz | |
keinen Zweifel aufkommen. Kanzleramtsminister Peter Altmaier, bekennender | |
Schwarz-Grün-Fan in der CDU, stellt das neue Buch von Anton Hofreiter vor, | |
dem Fraktionsvorsitzenden der Grünen, der zum linken Flügel seiner Partei | |
gehört. Das Werk mit dem Titel „Fleischfabrik Deutschland“ ist eine | |
Abrechnung mit der deutschen Agrarpolitik und ein Plädoyer für eine | |
ökologische, tierfreundliche Landwirtschaft – aber es ist natürlich nicht | |
dieses Fachthema, das die JournalistInnen in großer Zahl angelockt hat. | |
Sie wollen sehen, wie gut die beiden Spitzenpolitiker miteinander | |
auskommen und welche Signale sie für eine künftige Koalition auf | |
Bundesebene aussenden. Das ist Peter Altmaier selbstverständlich bewusst. | |
„Dieser Termin ist natürlich keine Koalitionsaussage“, sagt er ungefragt in | |
seinem Eingangsstatement – und rückt das Thema damit erst recht in den | |
Mittelpunkt. Auch die legendäre Pizzaconnection, den von ihm in den 90er | |
Jahren mit initiierten schwarz-grünen Gesprächskreis, spricht Altmaier | |
gleich mehrmals an. | |
Und natürlich betont der Kanzleramtschef, der sein Jackett schon vor Beginn | |
der Veranstaltung ausgezogen hat und trotzdem heftig schwitzt, was ihn | |
alles mit Hofreiter verbindet: „Wir haben schon so manches Steak gemeinsam | |
verspeist“, sagt er. Und: „Dass wir gerne essen, ist eine Gemeinsamkeit, | |
die die Unterschiede bei der Haarpracht völlig überdeckt.“ Spitzen gegen | |
seine „grünen Freunde“ streut Altmaier nur sehr vereinzelt ein, etwa wenn | |
er unter Anspielung auf den von den Grünen einst vorgeschlagenen | |
„Veggie-Day“ anmerkt: „Es muss nicht immer Fleisch sein, aber ich mag es | |
nicht, wenn man mir vorschreibt, was ich essen soll.“ | |
Hofreiter, der sein Jackett anbehält, betont zwar auch die gemeinsame Liebe | |
zum guten Schnitzel, bleibt im Vergleich zu Altmaier ansonsten aber eher | |
reserviert. Statt über Koalitionsoptionen spricht er zunächst fast nur über | |
Massentierhaltung, Futtermittelimporte, Pestizideinsatz. Und bei diesen | |
Sachfragen sind die Gemeinsamkeiten geringer. Zwar gibt auch Altmaier ein | |
paar grüne Klassiker zum Besten („Wir haben nur diesen einen Planeten, und | |
den haben wir nur geliehen“; „Ich bin traurig über jede Insektenart, die | |
verschwindet“), aber in der Sache verteidigt er die | |
CDU-Landwirtschaftspolitik, die Hofreiter in seinem Buch verdammt. | |
## Da lächelt Altmaier nur milde | |
Megaställe sind für Altmaier nicht automatisch schlecht, das umstrittene | |
Pflanzengift Glyphosat hält er für unverzichtbar und freien Handel mit | |
Agrargütern durch die heftig umkämpften Handelsabkommen TTIP und Ceta für | |
unbedingt wünschenswert. Auch Hofreiters aktuellen Vorschlag, den | |
Hartz-IV-Satz zu erhöhen, damit sich auch die Bezieher dieser Leistung | |
Bioessen leisten können, weist Altmaier zurück. Tatsächlich ist die | |
Landwirtschaftspolitik eins der Themen, das eine schwarz-grüne Koalition | |
derzeit schwierig erscheinen lässt: Während sich die Union als | |
Schutzpatronin der industriellen Landwirtschaft versteht, setzen die Grünen | |
auf kleinbäuerliche Strukturen und Ökolandbau. | |
Nicht nur Altmaier hält diese Differenzen für überbrückbar und Hofreiter | |
für ministrabel. Auch der eigentlich zu Rot-Rot-Grün tendierende | |
Grünen-Fraktionschef sieht die Agrarpolitik nicht als unüberwindbares | |
Hindernis für ein schwarz-grünes Bündnis. „In einer Koalition werden wir | |
unser Programm nicht gleich zu 100 Prozent umsetzen können“, sagt er. Doch | |
langfristig werde es darauf hinauslaufen: „Wir haben einfach die besseren | |
Argumente.“ Da lächelt Altmaier nur milde. | |
Dass es nicht immer ganz leicht wird, sich gegen die Union durchzusetzen, | |
führt Altmaier auch beim gemeinsamen Fotoshooting vor einem großen Cover | |
des Buches vor. Den Titel „Fleischfabrik Deutschland“ verdeckt der | |
Kanzleramtschef dabei fast komplett. „Das war mit Absicht“, verrät er | |
später. „Das Buch ist nämlich spannend, aber den Titel finde ich falsch.“ | |
Bloß damit das Plädoyer für Schwarz-Grün nicht ganz allein stehen bleibt, | |
erwähnt Altmaier noch, er würde auch ein Buch von FDP-Chef Christian | |
Lindner vorstellen – wenn es ihm gefalle. | |
7 Jun 2016 | |
## AUTOREN | |
Malte Kreutzfeldt | |
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