# taz.de -- Verteidigungsministerium in der Kritik: Nutzlose und teure Waffensc… | |
> Der Bundesrechnungshof kritisiert Geldverschwendung bei der | |
> Wehrtechnischen Studiensammlung und bei der Anschaffung von | |
> Lenkflugkörpern. | |
Bild: Korvette „Braunschweig“: mangelhafte Lenkflugkörper kosteten Steuerz… | |
BERLIN taz | Die Wehrtechnische Studiensammlung in Koblenz beherbergt ein | |
imposantes Arsenal an Tötungsinstrumenten. Von Feldkanonen und Mörsern aus | |
den beiden Weltkriegen über den skandalumwitterten Starfighter bis zum | |
heute noch im Einsatz befindlichen Kampfpanzer Leopard 2: Rund 1.400 von | |
insgesamt mehr als als 22.400 Exponaten stellt das Bundesamt für | |
Ausrüstung, Informationstechnik und Nutzung der Bundeswehr in der | |
ehemaligen Langemarck-Kaserne aus. Mindestens 3,7 Millionen Euro jährlich | |
lässt sich das Bundesverteidigungsministerium das Eldorado für | |
Militaria-Fans kosten – verschwendete Steuergelder, findet der | |
Bundesrechnungshof. | |
Die 1962 gegründete Studiensammlung soll offiziell den technischen | |
Fortschritt bei der Entwicklung von Wehrmaterial dokumentieren, der Aus- | |
und Weiterbildung sowie der Nachwuchswerbung der Bundeswehr dienen. Doch | |
der Nutzen ist höchst zweifelhaft. Zur Aus- und Fortbildung wird sie kaum | |
genutzt, und mit gerade mal 12.000 zahlenden Besuchern im Jahr hält sich | |
auch das öffentliche Interesse in Grenzen. | |
„Nach 50 Jahren Wehrtechnischer Studiensammlung hat die Bundeswehr | |
lediglich ein ‚begehbares Depot‘ mit geringem Nutzen und wenig Interesse | |
bei der Bevölkerung vorzuweisen“, heißt es in einem am Mittwoch | |
veröffentlichten Bericht des Bundesrechnungshofs. | |
Bereits 2010 hatte der Rechnungsprüfungsausschuss im Haushaltsausschuss des | |
Bundestages das Verteidigungsministerium aufgefordert, eine Entscheidung | |
über den Fortbestand der teuren Wehrtechniksammlung zu treffen. Das | |
Ergebnis: Im Oktober vergangenen Jahres legte das dem Ministerium | |
unterstellte Bundesamt ein „Konzept für die zukunftsgerichtete Fortführung�… | |
vor – das noch wesentlich mehr Geld verschlingen würde, weil unter anderem | |
das bisher genutzte Gebäude wegen baulicher Mängel aufgegeben und durch | |
einen Neubau ersetzt werden müsste. | |
Kosten von mindestens 77 Millionen Euro würde die Weiterführung in den | |
nächsten sieben Jahren kosten. Für die Auflösung der Sammlung, „für die | |
offensichtlich kein Bedarf“ bestehe, veranschlagt der Bundesrechnungshof | |
hingegen höchstens 16,6 Millionen Euro. Das Verteidigungsministerium müsse | |
„nun entscheiden, ob es für über 60 Mio. Euro Mehrkosten eine neue | |
Studiensammlung aufbauen will, die dauerhaft jährlich 4,8 Mio. Euro kostet | |
und deren Konzept und Nutzen nach wie vor weitgehend unklar sind“. | |
## Millionen für defekte Lenkflugkörper | |
Ebenfalls millionenschwere Geldverschwendung wirft der Bundesrechnungshof | |
dem Verteidigungsministerium in einem weiteren am Dienstag veröffentlichen | |
Bericht vor. Dabei geht es um einen Rüstungsauftrag der Marine. 2005 hatte | |
die Bundeswehr für 60 Millionen Euro von der deutschen Waffenschmiede Diehl | |
Defence und dem schwedischen Rüstungsfirma Saab Bofors Dynamics | |
Lenkflugkörper als Hauptbewaffnung für ihre Korvetten gekauft. 2009 sollten | |
sie einsatzbereit sein. Doch daraus wurde nichts. Nicht nur, dass die | |
Lenkflugkörper erst Jahre später, nämlich von September 2011 bis Dezember | |
2012, geliefert wurden. Sie funktionierten auch nicht korrekt. | |
Nachdem es ohne vorherige Einsatzprüfung die sichere Inbetriebnahme | |
erklärte hatte, zahlte das Bundesamt für Wehrtechnik und Beschaffung bis | |
Ende 2012 trotzdem den vollständigen Kaufpreis. Die Einsatzprüfung folgte | |
bei einem Manöver vor Norwegen im Mai 2013 – und ging schief. Zwei | |
Flugkörper stürzten ins Meer, der eine wegen eines technischen Fehlers, der | |
andere wegen Problemen bei der Treibstoffversorgung. | |
Zwei Jahre dauerte es, bis die nächste Einsatzprüfung stattfinden konnte – | |
diesmal war sie „im Wesentlichen erfolgreich“. Seitdem sind die | |
Rüstungsunternehmen damit beschäftigt, bei allen gelieferten | |
Lenkflugkörpern die bei der ersten Prüfung aufgetretenen Mängel | |
abzustellen. Dies soll bis September 2016 abgeschlossen sein wird. Im Juni | |
2015 gab die Bundeswehr die Flugkörper für die Nutzung von Seezielen frei. | |
Die ebenfalls zum Anforderungsprofil gehörende Landzielfähigkeit fehlt | |
allerdings bislang, da die GPS-Navigationskomponente immer noch fehlerhaft | |
arbeitet. | |
## „Unnötige Risiken übernommen“ | |
Die Wiederholung der Einsatzprüfung habe den Bund „mehrere Millionen Euro“ | |
gekostet, moniert der Bundesrechnungshof. Denn der Kaufvertrag habe der | |
Bundeswehr keine Möglichkeit gegeben, den Hersteller an den Kosten der | |
Tests zu beteiligen. Der Grund: Das Verteidigungsministerium hatte die | |
aberwitzige Auffassung vertreten, die Einsatzprüfung sei „ausschließliches | |
Interesse“ des Auftraggebers und müsse deswegen alleine von der Bundeswehr | |
und nicht den Rüstungsfirmen getragen werden, selbst wenn deren Fehler | |
zusätzliche Prüfungen notwendig machten. | |
„Die Bundeswehr hat mit dem Abschluss des Kaufvertrags unnötige Risiken | |
übernommen“, heißt es in dem Bericht der Rechnungsprüfer. Zukünftig solle | |
das Ministerium von Ursula von der Leyen (CDU) Verträge so gestalten, dass | |
Entwicklungsrisiken „angemessen berücksichtigt“ und Folgekosten | |
verursachungsgerecht verteilt werden, fordert der Bundesrechnungshof. | |
Kostenreduzierung genießt beim Verteidigungsministerium allerdings nicht | |
unbedingt die höchste Priorität. Warum auch? Mitte März verkündete | |
Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU, dass nach den Planungen des | |
Bundeskabinetts der Verteidigungsetat im kommenden Jahr um 1,7 Milliarden | |
Euro auf 36,61 Milliarden Euro steigen soll. Bis 2020 soll er auf auf 39,18 | |
Milliarden Euro anwachsen. | |
21 Apr 2016 | |
## AUTOREN | |
Pascal Beucker | |
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