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# taz.de -- Streit um Überwachung in Niedersachsen: Zoff, Gesetz und Ordnung
> Abgehörte Telefone, anlasslose Kontrollen: Ein Grundsatzurteil aus
> Karlsruhe verschärft den rot-grünen Streit über Niedersachsens neues
> Polizeigesetz.
Bild: Big Brother fährt Bahn: Datenschutz ist ein Streitthema in der niedersä…
Hannover taz | Hinter den Kulissen ringt die rot-grüne Regierungskoalition
in Niedersachsen um ein neues Polizeigesetz. Bis der Landtag eine
Neuregelung verabschiede, werde wohl noch „ein halbes bis ein Jahr“
vergehen, sagte die innenpolitische Sprecherin der grünen Landtagsfraktion,
Meta Janssen-Kucz, der taz. Zuvor hatte bereits die
Landesdatenschutzbeauftragte Barbara Thiel (CDU) massive Nachbesserungen
des Gesetzes gefordert.
Hintergrund ist ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts, das die
Kompetenzen des Bundeskriminalamts (BKA) deutlich eingeschränkt hatte.
Teile des BKA-Gesetzes seien verfassungswidrig, urteilten die Karlsruher
Richter im April. So dürften Informationen, die beim heimlichen Abhören von
Telefonen und Wohnungen zur Gefahrenabwehr gewonnen werden, nicht
automatisch zur Strafverfolgung genutzt werden, so das Gericht unter
Hinweis auf die informationelle Selbstbestimmung. Außerdem müssten die
Sicherheitsbehörden durch Datenschützer besser kontrolliert werden –
schließlich ahnten die Abgehörten selbst nicht von den heimlichen
Kontrollen, so das Urteil.
In dem bisher nur ausgewählten Verbänden wie den Polizeigewerkschaften,
nicht aber der Öffentlichkeit vorliegenden Polizeigesetzentwurf von
Niedersachsens SPD-Innenminister Boris Pistorius aber seien all diese neuen
Karlsruher Vorgaben noch überhaupt nicht berücksichtigt worde, kritisierte
Mattias Fischer, Sprecher der Landesdatenschutzbeauftragten Thiel. Deshalb
seien zahlreiche Regelgungen in Pistorius' Entwurf „verfassungswidrig“.
Nötig sei eine tiefgreifende Überarbeitung des Gesetzes, sagte auch
Fischer. „Die neuen Anforderungen sind so umfangreich, dass sie auf keinen
Fall mit ein bis drei Federstrichen eingefügt werden können.“ Unterstützung
bekommt seine Datenschutzbehörde von der FDP. „Was für das BKA
verfassungswidrig ist, darf nicht von SPD und Grünen im niedersächsischen
Polizeigesetz festgeschieben werden“, sagte der FDP-Innenpolitiker
Jan-Christoph Oetjen. Die bei jeder Gesetzgebung nötige Verbandsanhörung
müsse wiederholt werden.
Eine neue Anhörung fordern auch die Grünen – aber nicht durch das
Innenministerium, sonderrn durch den Innenausschuss des Landtags.
„Bürgerrechtsorganisationen wie etwa Amnesty International konnten noch gar
keine Stellungnahme abgeben“, sagte die Innenpolitikerin Janssen-Kucz, die
auch Landesvorsitzende der niedersächsischen Grünen ist.
Auch die Öffentlichkeit würde erst durch eine solche Anhörung erstmals über
den Stand der Verhandlungen zwischen dem eher polizeinahen Innenminister
Pistorius und den bürgerrechtsbewegten Grünen informiert: Da bisher nur
Insider den Entwurf des Polizeigesetzes kennen, kursieren über den Umfang
künftig erlaubter Polizeikontrollen und -überwachung in der
Landeshauptstadt Hannover lediglich Gerüchte.
„Diese Geheimniskrämerei ist voll daneben“, sagte der Bürgerrechtler
Michael Ebeling von der Gruppe Freiheitsfoo, die sich auf die Grundsätze
des Arbeitskreises Vorratsdatenspeicherung beruft. „Beim Thema Transparenz
unterscheidet sich Rot-Grün kein bisschen von der Vorgängerregierung aus
CDU und FDP.“
19 May 2016
## AUTOREN
Andreas Wyputta
## TAGS
Datenschutz
Schwerpunkt Überwachung
Niedersachsen
Polizei Thüringen
Schwerpunkt Überwachung
FDP
Privacy Shield
Störerhaftung
Unfälle
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Datenschutz
Niedersachsen
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