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# taz.de -- Streit um Flugobjekte: Der Himmel voller Drohnen
> Flugzeuge, Vögel, Drohnen: Es ist viel los in der Luft. Deshalb will der
> Verkehrsminister die Gesetze überarbeiten. Das sorgt für Ärger.
Bild: Drohne in freier Wildbahn. Auch viele ihrer Vorfahren sind noch unterwegs…
Berlin taz | Am Abendhimmel schwebt eine orangefarbene Drohne. Sie sieht
aus wie eine einfach gezeichnete Blume: ein Kreis, aus dem halbrunde
Blütenblätter wachsen. Surrend gleitet sie nach unten und landet sanft auf
dem Rasen. Nur Minuten später jagen vier kleine, insektenartige Kopter mit
150 Stundenkilometern durch einen Hindernisparcours. Während einer der
Flitzer hart am Boden aufprallt und mucksmäuschenstill liegenbleibt, geht
langsam die Sonne unter.
Zu dem Treffen der [1][Gruppe Dronemasters] im brandenburgischen Wildau
sind diesmal rund 60 Menschen gekommen. Sie wollen sich die Flugshow
ansehen und über Neues aus der Welt der unbemannten Luftfahrzeuge (UAVs)
reden: technische Details, Forschung, Drohnenrennen. Es ist ein wenig wie
eine Reise in die Zukunft, dabei ist vieles, über das gesprochen wird,
längst Gegenwart. Doch die Gesetzeslage ist unklar – das sorgt für Ärger.
In Deutschland sind rund 400.000 private und gewerbliche Drohnen im Umlauf.
Im Elektroladen ist zwischen 20 und 7000 Euro alles zu haben – kaufen darf
sie jeder. Gleichzeitig häufen sich die Berichte über Beinah-Kollisionen
mit Menschen oder Vögeln, während Videos im Internet riskante Manöver am
Flughafen oder über Wohngebieten aus Drohnensicht zeigen. Deshalb hat
Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt angekündigt, die
Luftverkehrsordnung zu ändern. Unter anderem sollen [2][private
Drohnenflüge in einer Höhe von mehr als 100 Metern verboten] werden.
Der lauteste Widerstand kommt von der [3][Initiative Pro Modellflug]. Eine
Petition des Deutschen Modellfliegerverbands (DMFV) haben bisher knapp
70.000 Personen und mehr als 120 Unternehmen unterzeichnet. Die neue
Gesetzgebung, heißt es darin, könne dazu führen, dass dem Modellflug in
seiner jetzigen Form das Aus droht. Denn die 100-Meter-Regel soll pauschal
für alle UAVs gelten – also für Modellflugzeuge und für Drohnen.
Der Präsident des Verbands, Hans Schwägerl, hat sich deshalb Anfang Mai mit
politischen Beamten des Verkehrsministeriums getroffen. „Sicherheit ist
wichtig, aber das darf unser Hobby nicht beeinträchtigen“, sagt er. Wenn
bei 100 Metern Ende wäre, könnten manche Sparten wie Segelhochflug nicht
mehr ausgeübt werden. Doch ihn stört noch etwas anders. Mit der neuen
Luftverkehrsordnung werde kaum Neues geregelt, meint er. Stattdessen würden
[4][bereits bestehende Gesetze] oft schlicht nicht angewendet und
kontrolliert.
## Vieles ist schon gesetzlich geregelt
Wer ein unbemanntes Luftfahrzeug privat nutzt und das Gerät nicht mehr als
fünf Kilogramm wiegt, darf ohne Erlaubnis bis zu 30 Meter aufsteigen, bis
25 Kilogramm höchstens 50 Meter. Für alles, was darüber hinausgeht, müssen
die Luftfahrtbehörden der Länder eine Genehmigung ausstellen; grundsätzlich
darf nur in Sichtweite und ohne die Privatsphäre anderer zu stören geflogen
werden. Das gilt genauso für Sportwettbewerbe auf dem Flugplatz wie für
Menschen, die ihr Fluggerät im Park oder im Garten aufsteigen lassen.
Rund um Flughäfen ist das [5][noch strenger geregelt]. In den dort
festgelegten Kontrollzonen dürfen UAVs gar nicht geflogen werden, ab einem
Abstand von eineinhalb Kilometern muss eine Freigabe bei der Flugsicherung
beantragt werden. Trotzdem hat die Deutsche Flugsicherung im vergangenen
Jahr zwölf Drohnen in der Nähe von Flugzeugen registriert, in diesem waren
es bisher drei. Das Problem: Für die Radare der Flughafentowers sind sie
unsichtbar. Sie sind zu klein und bieten keine Fläche, um die Wellen zu
reflektieren – und der Lotse hat keine Möglichkeit, den Piloten frühzeitig
zu informieren.
