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# taz.de -- Die Arbeitsmoral des Peter Altmaier: Endlich Vollbeschäftigung
> Peter Altmaier gibt es jetzt doppelt: Der eine führt das Kanzleramt, der
> andere schreibt das CDU-Programm für den Wahlkampf. Wie will er das
> schaffen?
Bild: Tanzt auf allen Hochzeiten: Peter Altmaier
Franz Josef Strauß, Gott hab ihn selig, fehlt eben doch. Sein später
Nachfolger Andreas Scheuer hat uns in dieser Woche mal wieder schmerzhaft
daran erinnert. „Für ein top Zukunftsprogramm brauchen wir alle mit an
Bord“, [1][jubelte der CSU-Generalsekretär], nachdem ihn die Nachricht
erreicht hatte, dass Kanzleramtschef Peter Altmaier demnächst in
nebenberuflicher Tätigkeit das Wahlprogramm der CDU verfassen wird. Was für
ein Quark: So viel Nachsicht mit der Schwesterpartei hätte es unter Strauß
nicht gegeben.
Für die Lex Altmaier gibt es in der CDU ja quasi einen Präzedenzfall. Er
heißt Heiner Geißler. Ähnlich wie Altmaier heute war der Schwabe schon ab
1982 in einer Doppelrolle unterwegs, als CDU-Generalsekretär und
Bundesfamilienminister erledigte er zwei Vollzeitjobs auf einmal. Nie zuvor
und nie danach schickte die Partei einen Generalsekretär ins Kabinett, und
das mit gutem Grund.
Zunächst hatte sich nur die Opposition an Geißlers Doppelbelastung gestört.
Im Bundestag [2][fragte die SPD die Regierung] ein halbes Jahr nach
Amtsantritt, „an wieviel Arbeitstagen Bundesminister Dr. Geißler,
(Monatsgehalt einschließlich Diäten über 20 000 DM) neben seinem
Fulltime-Job als Generalsekretär der CDU ganztägig in seinem
Bundesministerium gearbeitet“ habe. Eine Antwort bekamen die
Sozialdemokraten nicht, dafür stieg nun die Presse auf das Thema ein.
Der Minister sehe sein Regierungsamt „nur als ‚Teilzeitjob‘ an“,
[3][schrieb der Spiegel]. So habe Geißler einmal den chinesischen
Gesundheitsminister in Bonn empfangen, diesen samt Delegation aber schon
nach einer halben Stunde wieder stehen lassen, weil der CDU-Parteitag ihn
Köln nicht ohne ihn starten konnte. Ministerialbeamte fühlten sich derweil
zu „Hilfsarbeitern der CDU-Zentrale degradiert“, weil sie Post bearbeiten
sollten, die ausdrücklich an den Generalsekretär Geißler adressiert war.
Das Ergebnis: Unterm Strich habe das Ministerium innerhalb der
Bundesregierung „gewiß nicht die erste Geige“ gespielt. Eher die Triangel.
## Schlechter Eindruck bei den Wählern
Am Ende reichte es dann eben auch Franz Josef Strauß. Der CSU-Patriarch kam
mit Geißler ohnehin nicht gut zurecht, dessen Ämterhäufung war für ihn eine
willkommene Gelegenheit zur Attacke. Ein Posten müsse unter der
Doppelbelastung auf jeden Fall leiden, wahrscheinlich sogar beide, klagte
der Bayer. Vor allem hinterlasse es aber bei den Wählern einen schlechten
Eindruck, wenn ein Spitzenpolitiker vom Staat bezahlte werde, gleichzeitig
aber in zentraler Position für seine Partei arbeite, ohne dass diese Geld
für ihn ausgebe.
Im Grunde ist damit auch für den Fall Altmaier alles gesagt.
Generalsekretär soll der Kanzleramtschef zwar nicht werden. Seine Rolle im
Wahlkampf klingt aber nach einer Vollzeit-Beschäftigung: Sogar ein eigenes
Büro in der Parteizentrale wird er für seine neue Aufgabe beziehen.
Schreibt er dort nur nach Feierabend am Wahlprogramm oder nimmt er für die
Zeit bis zur Bundestagswahl im Kanzleramt seinen Resturlaub, ist das nicht
zu beanstanden. Andernfalls ist Altmaiers neuer Job ein Problem.
Als Kanzleramtschef ist er Manager der Regierungsarbeit, Aufseher der
Geheimdienste und noch dazu Koordinator der Flüchtlingspolitik. Das sind
drei verantwortungsvolle Aufgaben, die für einen vierten Job im
Konrad-Adenauer-Haus eigentlich keine Zeit lassen. Umgekehrt muss die CDU
durch ihr neues Personalmodell mit dem Verdacht leben, Geld und Ressourcen
der Bundesregierung für die eigene Wahlkampfplanung umzuwidmen. Das macht
nicht nur beim Wähler einen schlechten Eindruck, sonder ist auch durch das
Grundgesetz nicht vorgesehen.
Bleibt eigentlich nur eine Möglichkeit: Die Bundeskanzlerin untersagt ihrem
Minister seine neue Nebentätigkeit. Das wiederum wird nicht passieren, da
Angela Merkel neben ihrer Funktion im Kanzleramt ja ebenfalls ein Büro im
Konrad-Adenauer-Haus unterhält, womit wir auch schon beim nächsten
Interessenkonflikt ankommen. In anderen Ländern ist es ausgeschlossen, dass
Regierungschefs gleichzeitig ihre Partei führen. In Deutschland nicht.
Seltsamerweise hat das aber schon Franz Josef Strauß nicht gestört.
11 Apr 2017
## LINKS
[1] http://www.bild.de/politik/inland/peter-altmaier/altmaier-soll-zuruecktrete…
[2] http://dipbt.bundestag.de/doc/btd/09/023/0902356.pdf
[3] http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-14019570.html
## AUTOREN
Tobias Schulze
## TAGS
Schwerpunkt Bundestagswahl 2025
Peter Altmaier
Franz Josef Strauß
Parteichef
Kanzleramtschef
Klima
Marietta Slomka
Anton Hofreiter
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