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# taz.de -- Drohnen fliegen lassen in Deutschland: Bedrohnung von oben
> Am Himmel wird es eng: Etwa 400.000 Drohnen wurden 2016 in Deutschland
> verkauft. Damit fliegen kann jeder. Aber was ist erlaubt, was verboten?
Bild: Drohnen machen sehr genaue Fotos von oben, auch die Feuerwehr nutzt sie. …
Sie müssen sich Trendaktivitäten widmen, um nicht zu frösteln. Zum
Rumliegen und Überetwasreden und Warmesbiertrinken ist es auf dem
Tempelhofer Feld in Berlin inzwischen zu kalt. Also bewegen sich die Leute:
Sie boarden und surfen, segwayen und kiten, inlinern und pokémongoen.
Traditionsbewusste wagen den schnöden Spaziergang auf der äußeren
Asphaltbahn.
Und dann gibt es doch noch ein paar wenige, die regungslos in den
wolkenverhangenen Herbsthimmel starren. Hoch konzentriert verfolgen sie die
untertassenmäßigen Bewegungen blinkender Flugobjekte. Es sind Quadrocopter,
Hexacopter, einige wenige Oktocopter sogar. Allesamt ferngesteuerte
Drohnen, die sich mit einer Vielzahl von batteriebetriebenen Rotorblättern
in luftige Höhen abstoßen, um surrend und brummend über den Köpfen der
Feldbesucher zu schweben und dabei an den Panik verursachenden Sound in der
Nähe von Bienenstöcken erinnern.
Nicht jeder ist von den Multicoptern so fasziniert wie ihre Piloten. Bei
überambitionierten Tiefflugmanövern verschuldet der Hightechspaß zuweilen
Beulen, Platzwunden, fiese Frisuren. Kennt man aus Pannenvideos. Das
Grünflächenamt verweist die Amateurflieger darum häufig des Feldes – auch
wenn die Regelung zum generellen Flugverbot über Berlin inzwischen
gelockert wurde. 1,5 Kilometer um Flughäfen darf nicht geflogen werden,
rund um den Reichstag gilt gar eine 5,5-Kilometer-Sperrzone.
Außerdem dürfen keine Krankenhäuser, Naturschutzgebiete, Kraftwerke oder
Gefängnisse in der Nähe sein, und auch über Menschengruppen bleibt Fliegen
untersagt. Ansonsten dürfen Modelle bis 5 Kilogramm in einer Höhe von bis
zu 30 Metern fliegen.
## Flugzeugen gefährlich nahe
Über den 30 Metern beginnt laut Deutscher Flugsicherung der kontrollierte,
lizenzierte und genehmigungspflichtige Luftraum. In den kann allerdings
auch die billigste Spielzeugdrohne eindringen, mal versehentlich von der
Thermik, mal von der bloßen Neugier ihrer Piloten angetrieben. Größere
Modelle steigen kilometerweit auf – und könnten dort natürlich
Hubschraubern und Flugzeugen zu nahe kommen. Abstürze und Todesfälle hat es
zwar noch keine gegeben, ebenso wenig wie Terroranschläge durch gehackte
oder mit Sprengstoff bestückte Drohnen.
Die Deutsche Flugsicherung zählte in diesem Jahr knapp über 40 Fälle, in
denen Drohnen Flugzeugen gefährlich nahe kamen – in der Regel innerhalb der
Sperrzone rund um Flughäfen. Und mit jedem medial erwähnten Zwischenfall
wächst die Sorge dass es tatsächlich zu einer Kollision kommt. Welchen
Schaden Drohnen in einer Turbine oder einem Rotor anrichtet, wird noch
untersucht. Unterdessen wächst in der Luft die Anzahl der Laien, die nicht
immer mit Flugtalent glänzen.
Am Himmel wird es allmählich eng. Schätzungsweise 400.000 Drohnen wurden
bislang 2016 in Deutschland verkauft. Tendenz steigend, die Dinger bringen
schließlich Spaß. Die Geräte sind erschwinglich, ihre Technik übersteht
Stöße und Abstürze, die Fernsteuerung lässt sich immer intuitiver bedienen.
Mittlerweile lassen sich Drohnen per App auf dem Smartphone oder mit einem
Armband am Handgelenk steuern. Fliegen kann im Regelfall jeder. Und dabei
auch noch spektakuläre Bilder und Videos aufnehmen. Eine Kamera hat
schließlich so ziemlich jede Drohne an Bord.
## Persönlichkeitsrechte verletzend
Und das bringt schon die nächsten Drohnengegner auf die Palme: die
Datenschützer. Die Bilder aus der Vogelperspektive sehen schick aus, geben
spannende Einblicke – und verletzen schnell mal die Persönlichkeitsrechte.
Kann ein privater Flug mit einer Drohne schon als Videoüberwachung gewertet
werden? Und wie oder was kann man mit einer Kamera aus 30 Metern über einer
Großstadt überhaupt filmen, ohne dabei Personen oder Privatgelände
aufzunehmen?
Der Gesetzgeber muss sich ein paar Gedanken machen, den Rechtsrahmen zu
konkretisieren. Gerade verhandelt er ein Positionspapier vom Bundesverband
der Deutschen Luftverkehrswirtschaft über so genannte unbemannte
Luftfahrtsysteme. Umgangssprachlich: Drohnen.
Im Frühjahr nächsten Jahres soll dann feststehen, ob Drohnen fortan
gekennzeichnet werden müssen, ob ihre Besitzer in einer Datenbank
registriert werden, ob sie eine Art Führerschein machen oder ein paar
Flugstunden ablegen sollen und in welchen Lufträumen sie unterwegs sein
dürfen.
Zwangsläufig werden dabei die Rechte derer beschnitten, die sich schon ein
paar Jahrzehnte länger in der Luft herumtreiben: die Modellflieger. Viele
von ihnen fürchten, dass der Bundesverkehrsminister den Wildwuchs der
Drohnen am Himmel begrenzt und die Flughöhe für alle auf 100 Meter
beschränkt. Auch für diejenigen, die die Luftfahrtsysteme kommerziell
nutzen oder nutzen wollen, um etwa Gelände zu vermessen, Filme zu
produzieren, Lagerbestände zu inspizieren, Postsendungen auszuliefern und
so weiter, könnten dann ein paar mehr Steine in den Weg rollen.
Oder aber die Hersteller selbst reglementieren die Freiheit der
Laienpiloten. Die Drohnen, die durch Höhenmesser, Stabilisatoren, Barometer
und sonstige Sensoren immer sicherer fliegen können, ließen sich nämlich
auch serienmäßig mit Transpondern und Geofencing-Systemen versehen. Dann
wären die surrenden Spielzeugflieger per Werkseinstellung so programmiert,
dass sie keinen Privatbesitz überfliegen und in Flugverbotszonen gar nicht
erst abheben können. So würde die neueste Technik selbst das Problem mit
der neuesten Technik lösen.
30 Oct 2016
## AUTOREN
Philipp Brandstädter
## TAGS
Drohnen
Luftverkehr
Drohnen
US-Drohnen
Dokumentarfilm
MIT
Drohnen
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