| # taz.de -- Steuerschätzung nach oben korrigiert: Neue Milliarden für alte W�… | |
| > Wegen der soliden Wirtschaftsentwicklung steigen die Steuereinnahmen an. | |
| > Uneinigkeit besteht darüber, wofür das Geld verwendet wird. | |
| Bild: „Nicht alles, was wünschenswert erscheint, ist auch bezahlbar“ | |
| Berlin taz | Die Politik diskutiert wieder die Luxusfrage: Wofür können wir | |
| das zusätzliche Geld ausgeben? Der neue Anlass ist die Steuerschätzung, die | |
| Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) am Mittwoch präsentierte. | |
| Bund, Länder und Gemeinden können demnach wieder einmal mit höheren | |
| Steuereinnahmen rechnen. Das Plus beträgt fünf Milliarden Euro in diesem | |
| Jahr, bis 2020 insgesamt 42,4 Milliarden. | |
| Der Arbeitskreis Steuerschätzung, in dem unter anderem Wirtschaftsforscher | |
| und Finanzministerien zusammensitzen, ermittelt zweimal pro Jahr, welche | |
| Staatseinnahmen zu erwarten sind. Im Vergleich zur Steuerschätzung im | |
| November 2015 korrigieren die Experten ihre Rechnung nun nach oben. Der | |
| Bund wird 2016 über zwei Milliarden Euro zusätzlich verfügen können, die | |
| Bundesländer bekommen 2,4 und die Städte 0,7 Milliarden mehr. | |
| Danach sollen die jährlichen Zusatzeinnahmen weiter wachsen. 2017 fließen | |
| beispielsweise 6,3 Milliarden mehr in die Staatskassen, sagen die | |
| Steuerschätzer, 2018 schon 8,4 und 2020 dann 12,5 Milliarden Euro. | |
| Insgesamt steigen die Steuereinnahmen von 691 Milliarden in diesem Jahr auf | |
| 808 Milliarden Euro 2020. 2016 beträgt das Steueraufkommen etwa 23 Prozent | |
| im Vergleich zum Bruttoinlandsprodukt. | |
| Die höheren Einnahmen kommen durch die gut laufende Wirtschaft zustande. | |
| Die Zahl der Arbeitsplätze ist hoch. In etlichen Branchen erhalten die | |
| Beschäftigten nennenswerte Lohnerhöhungen. Deswegen vereinnahmt der Staat | |
| mehr Einkommensteuer. Weil viele Bürger sich etwas leisten können, geben | |
| sie mehr Geld in den Geschäften aus. Dadurch steigt das Aufkommen der | |
| Umsatzsteuer. | |
| ## Mehr Mittel für Integration | |
| Angesichts dieser Lage gibt es nun verschiedene Empfehlungen für höhere | |
| Ausgaben. Marcel Fratzscher, Präsident des Deutschen Instituts für | |
| Wirtschaftsforschung (DIW), plädiert für mehr öffentliche Investitionen in | |
| Infrastruktur und Bildung. Die Grünen fordern ein Investitionspaket für die | |
| Integration der Flüchtlinge, die 2015 kamen. Auch der soziale Wohnungsbau | |
| für die einheimische Bevölkerung müsse ausgedehnt werden, meinen die grünen | |
| Finanzexperten Kerstin Andreae und Sven-Christian Kindler. Sie verlangen, | |
| dass die große Koalition dem Bundestag einen Nachtragshaushalt für 2016 mit | |
| entsprechenden Mehrausgaben vorlegt. | |
| „Bund und Länder sollten die voraussichtlichen Steuermehreinnahmen nutzen, | |
| um die Kommunen in Milliardenhöhe bei der Integration von Flüchtlingen in | |
| die Gesellschaft zu unterstützen“, sagte Eva Lohse, die Präsidentin des | |
| Deutschen Städtetages. Der Anstieg der Unterkunftskosten für | |
| Hartz-IV-Empfänger dürfe nicht an den Kommunen hängen bleiben, so Lohse. | |
| Finanzminister Schäuble liegt vor allem daran, in diesem und im nächsten | |
| Jahr wieder ohne neue Schulden auszukommen. Passiert nichts | |
| Außergewöhnliches, dürfte das gelingen. In diesem Rahmen ist Schäuble | |
| bereit, gewisse Wünsche zu erfüllen. So bietet er den Bundesländern und | |
| Gemeinden eine Milliarde Euro mehr zur Flüchtlingsfinanzierung in 2016. Die | |
| Länder hätten gerne deutlich mehr – bis zu vier Milliarden. | |
| Der SPD-Führung machte Schäuble unlängst das Zugeständnis, Elektroautos mit | |
| einem Kaufzuschuss aus Steuermitteln von 2.000 Euro zu fördern. Das | |
| Programm zur Unterstützung der Elektromobilität soll eine Milliarde Euro | |
| bis 2019 kosten. Umweltministerin Barbara Hendricks und Wirtschaftsminister | |
| Sigmar Gabriel (beide SPD) hatten Sorgen um die deutsche Autoindustrie und | |
| ihre Arbeitsplätze. | |
| Zusätzliche Staatsausgaben für eine Steuersenkung, wie sie manche | |
| Unionspolitiker fordern, sind dagegen unwahrscheinlich. „Nicht alles, was | |
| wünschenswert erscheint, ist angesichts begrenzter finanzieller Spielräume | |
| auch bezahlbar“, sagte Unions-Fraktionsvize Ralph Brinkhaus der | |
| Funke-Mediengruppe. Der SPD-Finanzexperte Johannes Kahrs mahnte, es gebe | |
| „zu viele Risiken und zu viele offene Fragen“. | |
| 4 May 2016 | |
| ## AUTOREN | |
| Hannes Koch | |
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