| # taz.de -- Mindestpreise für Fleischerzeugnisse: Grüner Zoff um Billigschnit… | |
| > Ein grüner Agrarexperte fordert Mindestpreise für Koteletts und wird von | |
| > Anton Hofreiter abgekanzelt. Im Agrarbereich ist die Meinung gespalten. | |
| Bild: Friss die Hälfte: Wenn Fleisch mehr kostet, wird es vermutlich seltener … | |
| Berlin taz | „Das wöchentliche Einheitsschnitzel zum Einheitspreis wird es | |
| mit mir nicht geben“, da ist Christian Schmidt sicher. Nicht nur der | |
| CSU-Bundesagrarminister fühlte sich an das Thema „Veggie-Day“ erinnert, das | |
| den Grünen den Wahlkampf 2013 verhagelt hatte, nachdem der grüne | |
| Agrarexperten Friedrich Ostendorff in mehreren Medien ein Verbot von | |
| Dumpingangeboten und einen verbindlichen Mindestpreis für Fleisch gefordert | |
| hatte. | |
| Mindestens 2,99 Euro für ein Kilo Kotelett? Billigschnitzel raus aus den | |
| Supermärkten? Da zog Anton Hofreiter die Notbremse. Es handle sich nur um | |
| den „Debattenbeitrag eines einzelnen Abgeordneten“, kanzelte der grüne | |
| Bundestagsfraktionschef seinen Agrarexperten Ostendorff ab. Übersetzt heißt | |
| das: Halt’s Maul. | |
| „Wir brauchen Mindestpreise und müssen Dumpingpreise verbieten“, hatte | |
| Ostendorff, selbst Landwirt, noch am Dienstag in Zeitungsinterviews gesagt. | |
| Am Mittwoch äußerte der Grüne sich dann nicht mehr zu seinem Vorschlag. | |
| Kurz zuvor hatte er Billigfleisch noch angeprangert: „Für 2,99 Euro kann | |
| niemand ein Kotelett gewinnbringend produzieren, bei dem es dem Tier auch | |
| noch gut gegangen ist.“ Und: Der Handel selbst sage ja, „dass 70 Prozent | |
| der Fleischmenge im Supermarkt verramscht wird und im Sonderangebot | |
| erhältlich ist“. | |
| Nicht nur Milchbauern können derzeit kaum von ihren Erträgen leben, auch | |
| die Schweinezucht lohnt nicht für alle Bauern. Der Markt ist übervoll, | |
| unter anderem wegen der Sanktionen gegen Russland und geringer Verkäufe | |
| nach China. Konventionelle Landwirte erhalten – trotz Grillsaison – derzeit | |
| nur etwa 1,50 Euro pro Kilo Schweinefleisch, „schreiben aber erst bei etwa | |
| 1,60 Euro schwarze Zahlen“, sagt Michael Lohse, Sprecher des | |
| Bauernverbands. | |
| In der Agrarszene wird der Vorschlag Ostendorffs wohlmeinend diskutiert: | |
| „Ein großes Dankeschön“, sagt etwa Ulrich Jasper, Geschäftsführer der | |
| kritischen Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL). Dessen | |
| Realisierung hält er für unwahrscheinlich. Dennoch: „Die eigentliche | |
| Debatte wird so befeuert“, da ist Jasper sicher. „Nämlich: Wie schaffen wir | |
| es, den Bauern eine artgerechte, umweltverträgliche Haltung zu | |
| ermöglichen?“ | |
| ## Konventionelle Landwirte sind skeptisch | |
| Für die konventionellen Landwirte passen Mindestpreise nicht in die Zeit: | |
| Wenn der Staat eingreife – wie etwa beim Höchstpreis für Brot in Venezuela | |
| – führe das zu Marktverzerrungen, sagt Sprecher Lohse: „Das funktioniert | |
| nicht.“ Die Macht des Handels sei mitentscheidend für die Misere: „Immer | |
| weniger vom Ladenpreis kommt beim Bauern an.“ Natürlich geht es auch um die | |
| Verbraucher: Derzeit liege der Bio-Anteil beim Schweinefleisch in | |
| Deutschland nur bei 0,2 Prozent – „Discountermentalität“ nennt das Lohse. | |
| Auf die Macht der Kunden setzt auch Franka Kuhn: „Es fehlt ein Siegel, dass | |
| dem Kunden gutes, nachhaltiges Fleisch signalisiert, für das | |
| Mindeststandards eingehalten wurden“, sagt die Sprecherin beim | |
| Bundesverband Verbraucherzentrale. AbL-Mann Jasper regt dagegen an, die | |
| Produktionsmengen zu kappen. Etwa, indem es 10 Prozent mehr Platz gebe: Ein | |
| Mastschwein hat in Deutschland derzeit nur 0,75 Quadratmeter, EU-weit sind | |
| es mindestens 0,65 Quadratmeter. | |
| Und der Streit bei den Grünen? Er dürfte weitergehen: Am Samstag treffen | |
| sich Hofreiter und Ostendorff bei einer Fraktionskonferenz in Hannover. | |
| Dabei ist auch eine Diskussion zum Thema „Schluss mit dem Preisdumping“ | |
| geplant. | |
| 16 Jun 2016 | |
| ## AUTOREN | |
| Kai Schöneberg | |
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