# taz.de -- Kommentar Doppelgesichtigkeit der AfD: Ein bisschen rechtsextrem | |
> Die Rechtspopulisten seien eine „moderne konservative Partei“, heißt es | |
> beim AfD-Parteitag. Das ist doppelter Schwindel. | |
Bild: Von nichts ist die AfD so weit entfernt wie von Wehmut | |
Jörg Meuthen, Chef der AfD, kann man sich auch gut auf einem CDU-Parteitag | |
vorstellen. Er verkörpert die in sich ruhende Bürgerlichkeit, die die AfD | |
gern für sich reklamiert. Die Rechtspopulisten, versichert der leutselige | |
Wirtschaftsprofessor, seien eine „moderne konservative Partei“. Das ist | |
doppelter Schwindel. | |
Mit der Moderne stehen die Rechtsalternativen auf Kriegsfuß. Sie wollen auf | |
der Linie des Front National aus der EU austreten, wenn die nicht zur | |
Freihandelszone schrumpft. Sie träumen von einem Land, in dem Minarette | |
verboten werden. Und von Patriotismus ohne beschwerende Erinnerung an die | |
NS-Zeit. | |
Konservativ ist die Partei trotz Alexander Gaulands Tweedjackett | |
keineswegs. Zum Konservativen gehört jene Melancholie, die sich aus der | |
Erfahrung speist, dass gegen den Fortschritt letztlich kein Kraut gewachsen | |
ist. Von nichts ist die AfD so weit entfernt wie von Wehmut. | |
Die Nachricht, dass ein rechter Mob Justizminister Maas bedrängte, wurde in | |
Stuttgart frenetisch bejubelt. Wer für Toleranz gegenüber dem Islam warb, | |
wurde gnadenlos ausgebuht. Diese Partei treibt das Ressentiment voran, die | |
Verachtung für das Andere und Gewaltfantasien. Der sonore Professor Meuthen | |
möchte die Republik von der linksgrünen 68er Seuche reinigen. Die Wortwahl | |
ist beredt: Gegen Seuchen sind fast alle Mittel erlaubt. So symbolisiert | |
gerade der nette Parteichef die Radikalisierung der AfD. Die Moderaten sind | |
nicht nur unwillig, den rechtsextremen Flügel zu stutzen. Sie klingen | |
mitunter selbst wie Höcke & Co. | |
Die AfD befindet sich derzeit in einer Phase, die typisch für neue Parteien | |
im Aufschwung ist. Der autosuggestive Glaube an den eigenen Erfolg und der | |
Größenwahn, bald die Macht im Land zu erobern, liegen nahe beieinander. Die | |
Mixtur von Selbstüberschätzung und Radikalisierung ist meist der Beginn des | |
Niedergangs. Denn die heisere Kampfrhetorik ermüdet schnell. Höckes Gefasel | |
vom tausendjährigen Deutschland und Petrys Lob der Deutschnationalen, die | |
Hitler den Weg ebneten, dürfte gemäßigte Wähler abschrecken. | |
Grund zur Entwarnung also? Leider nein. Die AfD-Spitze ist clever genug, | |
hate speech nicht in ihrem Programm zu fixieren. Sie inszeniert ein | |
kokettes Doppelspiel: bürgerlich und ein bisschen rechtsextrem. Solange | |
dieser Spagat gelingt, wird die AfD Erfolg haben. | |
1 May 2016 | |
## AUTOREN | |
Stefan Reinecke | |
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