Dem Piloten-Verband [6][Vereinigung Cockpit] reicht der neue
Gesetzesvorschlag deshalb nicht. Fast täglich würden mittlerweile
gefährliche Annäherungen von Drohnen an bemannte Flugzeuge gemeldet, heißt
es dort. Gerade unter 150 Metern sei die Gefahr eines Zusammenstoßes hoch:
Bei Rettungs- und Polizeieinsätzen mit dem Hubschrauber etwa helfe die
Höhenbegrenzung nicht. Ein Flugverbot über Menschenansammlungen, Unfällen
und anderen Einsatzorten der Polizei will das Verkehrsministerium aber
erlassen.
Mit Modellfliegern hat es solche Probleme bisher nicht gegeben, weder an
Unfallorten noch an Flughäfen. Deshalb ist Minister Dobrindt bereit, mit
der Initiative Pro Modellflug über die 100-Meter-Regel zu verhandeln. Auf
die Frage, ob Drohnenpiloten grundsätzlich risikofreudiger seien, antwortet
Flugmodell-Präsident Schwägerl verhalten. Es sei eben eine neue Mode, die
sich weniger über das Vereinswesen organisiere. Zudem seien die neuen
Geräte reizvoll, weil sie einfacher zu steuern sind als Flugmodelle und
aufgrund der Kameras neue Möglichkeiten bieten. Er klingt ein bisschen
wehmütig. Begrüßenswert sei aber am Vorstoß des Verkehrsministers, alle
unbemannten Luftfahrzeuge ab 500 Gramm künftig kennzeichnen zu lassen.
Das sieht man beim Treffen der Dronemasters ähnlich. Die Flugregeln kennen
hier alle. Einige haben früher selbst Modellflugzeuge zusammengeschraubt,
heute bauen und fliegen sie Drohnen. Sie haben auch die Petition des DMFV
unterschrieben. „Kopter ist Kopter“, heißt es, der Unterschied sei gar
nicht so groß. In einem Punkt jedoch sind sich alle einig: Wichtiger als
die Flughöhe zu begrenzen sei es für den Gesetzgeber, Standards für die
technische Ausstattung festzulegen und diese auch durchzusetzen.
## Technisch geht noch einiges – theoretisch
Was in diesem Bereich [7][alles möglich ist], weiß Arno Fischer. Er forscht
an der Technischen Hochschule Brandenburg an Drohnen, die autonom fliegen
können. Zur Debatte um die Sicherheit im Luftraum sagt er: „Die Lage ist
übel.“ Dabei seien technische Lösungen durchaus vorhanden. Bedarf sieht er
vor allem bei leichten Transpondern, also Funkgeräten, über die Flugzeuge
nicht nur untereinander, sondern auch mit Drohnen über Höhen und Routen
kommunizieren können. „Dass die Drohne sicher neben dem Flugzeug fliegt,
ist dann ein realistisches Szenario“, sagt er. Für sinnvoll hält er auch
eine standardmäßig eingebaute Blackbox: Dann könnte abgelesen werden, was
bei einem Absturz oder einem Zusammenstoß wirklich passiert ist.
Bisher ist es allerdings allein den Herstellern überlassen, was davon
tatsächlich eingebaut wird. Einige von ihnen sorgen zwar dafür, dass die
Fluggeräte nicht in Flugverbotszonen gesteuert werden können. Dann
blockiert die Drohne den Weiterflug von allein. Doch selbst in teureren
Modellen ist das Kartenmaterial manchmal veraltet. Das müsse sich ändern,
meint Fischer. Den Menschen hinter dem Gerät schenkt er nur wenig
Vertrauen. Die meisten Unfälle von Piloten seien menschlichem Fehlverhalten
geschuldet, sagt er: „Drohnen sind sicherer, wenn sie sich komplett autonom
verhalten“.
Bis es soweit ist, werden wohl noch ein paar Jahre vergehen. Es ist
wünschenswert, dass die Frage nach der [8][Überwachung durch
Kamera-Drohnen] schneller geklärt wird. Das gilt auch für die Regeln im
Luftraum – auch wenn sich manche Meldung bei der Deutschen Flugsicherheit
als falscher Alarm entpuppt hat. Ähnlich wie bei dem vermeintlichen Unfall
zwischen einer Drohne und einem Flugzeug in London im April, bei dem sich
zwei Wochen später herausstellte: Es war [9][wahrscheinlich nur eine
Plastiktüte].
13 May 2016
## LINKS
[1] http://www.dronemasters.berlin/de/
[2] http://www.bmvi.de/SharedDocs/DE/Artikel/K/151108-drohnen.html?linkToOvervi…
[3] http://www.pro-modellflug.de/
[4] http://www.bmvi.de/SharedDocs/DE/Publikationen/LF/unbemannte-luftfahrtsyste…
[5] https://www.dfs.de/dfs_homepage/de/Services/Luftsport%20&%20Freizeit/Fl…
[6] http://www.vcockpit.de/themen-und-positionen/flugsicherheit/safesky-2016/un…
[7] http://www.drohnen.de/8610/dji-geo-dynamische-luftraumkarten-und-registrier…
[8] /Grundrechte-in-Gefahr/!5286227/
[9] http://www.spiegel.de/panorama/london-heathrow-flugzeug-kollidierte-doch-ni…
## AUTOREN
Hanna Pütz
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